Höhlenwelt-Saga 1 - Die Bruderschaft von Yoor
er freigelassen hatte und der zurückgekehrt war. Wenigstens für eine kleine Weile.
39 ♦ Unifar
D ie Stadt war von einer gewaltigen Größe und beinahe vollständig von wucherndem Urwald überwachsen.
Mancherorts schimmerte noch ein warmer Ockerton von den Steinen des gepflasterten Platzes hindurch, ragten die Spitzen hoher, verfallener Gebäude und Türme aus den Bäumen hervor und schimmerten die kantigen Züge einstmals mit hellbraunen Kopfsteinen gedeckter Straßenzüge durch das wuchernde Grün.
Der Rest war vom Urwald überwachsen. Bis zum Horizont erstreckte sich die Stadt, und wären da nicht die grünen Hügel gewaltiger, vom Wald verdeckter Bauwerke im ehemaligen Zentrum der Stadt gewesen, hätte man Unifar sogar aus der Luft übersehen können. So spektakulär wie Bor Akramoria und die Mogellfälle erschien Leandra diese Stadt zwar auf den ersten Blick nicht, dennoch war sie beeindruckend - man erahnte ihre vergangene Pracht und Erhabenheit. Die Anzahl und Größe der Straßen, Plätze und Gebäude waren, so wie sie aus der Luft zu erkennen waren, der Hauptstadt eines großen Reiches würdig, und die Weitläufigkeit ihrer Anlage war geradezu verschwenderisch. Hier mochten vor zweitausend Jahren Leben, Kunst und Kultur pulsiert haben - in einer Pracht, die gewiss bei weitem das übertraf, was heute die Hauptstadt Savalgor für Akrania bedeutete.
Sie waren nur etwa drei Stunden geflogen, aber schon seit dem Beginn ihres Fluges hatte sich ein unterschwelliges, Magenweh bereitendes Gefühl in Leandra aufgebaut. Ein Gefühl, das sie nur mit den Augenblicken vergleichen konnte, als sie damals dem großen Wagen des Totenzuges näher gekommen war, die dumpfen, rhythmischen Gesänge vernommen und das irisierende, violette Farbspektrum erblickt hatte. Die Drachen waren weit vor der Ankunft in Unifar immer tiefer gegangen und zuletzt niedrig über den See dahingeflogen, in der Hoffnung, dass man ihre Ankunft nicht bemerken würde.
Dann befanden sie sich über den südlichsten Ausläufern der Stadt, die sich noch meilenweit nach Norden erstreckte, und setzten zur Landung an. Das Wetter war heute ein wenig kühl und bewölkt, obwohl kaum die Gefahr bestand, dass es noch regnen würde. Dennoch - wie schnell sich so etwas ändern mochte, hatten sie in Bor Akramoria erlebt.
Die Drachen landeten auf einem kleinen Platz, ganz im Süden der Stadt, gleich an den Ufern des Sees und wohl noch ein gutes Stück entfernt von dem Ort, an dem der einstige Herrscherpalast gestanden haben mochte.
Während die Drachen hinunterschwebten, verdichtete sich das ungute Gefühl. Eine Berührung des Griffes der Jambala sagte Leandra, dass das lebende Schwert nicht minder erregt war als sie selbst.
Wieder staunte Leandra über die sanfte Landung der Drachen, die so sehr im Gegensatz zum explosiven Kraftakt eines Starts stand. Tirao glitt leicht wie eine Feder hinab, stellte die Schwingen in den Wind, sank auf den Boden und federte sanft ab. Seine Klauen erzeugten dabei ein durchdringendes Klacken auf dem steinernen Pflaster.
Leandra glitt vom Rücken des Drachen hinab. Als sie dann unten auf dem uralten Pflaster des Platzes stand und zu den riesigen Ruinen aufblickte, ergriff eine dunkle Vorahnung von ihr Besitz.
Ihre Gefährten waren ebenfalls von den Drachen geglitten und standen auf dem Boden der legendenumwobenen Stadt. Selbst die Drachen regten sich kaum, schienen ebenfalls unter dem Bann dieser Überbleibsel einer längst vergangenen Epoche zu stehen. Der Platz mochte an die hundert Schritte Seitenlänge haben und war von flachen, meist vollständig überwucherten Ruinen umgeben. Der Stein, der hier beim Bau verwendet worden war, schien von anderer Art zu sein als in Bor Akramoria. Er war von bräunlicher Färbung und offenbar längst nicht so haltbar. Der Grad es Verfalls war in Unifar deutlich höher.
Nach Norden hin stieg der Platz zu einer flachen Stufenterrasse an, gefolgt von einer Reihe nebeneinander stehender Klötze auf kurzen Säulenstümpfen. Der Sinn dieser Objekte war ihnen verborgen. Dahinter lag eine breite Straße, die schließlich, in mehreren hundert Schritten Entfernung, von einem flachen Arkadenbau begrenzt wurde, hinter dem sich ein Quintett breiter, untersetzter Türme erhob.
Die meisten Teile der Gebäude waren von einem Geflecht von Luftwurzeln überwachsen. Nicht weit südlich von hier ragten einige steinerne Piers in den Mogellsee hinein, aber auch sie waren überwuchert; ein Seefahrer würde es
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