Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
und verschaffte Munuel eine Atempause.
»Wo bist du?«, schrie Chast ihm hinterher.
Aber Munuel hatte die Zeit genutzt. Er war um das Regal herumgerannt und hatte das Mädchen an der Hand mit sich fortgezogen. Er eilte mit ihr zur Tür, riss sie auf und stürmte in den Gang hinaus.
Er kam ungefähr zehn Schritte weit.
Vor ihm bäumte sich der lange Teppich wie eine Welle aus Stein auf; er purzelte darüber, verlor die Hand des Mädchens und überschlug sich mehrfach, bis er endlich liegen blieb. Als er sich hoch rappelte und umwandte, stand der finstere Mönch am anderen Ende des Ganges vor der Bibliothekstüre und hielt die Faust in die Höhe. Die steinerne Welle des Teppichs raste auf Munuel zu, und er konnte sich nur retten, indem er mithilfe einer instinktiven Levitation zwei Schritt in die Höhe sprang und kurz darauf wieder zu Boden stürzte. Abermals erhob er sich schwankend, stand dann gebückt im Gang und blickte zu Chast, der ein triumphierendes Lächeln zeigte. Die Feuerkugel hatte er offenbar ohne weitere Anstrengungen in den Gang mitgenommen, und das verriet Munuel, dass er ohne den Yhalmudt keine Chance gegen den Mönch hatte.
Das Mädchen lag mit tränenüberströmtem Gesicht am Boden und wimmerte.
Chast machte ein paar schnelle Schritte auf sie zu und riss sie in die Höhe wie ein Stück Papier. Sie schrie auf und hieb mit der Faust nach ihm. Er lachte höhnisch und stieß sie wieder von sich. Schräg hinter ihm taumelte sie gegen die Wand und blieb benommen stehen.
»Sieh an!«, rief er. »Du willst die Kleine haben, was? Ach ja, du hast sie nackt in meinem Zimmer gesehen, nicht wahr?«
Munuel beglückwünschte sich, dass Chast offenbar seinen Triumph noch ein wenig auskosten wollte, bevor er erneut angriff. Er hatte offenbar noch nicht den Yhalmudt bemerkt, den Munuel in der Faust hielt, und war sich sicher, seinen Gegner noch erniedrigen zu können, bevor er ihn auslöschte. Das verschaffte Munuel die Zeit, die er brauchte. Während Chast weitersprach, konzentrierte er sich darauf, den Yhalmudt mit einem rasend schnell gesetzten Aurikel der achten Stufe aufzuladen. Seine Hand wurde innerhalb von Sekunden brennend heiß.
»Ich muss zugeben, sie ist wirklich gut gebaut, alter Mann!«, höhnte Chast. »Aber für dich ist es in zweierlei Hinsicht zu spät. Erstens bist du viel zu alt, haha. Selbst wenn deine Manneskraft doppelt so hoch wäre wie deine magische Kraft, würde sie dich nur auslachen! Und zweitens: Du wirst jetzt sterben!«
Eine Sekunde bevor Chast seinen Satz zu Ende gesprochen hatte, streckte Munuel die Faust mit dem Yhalmudt aus und entfesselte einen gleißenden scharfen Strahl, der aus fast reinweißer Energie bestand. Fauchend fuhr die Energie auf Chast zu, traf ihn mitten in die Brust und hob ihn von den Füßen.
Munuel hätte zuvor wetten mögen, dass einer solchen Gewalt kein lebendes Wesen widerstehen konnte. Aber Chast hielt mitten in der Luft inne und sank langsam wieder zu Boden. Sein Gesicht war eine verzerrte Fratze.
Obwohl Munuel den Yhalmudt mit einer ziemlich starken Kraft geladen hatte, gelang es Chast, sich zu fangen.
Munuel nahm wahr, dass jenseits seiner Öffnung im Trivocum ein gewaltiger Riss klaffte, aus dem Chast seine Macht bezog. Er keuchte entsetzt.
Trotzdem ließ er nicht ab, den Strahl stygischer Energie auf Chast zu halten. Der Mönch setzte all seine Kraft ein, um den Energiestrahl abzuleiten. Munuel wünschte, er hätte ein paar Sekunden mehr Zeit gehabt. Nun musste er die Energien aus seinem Aurikel ständig weiter in den Yhalmudt leiten und konnte nicht viel tun.
Chast wankte ein paar Schritte zur Seite und riss das Mädchen an sich und um die beiden herum strömten wabernde Finger purer magischer Energie vorbei und von dort ins Nichts.
Munuel drohte in Panik zu geraten. Er spürte, dass er Chast beherrschen konnte, aber er wusste nicht, ob er seine Kraft noch zu erhöhen vermochte.
Der Mönch stöhnte, aber er hielt stand. »Der Yhalmudt!«, murmelte er, und Entsetzen stand in seinem Gesicht.
»Ja!«, rief Munuel. »Der Yhalmudt! Du weißt viel, Mönch! Aber weißt du auch, dass du ihn nicht überwinden kannst!«
Ein verzerrtes, schmerzhaftes Grinsen stellte sich auf Chasts Gesicht ein. »Du wirst mich nicht töten!«, rief er mit zitternder Stimme. »Du würdest auch sie umbringen!«
Munuel fragte sich, ob Chast Recht hatte. Reinweiße Energien töteten normalerweise keine Wesen des Diesseits, aber das, was er momentan durch den
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