Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
Pause einlegen. Tiraos Kräfte waren innerhalb einer Stunde fast vollständig versiegt. Er war plötzlich sehr viel tiefer gegangen, hatte erheblich an Geschwindigkeit verloren, bis er sich schließlich nur noch mit Mühe über die endlosen Geröllwüsten zwischen den Stützpfeilern dahingeschleppt hatte.
Der Primas hatte abgeraten, Tirao mit Hilfe von Magie noch einmal aufzumuntern. Er hatte sich bei seinem Wutausbruch gegen das Drakkenschiff über die Maßen verausgabt, das wurde ihnen nun erst klar. Der Primas riet, eine Pause von zwei oder drei Stunden einzulegen und danach den Rest des Weges mit Hilfe einer ganz leichten magischen Stärkung zu bewältigen. Alles andere würde sich womöglich nachteilig auf Tiraos Gesundheit auswirken.
Sie landeten an einem kleinen See, der insofern noch der freundlichste Fleck weit und breit war, als dass hier sogar einige dürre Golaabäumchen, Sträucher mit Beeren und ein paar Grashalme wuchsen. Bevor Tirao in einen erschöpften Schlaf sank, knackte er mit Heißhunger die wenigen Golaanüsse, die er hier fand. Als er schlief, nutzte Leandra die Pause, um ein Feuer zu entfachen und aus Wurzeln, Kräutern und Beeren so etwas wie eine dünne Suppe zu kochen. Als Gefäß nutzten sie die harte Schale einer Golaanuss, die Leandra vor Tirao in Sicherheit gebracht hatte. Irgendwas mussten sie schließlich auch essen, sie hatten allesamt mächtigen Hunger.
Die Suppe war herzlich dünn, schmeckte unbestimmbar und hinterließ bei keinem von ihnen ein Gefühl der Sättigung. Aber immerhin, sie war besser als nichts.
Wenn sie erst wieder in Hammagor waren, würde es etwas Richtiges zu essen geben. Victor dachte sehnsüchtig an den Inhalt der großen Kiste, die er kurz vor dem Abflug noch entdeckt hatte.
Als sie mit dem Essen fertig waren, fiel Victor das Büchlein und das gefaltete Blatt mit den Bildern ein. Leandra würde das sicher sehr interessieren. Er holte es hervor und zeigte es ihr. Auch der Primas wurde neugierig und Victor musste in allen Einzelheiten erzählen, wie er an diese beiden Gegenstände gelangt war.
»Eine Welt ohne Felsenhimmel«, sagte Leandra leise, als sie ehrfürchtig das Blatt mit den Abbildungen betrachtete. Der Primas saß auf der anderen Seite des Feuers und studierte angestrengt den Inhalt des Büchleins. Leandra blickte zum Himmel hinauf. »Ich habe mich mit Meister Fujima darüber unterhalten. Er hält diese Idee durchaus nicht für abwegig. Ich hatte schon immer die Vermutung, dass es dort oben etwas gibt.«
Der Primas warf ihr zweifelnde Blicke zu und widmete sich dann wieder dem Buch. Seine Blicke flogen über die Zeilen und sein Gesicht spiegelte ein Gemisch aus Neugier, Zweifel und Ungläubigkeit.
Leandra beobachtete ihn scharf. »Könnt Ihr das etwa lesen, Hochmeister?«, fragte sie erstaunt.
»Ich wundere mich selbst«, sagte er mürrisch. »Schon wieder dieses alte Anglaan. Es ähnelt der Sprache, in der Tirao sich mit euch unterhalten hat. Dies hier ist nicht ganz dasselbe, aber es gibt verwandte Elemente. Erstaunlich. Und das hast du in Sardins Turm gefunden, Victor?«
»Ja. Da gibt es noch mehr von diesem Zeug. In einer Truhe, wie ich schon erzählt habe. Sie steht bezeichnenderweise im Mittelpunkt dieses rätselhaften Labyrinths unten im Turm. Ich dachte zuerst, ich würde dort den Pakt finden, aber da ist er nicht, glaube ich.«
»Glaubst du?«
Victor schüttelte den Kopf. »Nein. Da bin ich mir ziemlich sicher. Ich habe zwar nicht die ganze Truhe durchsucht, aber irgendwie hätte das nicht gepasst. Nein, dieser Ort hat eine andere Bedeutung. Sardin hätte mich nicht so einfach dorthin gelassen, wenn der Pakt da versteckt gewesen wäre. Er wollte, dass du zu ihm kommst, Leandra.«
Der Primas nickte ernst.
»Und was steht nun da drin?«, fragte Leandra. Sie deutete auf das Büchlein, das der Primas noch immer unschlüssig in seinen Händen wendete.
Er zuckte mit den Schultern. »Ich habe ein paar Stellen überflogen und nur wenig davon verstanden. Man müsste diesen Text von einem wirklichen Fachmann übersetzen lassen.«
»Und was steht drin?«
Der Primas kratzte sich am Kinn. »Nun, soweit ich das begriffen habe, handelt es sich um... eine Geschichte, eine Erzählung. Eine Aufzeichnung, womöglich. Jemand beschreibt, wie eine Gruppe von Leuten -von Menschen offenbar - sich in eine Art... nun, verfallene unterirdische Stadt zurückzieht.« Er klappte das Büchlein wieder auf und blätterte darin herum. »Ich habe etwas über
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