Höhlenwelt-Saga 03 - Der dunkle Pakt
unangenehme Überraschungen!«
Im nächsten Augenblick tat es ihm schon wieder Leid, sie zurechtgewiesen zu haben. Royas Frohsinn war eigentlich eine Wohltat, nicht nur hier, in Hammagor. Er klopfte ihr freundlich auf die Schulter, drehte sie herum und schob sie voran - direkt in den Eingang des dunklen Tunnels. Dabei fiel ihm wieder einmal auf, wie wehrlos sie im Grunde waren. Außer einem kleinen Messer besaß er keinerlei Waffe - und Roya ebenfalls nicht. Das bisschen Magie, über das sie verfügte, und vielleicht noch das glühende Eisen waren das Einzige, womit sie sich zur Wehr setzen konnten. Er nahm sich vor, sich bei der nächsten Gelegenheit wenigstens wieder ein Schwert zu besorgen. Damals, in Unifar, war er nicht einmal ungeschickt damit umgegangen.
Der schmale Tunnel, der sich an die Spalte anschloss, führte zunächst ein wenig abwärts. Roya hielt das glühende Eisenstück weit von sich und versorgte es offenbar stetig mit stygischen Energien. Es strahlte hell und gleichmäßig und war beileibe kein schlechter Ersatz für eine Fackel. Victor bemühte sich, über Royas Schulter hinwegzusehen; es störte ihn mehr und mehr, dass er sie wie ein Schild vor sich herschob. Der Gang wurde immer länger - und wenn tatsächlich eine Gefahr auftauchte, würde es Roya unweigerlich zuerst erwischen.
»Bleib mal stehen und lass mich vorbei«, sagte er und hielt sie an der Schulter. Er zog sein kleines Messer vom Gürtel, so lächerlich es als Waffe auch wirken mochte. Völlig verteidigungslos hier durch diesen engen Tunnel zu marschieren kam ihm einfach zu waghalsig vor. Er nahm Roya, als er sich an ihr vorbeidrängte, das Eisen aus der Hand. Dann war er vor ihr und sah über die Schulter. »Du schaffst es doch bestimmt, das Ding am Glühen zu halten, oder?«
»Welches der beiden?«, fragte sie unschuldig.
Er lachte auf und gab ihr einen Klaps. »Du wirst mir langsam zu frech!«, erwiderte er.
»Nun geh schon!«, forderte sie ihn auf und schubste ihn leicht nach vorn. »Was soll der Dämon noch von uns denken?«
Victor spürte die Unruhe in ihrer Stimme. »Ja, ja«, sagte er und ging voran. Sie hielt sich an seinem Gürtel fest und irgendwie gab ihm das Mut. Er spürte nur zu deutlich, dass sie am Ende dieses Tunnels irgendetwas Ungutes erwartete.
Der Tunnel indes wollte nicht so bald enden. Ein schwacher Luftzug wehte ihnen mitunter von vorn entgegen - was ein halbwegs beruhigender Hinweis darauf war, dass der Tunnel trotz allem irgendwo ein Ende haben musste.
»Ich glaube,' er führt aus der Festung heraus«, sagte Roya leise von hinten. »Ein Fluchttunnel. Früher gab es so etwas in jeder Festung.«
Er nickte nur, hielt das glühende Eisenstück weit von sich und tappte weiter. Der Boden war einigermaßen eben, aber er musste dennoch darauf achten, nicht zu stolpern. Es gab hier kein bisschen Feuchtigkeit; er fragte sich, ob er sich nicht gründlich getäuscht hatte, das Hochland für eine regnerische Gegend gehalten zu haben. Sie marschierten weiter, Minute um Minute, aber der Gang wollte nicht enden. Er blieb auch weiterhin so eng wie bisher.
Victor verlangsamte seinen Schritt. Schließlich blieb er zögernd stehen. »Wir müssen längst außerhalb der Festung sein«, flüsterte er. »Wo soll dieser Tunnel nur hinführen?«
»Ich wette... zum Pakt«, antwortete sie.
»Zum Pakt? Spürst du etwas?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Aber ich habe so ein Gefühl. Diesem Hammagor würde etwas fehlen, wenn es hier nicht noch irgendwas ganz Großes, Gemeines gäbe. Findest du nicht?«
Sie schien es ernst zu meinen. Nüchtern wie ein erfahrener Kämpfer, dachte er; wie Jacko es vielleicht ausgedrückt hätte, dieser mit allen Wassern gewaschene Riesenkerl. Wo er wohl steckte? Victor hatte seit Unifar nichts mehr von ihm gehört.
»Los, weiter«, sagte Roya entschlossen und stieß Victor von hinten leicht an.
Er setzte sich wieder in Bewegung. Der Weg durch die Dunkelheit zog sich scheinbar endlos dahin. Nichts veränderte sich. Ihr Mut sank. Sie blieben in immer kürzeren Abständen stehen und beratschlagten, ob sie nicht besser umkehren sollten. Die ganze Sache wurde unheimlich. Ihnen taten langsam die Füße weh. Doch es war Roya, die Victor immer wieder antrieb - ohne sie hätte er diese beängstigende Tour längst aufgegeben. Aber da war noch etwas - und das wurde ihm jetzt erst klar. Würden sie umkehren, dann mussten sie dem Unbekannten, das sie nicht erkundet hatten, den Rücken zuwenden, für
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