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Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Titel: Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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deutet darauf hin, dass sie in… sagen wir:
einem Jahrhundert wieder kalben wird. Bei ihrem aktuellen Lebensalter heißt das…«
»Kalben?«
»Ja. Man nennt es so, wenn diese Biester ihre Jungen gebären.«
»Sie ist kein Biest«, belehrte sie ihn. »Ich fand sie wunderschön
– diese Königin.«
»So?«, fragte Griswold mit gerunzelter Stirn. »Na ja, mir sind
diese Monstren einfach zu groß. Da ist mir ein kleines Kätzchen
auf den Knien lieber.«
Leandra starrte ihn an. Da hatte sie den Unterschied.
Griswold hatte es sicher nicht abfällig gemeint, aber in dieser
Hinsicht stand er weit in Roscoes Schatten. Ihm fehlte es gewaltig
an Feingefühl, und das machte ihn, einmal ganz abgesehen von
anderen Merkmalen, für Leandra zu einem Un-Mann, der für alle
Zeiten fern ihres Interesses lag. Mit einem Aufwallen Plötzlicher
Sehnsucht sah sie sich nach Darius um – aber der hatte sich inzwischen verzogen, zweifellos aus Protest. Leandra seufzte. Sie
rutschte von Griswolds Knien, setzte sich auf einen anderen Sitz
und lehnte sich zurück.
Griswold sollte begreifen, dass seine Chance verstrichen war.
»Wie viele Junge gebiert denn so eine Königin jedes Mal?«
Er musterte sie mit gerunzelter Stirn und schien gar nicht zu
verstehen, was er falsch gemacht hatte. »So zwischen vier- und
fünftausend«, erklärte er schließlich. »Das lässt sich nicht genau
vorhersagen. Man kann eine Königin zwar scannen – das hab ich
ja auch gerade getan, aber das Gewimmel in ihrem Bauch ist zu
groß, um eine genaue Vorhersage zu treffen.« Leandra staunte.
»Wirklich? Bringen sie ihre Kleinen genau so auf die Welt wie wir
Menschen? Nach der Befruchtung wachsen sie im Leib der Königin
heran und…«
Griswold hob abwehrend die Hände. »O nein, ganz so einfach ist
es nicht. Aber da musst du einen Hüller fragen. Die kennen sich
damit aus.« Leandra nickte verstehend.
»Und was die >Kleinen< angeht: So ein neugeborener HalonLeviathan würde nicht einmal in diesen Raum hier passen. Und
sie wachsen schnell. Nach ein, zwei Monaten sind sie schon doppelt so groß.«
»Ja«, nickte Leandra. »Die Haifanten.«
»Na ja, Haifant – das ist eher ein technischer Begriff. Eine Abkürzung für Halon-Infant. Er trifft auf die wenigen zu, die schon in
frühem Alter getötet und zu Schiffshüllen verarbeitet werden. Die
Hüller nennen sie einfach nur >Babys<.«
»Woran liegt es, dass es nur so wenige dieser Haifanten gibt?«,
wollte Leandra wissen. »Wenn jede der Königinnen vier- bis fünftausend Junge zur Welt bringt…«
Griswold hob den Zeigefinger. »Etwa alle zweihundert Jahre«,
unterbrach er sie belehrend. »Bei den vierzehn Königinnen, die es
zurzeit gibt, bedeutet das, dass wir auf einen ZweihundertJahres-Zeitraum verteilt…«, er beugte sich über das Bedienfeld,
tippte kurz etwas ein und sah dann auf den Monitor,»… dass wir
pro Jahr einen Nachwuchs von nicht einmal vierhundert Leviathanen haben. Das bedeutet: jeden Tag ungefähr einen, den die Hüller produzieren und verkaufen können.«
»Oh«, machte Leandra.
»Zu dieser Zahl kommen allerdings Hunderttausende hinzu, die
damals, bei der großen Jagd, getötet und zu Schiffshüllen verarbeitet wurden, und die heute noch im Dienst sind.« Er pochte mit
dem Fingerknöchel auf die Konsole. »Dies hier ist so ein Schätzchen.« Leandra richtete sich auf. »Was? Die Melly Monroe ist viereinhalbtausend Jahre alt?«
Griswold lächelte selbstzufrieden. »Nicht die Melly Monroe. Den
Namen habe ich ihr gegeben. Und auch nicht die Einrichtung
hier.« Er wies auf all die Geräte und Monitore. »Ich schätze, dieses Zeug ist… na, schon so um die zweihundert Mal rausgeflogen
und erneuert worden. Die Technik, verstehst du? Sie schreitet
fort, und spätestens nach zwanzig Jahren ist alles museumsreif.
Aber diese Schiffshülle – die gibt’s wirklich schon lange. Ich hab’s
in den Papieren stehen.«
Leandra sah sich um und stieß einen leisen Pfiff aus. Ehrfurchtsvoll stand sie auf und trat zu einem Wandteil hin, der nicht
verkleidet war. Sie berührte das blanke, braun-schwarze Material
des Leviathans, ging dabei in die Knie und sah am Fuß der Wand
eine dünne Rinne, deren Bedeutung ihr Roscoe bereits erklärt
hatte.
»Ja«, bestätigte Griswold nickend. »Sie schwitzt noch immer
das Zellplasma aus. Die Hülle ist nicht tot. Ich glaube, wenn sie
das wäre, würde das Exoskelett recht schnell vertrocknen, zerbröckeln und auseinander fallen.«
Leandra war beeindruckt.

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