Höhlenwelt-Saga - 08 - Die Magie der Höhlenwelt
zweiter
Schatten fiel über Ullrik, Alina und Laura, dann ein dritter, die
letzten beiden aber viel kleiner als der erste. Ein schmetternder
Drachenschrei fuhr durch die Luft, gleich darauf folgten zwei weitere, dann stoben die typischen weißen Feuerlanzen von Drachenmagien auf Malangoor herab. Augenblicklich kam die Antwort
von unten: Drakkenwaffen wummerten los und sandten ihre wabernden, orangeroten Feuerbälle in den Himmel. Doch die Drachen hatten das Dorf bereits überflogen und setzten soeben zu
Schleifen an, um zurückzukehren. Die Schüsse der Drakken verfehlten sie und verschwanden irgendwo im dunkler werdenden
Himmel des späten Nachmittags über Malangoor.
»Es sind Tirao und Nerolaan!«, rief Laura aufgeregt und deutete
hinauf. »Sie sind zurück – und sie haben einen Abon’Shan dabei!«
Ullrik hatte es bereits selbst erkannt – die Erleichterung über
die unverhoffte Unterstützung war gewaltig. Aber gleichzeitig
drohte eine neue Gefahr.
»Ullrik!«, rief Alina. »Du musst sie aufhalten!
Sie wissen nicht, dass die anderen noch unten im Dorf sein
müssen – sie könnten sie verletzen oder töten, wenn sie weiterhin angreifen!«
Ullrik nickte entschlossen. »Ja! Und Chast! Der wäre in der Lage, die Drachen aufzuhalten!«
Er schloss kurz die Augen und tastete mit aller Konzentration
nach dem Trivocum. Tirao! Nerolaan! Hört ihr mich?
Die beiden Drachen kannten seit ihrem gemeinsamen Abenteuer
auf Jonissar Ullriks Stimme im Trivocum bestens – die Antwort
erfolgte beinahe sofort. Ullrik! Bist du dort unten im Dorf?
Ja, Nerolaan. Ihr dürft nicht mehr angreifen – zwischen den
Häusern sind noch Freunde von uns! Azrani, Marina und Marko
müssen sich irgendwo versteckt hatten, und auch Hellami, Cathryn und Bruder Zerbus…
Nein, Ullrik! Sie sind alle in Sicherheit Und euch haben wir von
oben gesehen! Wir…
Weiter kam Nerolaan nicht. Was stattdessen geschah, jagte Ullrik einen derartigen Schock durch den Leib, dass sich ihm der
Magen umdrehte und er sich beinahe übergeben hätte.
Ein weiterer Schatten raste plötzlich über Malangoor hinweg,
gewaltig groß, noch größer als der erste der drei, und Ullrik kannte diese Sorte Schatten. Ein hilfloses, würgendes Gefühl der
Angst packte ihn, er versuchte Nerolaan eine schnelle Warnung
zuzurufen, doch es war bereits zu spät. Ein ohrenbetäubendes
Krachen ertönte, und ein wahrer Schauer von Blut regnete über
das Dorf herab.
In dem plötzlichen Chaos am Himmel erkannte Ullrik nur, dass
ein Drache getötet worden war – mörderisch zerrissen im monströsen Gebiss eines Malachista. Die Bestie war förmlich aus dem
Nichts aufgetaucht, und an den urplötzlich abgebrochenen Worten
ihres Drachenfreundes Nerolaan zeichnete sich das Undenkbare
ab. Ullrik stieß ein entsetztes Aufheulen aus, einen unartikulierten
Laut, der sich unwillkürlich seiner Kehle entrang. Auch Laura und
Alina schrien verzweifelt auf, sie hatten das Entsetzen schon im
ersten Augenblick begriffen. Noch während der gigantische Körper des Mörderdrachen über sie hinwegjagte und der Salmdrache
wie auch Tirao seitlich davonstoben, war ihnen allen mit lähmender Deutlichkeit klar, dass sie einen ihrer besten Freunde nie wieder sehen würden.
Alina schlug die Hände vors Gesicht und sank in sich zusammen; Laura klammerte sich mit Tränen im Gesicht an Ullrik, der
wie erstarrt dastand und in den Himmel starrte. Er konnte nicht
fassen, was er eben gesehen hatte. Ein so mächtiges Wesen wie
Nerolaan – für immer von ihnen genommen, durch eine Mörderbestie, von Chast, diesem Monstrum, herbeigerufen? Alles in ihm
begann zu toben, wollte diese Ungerechtigkeit nicht hinnehmen,
wollte diesen Wahnsinn rückgängig machen. Der Salmdrache und
Tirao brachten sich in Sicherheit, ihre Schreie hallten durch die
sonst so stille und majestätische Bergwelt, die heute brutal von
Chasts Mordbande heimgesucht worden war.
Dann brach etwas in Ullrik aus. Es war einer der Augenblicke, in
denen sich in ihm so viel Energie sammelte und förmlich aus ihm
heraus barst, dass er es später selbst kaum glauben konnte. Er
schloss die Augen, ballte die Fäuste, und sein ohnmächtiger Zorn
brach sich in einer plötzlichen magischen Entladung Bahn, die ihn
selbst wie auch seine beiden Begleiterinnen zu Boden warf. Es
war wie eine blauweiße Wolke knisternder Energie, die in den
Himmel fuhr und kurz darauf den gesamten riesigen Leib des Malachista einhüllte. Zahllose kleine Blitze entluden sich in
Weitere Kostenlose Bücher