Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
Macht er besaß. Das Stimmenverhältnis würde in den kommenden Zeiten bei diesen fünf zu sechs bleiben, denn es stand nicht zu erwarten, dass eine Partei die Mittel besaß, Angehörige der jeweils anderen Partei auf ihre Seite zu ziehen. Ohne einen Shabib oder eine Shaba war keine Seite zu durchgreifenden Maßnahmen oder Entscheidungen in der Lage.
Ötzli schnaufte.
Seine Gedanken kreisten um diese Situation wie ein Kreuzdrache über der Beute, auf die er gleich herabstoßen würde," und ihm wurde mit jedem Augenblick klarer, dass sich ihm eine gewaltige Chance auftat, wenn der jetzt klug handelte.
Fünf Bruderschaftler, sechs Freie, keine Shaba - und er als der Mann, der den Ausschlag geben konnte! Für Minuten stand er bewegungslos da und ein verwegener Gedanke formte sich in seinem Kopf.
Wenn die Situation anhielt, besaß er eine ebenso hohe Macht wie ein Shabib - der jederzeit eine Situation drehen konnte. Der alte Geramon hatte damals von seinen zwölf Stimmen so gut wie nie Gebrauch gemacht, hatte immer nur mit einfacher Stimme votiert und sich in den mehrheitlichen Ratschluss eingefügt. Allein die Tatsache, dass jeder wusste, dass Geramon seine zwölf Stimmen hätte ausspielen können, machte ihn zum geheimen Machthaber der Runde. Meist war die Mehrheit der Ratsmitglieder seiner Meinung gewesen und so hatte er den Hierokratischen Rat mit sanfter Gewalt beherrscht.
Ötzlis Position war nun ganz ähnlich. Allerdings wusste niemand, dass er der Ausschlaggebende war. Er überlegte angestrengt, ob ihm diese erstaunliche Konstellation dabei helfen könnte, wenn er sich entschloss, etwas gegen die drohenden Gefahren zu unternehmen. Die Drakken bereiteten ihm Kopfzerbrechen. Angeblich wollten sie der Höhlenwelt die Geheimnisse der Magie entreißen, und nach allem, was er gehört hatte, besaßen sie gewaltige Macht. Er wusste viel zu wenig über sie.
Altmeister Ötzli schnaufte.
Jetzt, da er sich in einer so bevorzugten Stellung befand, trug er auch Verantwortung. Und da war es gewiss gut, etwas über diese seltsamen Wesen herauszufinden. Er massierte sich das Kinn. Ja, er sollte Genaueres in Erfahrung bringen. Und niemand, so überlegte er, dürfte zum gegenwärtigen Zeitpunkt mehr über die Drakken wissen als die Leute von der Bruderschaft. Die waren mit ihnen schon in Berührung gekommen, und wenn er in dieser Sache etwas unternehmen wollte, dann sollte er zu ihnen gehen und sie fragen.
Plötzlich ballte er entschlossen seine Fäuste. Ja - jetzt wusste er, was er zu tun hatte!
5 ♦ Fallen
Manchmal fragte sich Victor, ob Roya vorhatte, ihn zu verführen, oder ob er sie nur missverstand - ob es einfach ihre natürliche Ausstrahlung und ihre Anmut waren, mit der sie sich bewegte, sprach oder Gesten vollführte - sich mit der rechten Hand durchs Haar fuhr oder sich selbst nachdenklich gegen die Nasenspitze tippte, was eine ihrer Lieblingsgesten war. Er mochte sie sehr und oft genug war sie einfach hinreißend.
Aber gedanklich von Roya zu Leandra zu gelangen war kein weiter Weg. Die beiden kannten sich, hatten zusammen ein gefährliches Abenteuer durchstanden. Lange Zeit hatte er Leandra für tot gehalten. Aber seit er erfahren hatte, dass sie lebte - und zwar von Chast persönlich! -, verzehrte er sich förmlich danach, sie wieder zu sehen. Ulfas Nachricht, dass man sie wegen Mordes an einem Ratsmitglied festgenommen hatte, lag ihm wie ein schwerer Stein im Magen - er wäre am liebsten auf der Stelle mit Faiona zurück nach Savalgor geflogen.
Aber er hatte nicht gewagt, Ulfa zu fragen. Er konnte weder Roya allein nach dem Pakt suchen lassen noch sie mitnehmen und diese Aufgabe auf später verschieben. Nein, sie mussten das vermaledeite Ding finden, und zwar schnell! Alles andere musste er Ulfa überlassen.
»Was ist mit dir?«, fragte Roya. »Du stöhnst und ächzst schon den ganzen Tag!«
Er betrachtete sie, wie sie mit verschränkten Armen vor ihm stand, so bildschön, taufrisch und munter, und verspürte plötzlich Lust, sie zu umarmen und fest an sich zu drücken. Aus einem ihm nicht ganz begreiflichen Grund erinnerte sie ihn immer wieder an Leandra.
»Nichts, lass nur«, sagte er, winkte ab und sah sich um. »Hier draußen ist nichts. Ich glaube, es bleibt uns nicht erspart, das Hauptgebäude weiter zu erforschen.«
Sie hatten eine Runde durch die Festung gemacht und alle weiteren Gebäude durchsucht. Es gab eine Anzahl von Wachtürmen, in die man hineingehen und deren Treppen man
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