Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
hielt er die Jambala hoch.
Victor hatte das Gefühl, hinzustürzen zu müssen, um ihm die Jambala zu entreißen, aber das hätte zu Missverständnissen geführt. Sein Puls raste, und er spürte, dass auch Leandra kurz davor war, aufzuspringen. Er drückte sie mit sanfter Gewalt nieder, immer noch in der Hoffnung, die Sache würde sich lösen lassen, ohne dass jemand etwas über die Natur dieses Schwertes erfuhr.
»Seit wann ist es an dir, solche Fragen zu stellen? Hast du vergessen, wer hier zu entscheiden hat?«
»Nein, verdammt!«, ächzte Harro. »Lass endlich los. Du warst ja nicht da!«
Jacko ließ den Alten los. Harro stöhnte und begann sich das schmerzende Handgelenk zu reiben. Von seiner Statur her wirkte er durchaus nicht so, als hätte er sich gegen einen solchen Griff nicht wehren können - obwohl Jacko bestimmt ein gutes Stück stärker war. Aber er hatte es nicht getan, was einen klaren Hinweis darauf gab, wer hier das Sagen hatte.
Jacko riss Harro das Schwert aus der Hand. »Raus mit euch!«, herrschte er die Männer an. »Und lasst euch so etwas nicht mehr einfallen, verstanden? Ihr Lumpenpack!«
Harro baute sich vor Jacko auf. Er war groß, aber trotzdem mehr als einen halben Kopf kleiner als sein Anführer.
»Ich weiß nicht, warum du immer gleich so grob wirst, zum Teufel!«, knirschte er. »Was ist denn schon passiert?«
»Was passiert ist?«, zischte Jacko. »Du bist nachts in das Zimmer einer Dame eingedrungen, du ungehobelter Bock! Seit Jahren versuche ich euch ein wenig Anstand beizubringen! Aber ich glaube, bei euch ist jede Mühe vergebens. Ihr werdet zeitlebens ein rüdes Pack von Wegelagerern bleiben!«
Harro grunzte etwas, dann wandte er sich um und befahl seinen Männern, das Zimmer zu verlassen. Dem letzten trat er noch ärgerlich in den Hintern. Jacko riss einem den Kerzenleuchter aus der Hand. »Und dass mir keiner von euch auch nur eine Silbe herumerzählt, verstanden?«, rief Jacko den Männern hinterher. Dann knallte die Tür zu, und sie waren allein.
»Entschuldigt das Benehmen dieser Kerle. Ich fürchte, es ist hoffnungslos mit ihnen. Haben sie euch wehgetan?«
Leandra schüttelte den Kopf. Sie fühlte sich durch Jackos Auftritt ein wenig geschmeichelt. »Nicht so schlimm«, sagte sie versöhnlich. »Woher wusstest du, dass sie hier waren?«
Jacko winkte ab und stellte den Leuchter auf den Boden. Dann zog er mit dem Fuß einen Schemel herbei und nahm darauf Platz. Er lehnte sich locker gegen den Stützbalken, schlug die Beine übereinander und begann das Schwert auf seinem Knie zu balancieren. Das Tuch war inzwischen heruntergefallen, und die kunstvollen Gravuren auf dem goldschimmernden Heft glänzten im Kerzenlicht.
»Ich erfahre so ziemlich alles, was hier passiert«, sagte Jacko, der sich nicht sonderlich um die Jambala kümmerte. Sie schaukelte auf seinem Knie und mochte herunterrutschen, wenn er nicht Acht gab. Victor schnaufte.
»Und meistens auch ziemlich schnell«, fügte Jacko hinzu. »Harro ist eigentlich in Ordnung, ich vertraue ihm voll und ganz. Er ist nur ein ungehobelter Klotz. Verzeih seinen Auftritt.«
»Ist schon gut«, meinte Leandra und warf ihm ein unsicheres Lächeln zu.
Leandra und Victor standen noch immer, während es sich Jacko auf seinem Schemel und an den Stützbalken gelehnt bequem gemacht hatte. Er studierte Leandra. Ihm schien zu gefallen, was er sah. »Allerdings...«, begann er, »würde es mich auch interessieren, weshalb ihr nun wirklich hier seid. Natürlich nur, wenn ihr es mir sagen wollt. Ihr wisst etwas über diese seltsamen Wagen?«
Leandra und Victor standen stumm und unschlüssig da.
»Leandra war die Gefangene eines solchen Zuges«, sagte Victor schnell. Einen Augenblick später entschloss er sich, noch mehr preiszugeben. »Ich wurde zum Tode verurteilt, weil man mich für den Schuldigen an einem Brand hielt, den diese dunklen Gestalten gelegt hatten.«
Leandra blickte zu ihm auf, doch ihre Augen zeigten nicht mehr als ein wenig Überraschung, dass er plötzlich so offen war. Sie schien zu verstehen, dass sie nun wenigstens irgendetwas sagen mussten, das Jacko einigermaßen zufrieden stellen würde. Sonst würden sie durch seinen unverhofften Auftritt nichts gewinnen.
»Du warst gefangen?«, fragte Jacko erstaunt und hob die Brauen. »Tatsächlich? Von einem solchen Zug?«
Leandra verzog das Gesicht. »Jetzt, da es heraus ist, hat es wohl keinen Zweck mehr zu leugnen. Ja, sie nahmen mich nachts gefangen, mich und
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