Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
Sie führten zu einem Ziel und dieses Ziel musste unter allen Umständen irgendwie erreichbar bleiben. Sonst war die Logik eines Labyrinths durchbrochen und man hätte sich nicht die Mühe des Baus einer so komplizierten Sache machen müssen. War man in der Lage, die Logik eines Labyrinths zu lesen, dann hatte man gute Chancen, es zu knacken. Nur ahnten die meisten Leute nichts von dieser Logik und waren befangen und überwältigt von der schlichten Bedrohung, die von einem Labyrinth ausging. Die Täuschung des Eindringlings war der entscheidende Punkt. Er fragte sich nur, wie weit die Erbauer dieses Labyrinths gegangen waren. Waren sie einen Schritt über die normale Täuschung hinausgegangen und hatten einzelne Schlüsselelemente, die zum Verstehen des Labyrinths führten, letztlich wieder ins Gegenteil verkehrt? Hatten sie darauf spekuliert, dass jemand in diesem Gang annehmen würde, man müsste ihn, entgegen dem offensichtlichen Zweck, schnell durchqueren und dann springen - und ihn dann genau deswegen wieder ins Gegenteil verkehrt? Nämlich andersherum, sodass man den Torbogen doch wieder langsam durchschreiten musste? Quendras entschied sich dagegen. Die Erbauer hatten nicht davon ausgehen können, dass dieses Labyrinth von einem Fachmann für solche Bauwerke durchschritten wurde. Das, was er zuvor mit Victor besprochen hatte, musste einfach zutreffen.
Roya klammerte sich noch immer an ihn und nun hatte er nur noch vier oder fünf Schritte bis zum Torbogen. Sie würde nicht freiwillig gehen, das spürte er, also entschied er sich zum Äußersten. Mit seiner überlegenen Muskelkraft löste er ihre Umklammerung und drehte das Mädchen vor sich herum, bis sie mit dem Rücken zu ihm stand. Er packte sie von hinten am Kragen und am Hintern. Sie schrie auf, als sie merkte, was er vorhatte.
»Quendras! Was tust du?«, kreischte sie.
Er ließ ihr keine Zeit mehr. Mit seinem Körpergewicht hinter dem ihren, begann er vorwärts zu tappen und hatte kurz vor dem Durchgang etwa normales Schritttempo erreicht. »Spring!«, brüllte er und stieß sie, einen Schritt vom Durchgang entfernt, mit aller Kraft nach vorn. Vor Schreck stieß sie sich tatsächlich mit den Füßen noch etwas ab, und er hievte ihren Hintern so gut er konnte in die Höhe, sodass sie mit einem anständigen Satz in den Torbogen hineinsegelte. Hoffentlich weit genug hindurch, ohne dahinter den Boden zu berühren.
Von dem Schub, den er ihr verlieh, wurde er selbst etwas abgebremst und er schaffte es, sich seitlich rechts und links mit den Armen in den Durchgang zu stemmen. Er war ein großer Mann und besaß genügend Spannweite, sodass es ihm gelang.
Für Momente stand er mit pochendem Herzen da und war hin- und hergerissen zwischen dem tödlichen Druck der Situation und dem faszinierenden Gefühl ihres weichen Körpers, den er eben berührt hatte.
Vorsichtig stemmte er sich rückwärts vom Torbogen weg, um noch ein paar Schritte Anlauf nehmen zu können. Als er so weit hinten war, dass seine ausgebreiteten Arme keinen Halt mehr in dem sich erweiternden Gang fanden, ließ er los und bewegte sich nach vorn. Er wäre fast gestürzt/dann aber schlidderte er mit rudernden Armen und größer werdender Geschwindigkeit auf den Torbogen zu und sprang.
Am Nachmittag hatte Rasnor endlich Glück.
Sein Drache war wieder einigermaßen zu Kräften gekommen, und nachdem sie hartnäckig immer wieder die gleiche Gegend abgeflogen waren, entdeckte Rasnor am späten Nachmittag endlich das, was er den ganzen Tag lang gesucht hatte: eine große, graue Form im Himmel, ein schwebendes Objekt, das vor den Stützpfeilern vorüberzog.
Ein Drakkenschiff
Obwohl Rasnor im gleichen Augenblick eine dunkle, unbestimmte Furcht verspürte, war die Erleichterung groß. Er war jetzt wirklich bereit, sein Leben zu riskieren, um all die schmachvollen Niederlagen wegzuwaschen, die er in der letzten Zeit hatte einstecken müssen - angefangen von der miesen Behandlung durch Quendras und die anderen Magier auf seinem Flug hierher über seine Niederlage bei dem Kampf gegen Victor und Roya und die Demütigung durch Leandra bis zu dem Spott dieses neuen Oberhauptes der Bruderschaft. Nein - für das alles würde er bittere Rache üben.
Inzwischen hatte sich der Drache dem Schiff ein Stück genähert. Es war groß, flach und lang gestreckt, mit zahllosen Vorsprüngen und Auswüchsen auf der Oberseite. Als Rasnor plötzlich spürte, dass das Tier unter ihm zu zittern begann und sein Drang,
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