Höhlenwelt-Saga 5 - Die Schwestern des Windes
könnten hier noch mehr...?«
»Nein, nein«, unterbrach ihn Jockum. »Um die Dokumente geht es gar nicht. Wir sind wegen des alten Ordenshauses hier. Der Ort, an dem Phenros wirkte, war hier! Es war lange vor dem Bau der Basilika, ja sogar noch vor Anbruch des Dunklen Zeitalters.
Doch was er damals schrieb und niederlegte, wanderte naturgemäß ins Archiv des Ordenshauses – dahin, wo wir heute unseren Sitz haben. Deswegen fanden wir es auch dort. Gearbeitet aber hat Phenros hier!« Wieder hob er beide Arme.
Marina nickte verstehend. »Und was nützt uns das? Damals stand hier ein ganz anderer Bau...«
»Ganz recht!«, sagte Jockum. »Es wäre interessant, einmal in den Kellern herumzustöbern, ob sich noch ein alter Bauplan des früheren Ordenshauses findet. Ich wette, ihr beiden Kellerasseln würdet ihn finden!«
Marina und Azrani lächelten unsicher. »Aber den brauchen wir jetzt gar nicht!«, fuhr Jockum fort. »Was für uns im Moment wichtig ist, weiß ich auch so.« Er tippte sich mit dem Zeigefinger gegen die Schläfe. »Folgt mir!« Jockum wandte sich voller Energie um und marschierte auf das dem Hauptportal gegenüberliegende, kleinere Portal der Basilika zu. Die drei beeilten sich, ihm zu folgen. Bald darauf traten sie durch eine weitere kleine Innentür aus dem Bau der Basilika heraus und standen im Freien.
»Der Cambrische Garten!«, erklärte Jockum und beschrieb eine große Geste nach Süden hin, wo sich ein wunderschön gepflegter Park erstreckte, der von einer hohen Mauer mit einigen Türmchen umgeben war. Rings um die gepflegten Rasenflächen wuchsen hübsche, bunte Blumenreihen, fein gestutzte Drachenbäumchen und Zedern; etliche kleine Wasserläufe durchzogen den Park mit seinen Teichen und niedlichen Pagoden. Der Garten war eine einzige Pracht, und angesichts der drangvollen Enge in der Stadt Savalgor zugleich eine unerhörte Platzverschwendung. Mehrere Mönche waren mit der Gartenpflege beschäftigt, ein paar Savalgorer Bürger hatten sich auf Steinblöcke niedergelassen und gaben sich dem warmen Schein des Großen Savalgorer Sonnenfensters hin.
»Hier war ich noch nie!«, flüsterte Marina.
»Ist das dein Ernst, mein Kind?«, fragte Jockum tadelnd.
Marina zuckte nur unschuldig mit den Schultern.
»Also gut«, sagte Jockum. »Wovon ihr sicher nichts wisst, ist die Tatsache, dass dieser Garten der einzige Teil des früheren Ordenshauses ist, der bis heute erhalten blieb. Das alte Gebäude wurde abgerissen, um dem Bau der Basilika Platz zu machen, aber der Garten blieb. Weiß jemand von euch den Grund?«
Hochmeister Jockums Ton hatte etwas Belehrendes angenommen, es schien, als wollte er hier selbst für seinen alten Freund Munuel einen geschichtlichen Unterricht abhalten.
»Der Garten soll angeblich den genauen Mittelpunkt der Höhlenwelt darstellen und, wie sein Name schon sagt, etwas Magisches an sich haben«, leierte Munuel ungeduldig herunter. »Im Übrigen solltest du dich nicht so aufspielen, ja?«
»Nun reg dich nicht auf!«, erwiderte Jockum. »Ich kenne diesen Garten gut. Ich komme oft hierher.
Und als ich nun darüber nachdachte, wie Phenros sicherstellen konnte, dass sein Bild auch nach langer, langer Zeit noch erhalten wäre, fiel mir der Cambrische Garten ein.«
»Du glaubst, dieses Bild befindet sich hier?
Tanzende Steine, glühender Fels, und Wasser, das bergauf fließt?«
Jockum lächelte fröhlich wie ein kleiner Schuljunge.
»Ja, stimmt. Darf ich euch noch eine Frage stellen? Eine Letzte?«
»Eine Einzige noch«, erklärte Munuel streng.
»Danke, verehrter Meister. In welche Richtung müssen wir jetzt gehen?«
Die anderen wirkten verblüfft, aber nach kurzer Zeit fragte Azrani: »Nach... Süden und Osten?«
Jockum strahlte. »Genau! Du hast Recht, mein Kind.
Weit nach Süden und Osten.« Er deutete voraus und setzte sich in Bewegung.
Er eilte Treppenstufen hinab, schwenkte auf einen Kiesweg, der schräg nach links führte und blickte sich nach ihnen um, ob sie ihm auch folgten.
Langsam wurden sie ein wenig von Jockums Begeisterung angesteckt.
Es ging zwischen gestutzten Hecken und blühenden Blumenbeeten hindurch; der Garten besaß in etwa die Form eines Trapezes, das von der Basilika nach Süden fortstrebte. Bald erreichten sie den südöstlichen Teil und stießen dort auf einen kleinen See.
Schnaufend hielt Jockum inne und wies auf die gepflegte Anlage, die sich vor ihren Augen erstreckte.
Der See war halbkreisförmig und erstreckte sich an seiner
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