Höhlenwelt-Saga 4 - Das magische Siegel
getan.
Es war, als würde sie ein neues Leben beginnen. Sie lebte noch,
hatte es geschafft, Savalgor zu verlassen, und besaß sogar neue
Kleider. In normalen Zeiten wäre das deprimierend wenig gewesen, im Moment jedoch kam es ihr wie ein ungeheurer Reichtum
vor. Versonnen starrte sie zum Sonnenfenster hinauf. Das Orange
schwand zusehends und erste Sterne funkelten durch das riesige
Auge aus Glas. Benni trottete daher und legte sich neben sie.
Sogar die magere Katze zeigte sich, blieb aber einen Schritt vor
ihr sitzen. Sie rollte ihren Schwanz um ihre Beine und blickte Alma katzenhaft auf unbestimmbare Weise an. »Was soll ich jetzt
tun, Benni?«, flüsterte sie. Der Hund sah zu ihr auf und winselte
leise. Sie nickte. »Ja, ich weiß. Du hast das gleiche Problem. Aber
vielleicht kommen deine Leute ja wieder.« Sie blickte erneut zum
Sonnenfenster auf, setzte sich etwas bequemer hin und sagte:
»Nun bin ich in Freiheit – vielleicht die einzige Person weit und
breit, aber ich habe den einzigen Bürger meines frisch gegründeten Reiches schon wieder verloren.«
Die Katze kam herbei und schmiegte sich an ihre angewinkelten
Beine. Alina lächelte schwach. Vielleicht hatte sie keinen Bürger
mehr in ihrem Reich, aber wenigstens zwei Tiere. Ihr Blick
schweifte über den Hof und sie fragte sich, ob sie nicht einfach
hier bleiben sollte. Dann schüttelte sie den Kopf. Nein, von Landwirtschaft verstand sie nichts, und die wenigen Eier und der
Schinken würden ihr bald ausgehen. Sie musste irgendwo ein
Dorf finden und neue Freunde gewinnen. Würde ihr das gelingen?
Und würde ihr überhaupt jemand glauben, dass sie die Shaba
war? Selbst wenn sie Glück hatte – würde jemand den Mut oder
auch nur die Möglichkeit haben, sich ihr anzuschließen? Vielleicht
trug inzwischen jeder so ein Halsband.
Sie dachte an Marie, den sie nun ganz sicher für einige Zeit
nicht wieder sehen würde. Sie sehnte sich danach, ihn im Arm zu
halten, ihn zu wiegen, und mit seinen kleinen Händchen zu spielen. Er war ein lieber Junge, wie… sein Vater. Alina schloss die
Augen.
Plötzlich drohte sie der Kummer über ihren Verlust zu überschwemmen, aber dann nahm sie sich innerlich zusammen und
sagte sich, dass ihr dieser Verlust ebenso gut als Antrieb dienen
konnte, jetzt etwas Neues zu beginnen.
Aber was?
Sie kraulte Benni hinter den Ohren und streichelte mit der anderen Hand die Katze, während sie wieder zum Himmel aufblickte.
Sie liebte den Anblick der Sterne.
Für Momente strich ein dunkler Schatten vor den leuchtenden
Funken vorbei und sie erkannte einen Drachen – er war reichlich
spät dran, hatte nach einem abendlichen Ausflug offenbar seine
Kolonie noch nicht wieder erreicht. Normalerweise flogen Drachen
nachts nicht. Ja, sagte sie sich, Drache müsste man sein…
Ein heißer Schauer durchströmte sie und sie richtete sich auf.
Ein Mosaikstückchen fiel an seinen Platz und dann wusste sie
mit einem Mal, was ihr gestern Nachmittag in den Sinn gekommen war, als sie in Savalgor zu den Drakkenschiffen aufgeblickt
hatte.
Die Drachen!
Leandra hatte so oft von den Drachen erzählt, ihren neuen
Freunden! Sie war mit ihrer Hilfe nach Unifar und nach Hammagor gelangt. Auch Victor war viel geflogen, sie waren auf den
Drachen gemeinsam nach Savalgor zurückgekehrt – und die Drachen hatten sogar Leandra und ihre Verstärkung auf das Palastdach gebracht! Alina blickte suchend in die Luft, aber der Drache
dort oben war längst wieder verschwunden. Sie setzte sich auf die
Fersen und starrte in den Himmel. Auch Benni richtete sich auf.
Er spürte, dass sie plötzlich aufgeregt war. Würden ihr die Drachen helfen?
Sie wusste so gut wie nichts über diese Tiere, war erst ein einziges Mal einem Drachen ein wenig nahe gekommen. Es gab so
viele Arten… Felsdrachen, Salmdrachen, Kreuzdrachen… sie wusste nicht, welche davon intelligent waren, so intelligent, dass man
mit ihnen reden konnte. Und wie mochte man Kontakt mit ihnen
aufnehmen? Es sollte eine alte, gemeinsame Sprache der Drachen
und Menschen geben. Ja, und dann gab es noch Leandras Drachenfreund, wie hieß er gleich…? Tirao. Jetzt fiel es ihr ein. Tirao
würde sie vielleicht verstehen können, auch wenn sie die gemeinsame Sprache nicht beherrschte. Doch wo war Tirao? Es dauerte
noch Augenblicke, dann rückte das letzte Mosaiksteinchen an seinen Platz. Alina sprang förmlich vor Begeisterung in die Höhe.
Roya! Bei den Kräften: Roya musste ebenfalls noch in
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