Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
fein geschnitzten Stuhl fallen.
»Dieser Bert!«, sagte sie kopfschüttelnd. »Ich weiß nicht, was in ihn gefahren ist. Seit wir in Waidenbruch sind, kommt er jeden Tag mit einem hübschen Mädchen daher und will ihr die Waffen zeigen! Unfassbar!«
»Aber ich wollte wirklich die Waffen sehen ...«, sagte sie vorsichtig.
Sie grinste. »Das glaub ich dir, Kindchen. Es sind ja auch besondere Waffen. Aber nichts für Mädchen wie dich, weißt du? Vielleicht kriegt er seinen zweiten Frühling, der alte Schwerenöter. Na ja, ich kann's ja verstehen ...«
»Bist du seine Frau?«
Sie lachte auf. »Nein, die Kräfte mögen mich bewahren! Seine Frau hat er daheim gelassen. Ich bin seine Schwester. Wohlgemerkt«, sie hob den Finger, »seine große Schwester! Ich gebe acht, dass er keinen Unfug treibt. Seine Frau ist eine sehr liebe Person, weißt du?«
Leandra fühlte sich wieder etwas wohler. »Und ihr zieht von Stadt zu Stadt und bietet die Waffen an?«
Sie nickte und trank einen Schluck Tee. »Früher war er ein großer Fechtmeister, aber dann hat ihn das Zipperlein eingeholt. Seit ein paar Jahren betreiben wir Handel mit Tharuler Waffen.«
Für eine Minute saßen sie schweigend da und tranken aus ihren Bechern.
»Also neugierig bin ich schon«, sagte Leandra mutig. »Kann ich nicht doch mal einen Blick darauf werfen?«
Hilda sah sie verblüfft an. »Wirklich? Was interessiert dich denn an solchen Waffen, Kindchen?«
Leandra überlegte, ob sie einen plausiblen Grund nennen konnte. Dann fiel ihr etwas ein, das halbwegs die Wahrheit war. »Ich weiß nicht, ob du mir das glaubst...«
Neugierig sah Hilda sie an. »Na, dann versuch's doch mal!«
Leandra sog die Luft ein und begann dann ihre Geschichte. Sie erzählte von dem Vater, der sein eigenes Kind an ein Hurenhaus verkauft hatte und dazu noch ein weiteres Mädchen. Sie sagte, sie und ihre Freundin Hellami, die Schwester der Entführten, stammten aus einem kleinen Dorf, und dieser Vater wäre ein mächtiger Mann in der Gemeinde, und niemand traute sich, etwas gegen ihn zu unternehmen. Sie sagte, es wäre ihr schließlich gelungen, ein paar Freunde und Freundinnen um sich zu scharen, und sie hätten beschlossen, in das Hurenhaus einzudringen und ihre Freundinnen zu befreien. Aber da gäbe es ein paar gefährliche Kerle - es wäre schließlich in der Savalgorer Hafengegend -, und sie suche nach ein paar guten Waffen, denn einige ihrer Freunde hätten Erfahrung im Kampf. Zuletzt erzählte sie noch, der böse Mann habe ihr einmal zugeraunt, wenn sie nicht Ruhe gäbe, wäre sie als Nächste dran.
Als sie fertig war, hielt sie ihre Geschichte für den blödesten, unglaubwürdigsten Quatsch, den je ein junges Mädchen einer älteren Frau erzählt hätte, aber Hilda schien ihr zu glauben. Leandra konnte es beinahe nicht fassen, doch es schien, als hätte sie mit ihrer eigenen Geschichte im Hinterkopf dieses Märchen so inbrünstig und leidenschaftlich vorgetragen, dass ihr Hilda alles abgenommen hatte. Die pummelige Frau saß mit offenem Mund da, und das erste, was sie tat, war Leandra tröstend über den Am zu fahren.
»Ist das denn wahr!«, sagte sie entrüstet. »Gibt es wirklich solche Väter?«
Leandra wusste, dass es solche Väter tatsächlich gab, und nickte betrübt.
»Und ihr wollt in das Hurenhaus eindringen?«
Leandra nickte.
Hilda stand auf und blickte sie ernst an. »Also gut, du sollst die Waffen sehen. Obwohl, Kindchen, ich fürchte, du wirst dir keine davon leisten können ...«
Leandra hob unschuldig die Schultern. »Ich hab ein bisschen Geld!«
Hilda schenkte ihr einen zweifelnden Blick. Sie winkte ihr und ging in den rückwärtigen Teil des Wagens. Dort befand sich eine riesige doppelflüglige Schranktür, die über die ganze Breite des Wagens ging. Hilda kramte einen Schlüssel aus ihrer Rocktasche und öffnete das Schloss. Dann zog sie eine Öllampe heran und drehte das Rad ganz auf, sodass die Lampe einen hellen Schein verbreitete. Schließlich öffnete sie beide Türen.
Was sich dahinter befand, war wirklich sehenswert.
Der rötlich-metallische Schimmer strahlte ihr von jeder einzelnen Waffe entgegen. Die meisten davon waren ungewöhnlich leicht und filigran gearbeitet. Es waren rund ein Dutzend: Degen, Säbel, Rapiere und Schwerter.
Ein großer Zweihänder war auch darunter.
»Unglaublich!«, sagte Leandra ehrfurchtsvoll und trat näher.
»Gib acht, Kindchen, und schneide dich nicht. Die sind alle höllisch scharf!«
»Was kostet so
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