Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
Leandra fühlte, wie ihr das Herz in die Hose rutschte. Eine Weile sagte niemand etwas. Dann erhob sich eine Bassstimme aus einer dunklen Ecke. »Die Ballade«, sagte der Mann. »Sing die Ballade!«
Leandra spähte hinüber.
Halb im Schatten unter einer Stiege saß ein großer Mann in dunkler Kleidung. Ein mächtiger Zweihänder lehnte neben ihm an der Wand. Der Kerl war so wenig ein Bauer, wie sie eine Milchkuh war.
Victor zeigte sich unbeeindruckt. Er verbeugte sich tief in Richtung des Mannes. »Wie Ihr befehlt, Euer Gnaden!
Die Ballade heißt >Des Räuberhauptmanns Braut Im Marschenforst, tief unter einer großen Tanne, man weiß nicht wo, es ist auch wurscht, da lebte einst ein Klotz von einem Manne, der hatte auf Weiber 'nen Riesendur seht.
Irgendwoher erklang Gekicher, doch es erstarb sofort wieder. Während Victor ein paar Töne spielte, legte sich wieder Schweigen über den Raum.
Der Kerl war meist von grimm 'ger Laune, dort unter der Tanne, tief im Forst. Es gab im Wald schon manches Geraune, dass er verlorn hätt seinen ... Dorst!
Wieder war leises Gekicher zu hören. Victor besaß eine schöne Stimme, aber er sang mit übertriebenem Tremolo, und seine Verse waren holprig genug. Leandra merkte, dass er das Lied in diesem Moment erfand - möglicherweise aus Bruchstücken, die er als Sänger parat hatte.
Da dacht er bei sich, der grimmige Mann, So geht's nicht weiter, jetzt ist Schluss! Ein strammes Weib muss hurtig ran, sonst gibt's hier bald 'ne Menge Verdruss!
Diesmal kein Gelächter. Leandra schwante Übles. Sie wunderte sich über Victors Selbstvertrauen. Es schien ihr immer offensichtlicher, dass hier ein paar sehr ungewisse Leute verkehrten.
Wer der Kerl in der Ecke war, konnte sie nicht sagen. Wenn er am Ende tatsächlich ein Räuberhauptmann war, dann war Victor so gut wie tot. Sie wäre am liebsten aufgesprungen und hätte ihn dort von seiner Kiste gezerrt.
Aber nun war es leider viel zu spät. Victor zeigte indessen nicht die Spur von Angst. Er sang munter weiter.
So ging er los, der Klotz von Mann, doch noch zur Zeit er sich besann, dass Weibsleut es ganz gerne hatten, zu küssen auf'ne richtig glatte, und wohlrasierte Kinnpartie, so sucht er auf, einen Barbier.
Dann dacht er auch noch sein Erscheinen, zu kleiden in ein fein'res Leinen, zuletzt kauft er sich noch 'nen Hut, sah in den Spiegel und fand's gut.
Die Leute lauschten gespannt, und Leandra hoffte verzweifelt, dass Victor es vielleicht noch schaffte, seine Knüttelverse soweit herumzureißen, dass sich der große Mann unter der Stiege nicht beleidigt fühlen würde. Was Victor dann aber sang, raubte ihr jeglichen Hoffnungsfunken.
Dann ging der Mann ins Wirtshaus rein, er setzte sich, bestellte Wein, dann kam auch schon ein strammes Weib, und fragt ihn, was er hier so treib.
Sie hatte dicke, runde Brüste, doch weckten sie nicht seine Lüste. Dann sah er mit gehör'gern Bangen, die Hitze schon auf ihren Wangen.
Dem Riesenkerl wurd plötzlich flau, ganz angst und bang vor dieser Frau. Sie setzt sich zu ihm und er sah, Dass ihre Brüst so riesig warn!
Eisiges Schweigen breitete sich im Raum aus. Jeder der Gäste schien zu wissen, dass Victor gerade dabei war, seine Haut in kleinen Streifen zu verspielen. Manche schielten mit verkniffenen Gesichtern zur Stiege, wo noch immer schweigend der große Mann im Schatten saß.
Leandra hätte viel darum gegeben, wenigstens seinen Gesichtsausdruck erkennen zu können. Sie machte sich darauf gefasst, Victor in Kürze mit ihrem Schwert zur Seite stehen zu müssen. Die Frage war nur, ob die Jambala sich in einem solchen Fall zuständig fühlte.
Victor indes warf sich in die Brust und sang völlig furchtlos und voller Inbrunst weiter.
Da schrie er auf und zog den Säbel - weich von mir, Weib - ich wollt ein Mädel! Nicht so 'ne riesendralle Kuh, und so viel Plüsch und Pomp dazu!
Da kam ein zartes Ding daher,
und schmiegt sich an den großen Bär.
Sie sagte zu der drallen Dame,
ob sie sich denn nicht furchtbar schäme,
Melonen unterm Hemd zu tragen,
und sich an Männer ranzuwagen.
Sie sollt die Schmink sich runtertun,
der Opa würd so lang schon ruhn.
Es war ja schließlich schon so spät,
und sie - die Oma - sollt nun rasch ins Bett.
Mit einem Schlag löste sich die angespannte Stimmung. Einige Männer
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