Höhlenwelt-Saga - 08 - Die Magie der Höhlenwelt
die Geschwindigkeit, um sich besser
auf Leandra konzentrieren zu können. Er warf ihr einen prüfenden
Seitenblick zu. »Bist du sicher, dass du so etwas spüren kannst,
Leandra? Es kommt nämlich noch etwas hinzu. Nach diesen ersten tausend Jahren stellt sich nämlich heraus, ob sie männlich
werden oder Neutren bleiben. Wenn du hingegen behauptest,
dieser Haifant wäre weiblich, würde das bedeuten, dass aus ihm
eine Königin hätte werden müssen!«
Ein Schauer durchfuhr Leandra. Verwirrt sah sie sich um.
»Eine Königin…?«
»Aber ja! Weißt du das nicht? Weibliche Tiere sind unter den
Leviathanen äußerst selten. Eines unter zehntausend.
Es sind die Königinnen.«
Leandra nickte verwirrt. »Doch, natürlich. Das ist mir bekannt.
Aber ich…«
Sie starrte Ain:Ain’Qua an, atmete langsam und tief ein und
aus, horchte in sich hinein. Dann schloss sie die Augen, tastete
sich ans Trivocum heran und öffnete ihr Inneres Auge, Die Welt
um sie herum wurde wie durch einen rötlichen Schleier sichtbar;
ihr Blick reichte nur ein paar Schritt weit, aber sie vermochte
deutlich zu spüren, dass sie von etwas Lebendigem umgeben
war. Der Eindruck war schwach – es war nur der Rest des einstmals hier vorhandenen Lebens… ja, sie glaubte sogar das Echo
des Todesschmerzes noch vernehmen zu können, des Augenblicks, in dem dieses Wesen gestorben war. Es war die Aura des
Baby-Leviathans, dessen war sie gewiss.
Eine Ahnung von bunten Farben drängte sich durch das ewige
Rot des Trivocums; ein Phänomen, das Leandra noch viel stärker
erlebt hatte, als sie dort draußen im All, in den Ringen des Halon,
der riesigen Leviathan-Königin begegnet war. Sie konzentrierte
sich weiter und ließ die Sinne schweifen. Sogar sich selbst konnte
sie in der Umgebung wahrnehmen, und auch Ain:Ain’Qua. Doch
er war anders.
Anders als sie selbst und die Faiona.
Es konnte nicht allein daher rühren, dass er ein Ajhan war. In
diesem Fall hätte auch das Schiff eine andere, eine dritte Art der
Ausstrahlung besitzen müssen, denn das Schiff war weder
Mensch noch Ajhan. Nein, es lag daran, dass Ain:Ain’Qua männlich war und sie selbst wie auch die Faiona weiblich. Leandra war
sich jetzt ganz sicher. In diesem Fall musste Ain:Ain’Qua Recht
haben. Die Faiona hätte eine Königin werden sollen. Nur ein einziger unter durchschnittlich zehntausend Leviathanen… das war
überwältigend!
Sie schlug die Augen auf. »Ob das etwas zu bedeuten hat?«,
fragte sie flüsternd, von Ehrfurcht ergriffen.
Ain:Ain'Qua sah sie lange und ernst an. »Falls ja, schlägt das
wohl eher in mein Fach, nicht wahr? Der Glaube an Gott und die
Vorsehung.«
Leandra war betroffen.
Eine zweite, ungelöste Frage, die zwischen ihnen schwebte.
Für sie hatte Gott keinen Stellenwert – in der Kultur der Höhlenwelt existierte er nicht. Man verneigte sich in Ehrfurcht vor
dem Prinzip der Kräfte, dem ewigen Widerstreit zwischen den
Kräften der Ordnung und des Chaos, welches zugleich auch die
Grundlage der Magie darstellte. Und die Magie funktionierte. Das
war ein einfacher und einleuchtender Beweis für die Richtigkeit
der Theorie über das Prinzip der Kräfte. Mit Ain:Ain’Qua jedoch
hatte sie ausgerechnet den höchsten aller Würdenträger einer
völlig anderen Weltsicht kennen gelernt, und nun deutete er auch
noch etwas an, das wahrhaftig nur durch seine Art des Glaubens
erklärbar schien. Vorsehung.
Ein Akt göttlicher Vorsehung… es sei denn, das Zusammentreffen zwischen ihr und der Faiona war tatsächlich blanker Zufall.
Aber konnte das sein? Es war ein fast schon unmöglicher Glücksfall gewesen, überhaupt an einen Haifanten zu gelangen. Sie
waren unbezahlbar teuer und überhaupt nur privilegierten Kreisen
zugänglich. Dennoch hatte Leandra einen ergattern können, mit
Mai:Tau’Juis Hilfe, der jungen Ajhana, die eine Forschungsstation
auf dem Halon-Mond Gladius leitete. Und nun war dieser Haifant
auch noch zufällig eine Leviathan-Königin – nach all den überaus
bedeutungsvollen Erlebnissen, die Leandra mit den Leviathanen
gehabt hatte!
Sie schloss die Augen. Das Zusammentreffen all dieser Zufälle
auf eine einzige Person, nämlich sie selbst, kam ihr fast zu gewaltig vor. Ain:Ain’Qua schien zu sehen, in welche Verwirrung er sie
gestürzt hatte. Er war selbst verwirrt. »Es… ist nicht wegen der
Möglichkeit eines Fingerzeigs Gottes«, versuchte er Leandra seine
Unsicherheit zu erklären. »Nein, derlei habe ich in meinem
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