Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens
persönlichen Stolzes. Es geht einfach
um die Kirche sowie um die Menschen und Ajhan. Die Unzufriedenheiten werden immer größer, die Drakken immer gemeiner,
und die Steuerlast wächst langsam ins Unermessliche.
Niemand weiß, was hinter dieser… Mauer des Schweigens passiert, was dort entschieden wird. Das Ganze wird eines Tages in
einem furchtbaren Aufstand enden. Und ich fürchte, dieser Tag ist
nicht mehr fern. Die Galaktische Föderation ist ein riesiges
Staatsgebilde, das immer mehr auseinander bröckelt. Dieser Prozess schaukelt sich schon seit Jahrhunderten auf und hat sich in
den letzten Jahrzehnten verfestigt. Irgendwann wird er sich Bahn
brechen. Wenn niemand etwas unternimmt, steht uns ein
schrecklicher innerer Krieg bevor – und danach ein paar sehr
hässliche Jahrhunderte, bis all die Bedürfnisse nach Rache und
Vergeltung gestillt sind. Der Pusmoh und die Drakken werden
währenddessen mit Gewalt versuchen, die Stabilität aufrechtzuerhalten – und das wird viel Blutvergießen nach sich ziehen.
Und es steht zu befürchten, dass unser aller Feinde, die Saari, die
Gunst der Stunde nutzen werden, um uns zu überrennen. Mit
anderen Worten: Die Galaktische Föderation steht vor ihrem Untergang. Wenn es wirklich dazu kommt, wird er grauenvoll sein.«
»Und Ihr glaubt, Heiliger Vater, das ließe sich abwenden, indem
wir herausfinden, wer der Pusmoh ist?«
»Indem wir die Wahrheit über ihn herausfinden, Leandra. Die
Wahrheit ist immer die beste Waffe. Wenn wir zu Ende bringen
können, was Hauser damals begann, könnten wir den Pusmoh
zwingen, Zugeständnisse zu machen, um die Lage zu entschärfen. Zu Konflikten wird es allemal kommen, aber es gibt vielleicht
eine Möglichkeit, die schlimmsten Auswüchse dieser Entwicklung
aufzuhalten. Indem wir den Menschen und Ajhan ihre Freiheit
zurückgeben – oder wenigstens einen Teil davon.«
Roscoe lachte auf, halb spöttisch, halb betroffen. »Wir vier? In
einem galaktischen Riesenreich?« Er beugte sich vor. »Nicht dass
ich kneifen will, Heiliger Vater, aber ist das nicht ein wenig vermessen? Können vier kleine Leute wie wir das schaffen?«
Es war erst das zweite Mal, dass sich Bruder Giacomo in die Unterhaltung einschaltete. Er räusperte sich höflich, holte sich bei
seinem Prinzipal mit einem Seitenblick die Erlaubnis zu reden und
sagte mit leiser Stimme: »Vergessen Sie nicht, Mister Roscoe,
dass der Heilige Vater nicht ohne Mittel und Beziehungen ist.
Letztlich geht es ja nur darum, etwas zu finden, womit es möglich ist, dem Pusmoh etwas abzuringen.
Zugeständnisse, Lockerungen oder vielleicht sogar gewisse Änderungen in der Art, wie er die GalFed steuert. Ihn zu stürzen
dürfte unmöglich sein.«
»Ja. Das ist richtig«, bestätigte Ain:Ain’Qua. »Wir müssen etwas
in die Hand bekommen. Etwas, womit wir den Pusmoh ernsthaft
unter Druck setzen können. Wenn uns das gelingt, wird er nachgeben müssen. Ein kleines bisschen – das genügt schon. Das
würde helfen, das Schlimmste abzuwenden.«
»Dann… könnten wir vielleicht auch verlangen«, meinte Leandra
mit einem unsicheren Seitenblick zu den drei Männern, »dass er
die Höhlenwelt in Ruhe lässt, nicht wahr? Das wäre doch sicher
kein so großes Zugeständnis – ich meine, wenn man sich ansieht,
wie riesig dieses Sternenreich ist? Die Höhlenwelt ist ja nur ein
kleiner Planet.«
»Ja, selbstverständlich«, sagte Ain:Ain’Qua lächelnd und nickte
Leandra zu. »Das wäre sicher eines der ersten Dinge, die wir verlangen würden.«
Sie blickte zu Roscoe. »Und einen neuen Leviathan für Darius.
Die Moose wurde von den Drakken vernichtet. Er hat bisher am
meisten verloren.« Roscoe lachte auf, beugte sich über den Tisch
und küsste ihre Stirn. Leandra saß brav da wie ein Schulmädchen
und ließ es sich gefallen. Ihre Blicke verrieten, dass sie längst
nicht so naiv war, wie sie sich gab.
Roscoe setzte sich wieder und schien von neuem Tatendrang erfüllt. »An dem Tag, an dem ich vom Pusmoh oder den Drakken
das Geld für die Moose ausgezahlt kriege, gebe ich ein riesiges
Fest. Dazu seid ihr alle eingeladen!« Ain:Ain’Qua seufzte ernst.
»Bis dahin haben wir ein hartes und gefährliches Stück Arbeit vor
uns. Mein Plan sieht folgendermaßen aus: Ich selbst muss
schnellstmöglich zurück nach Schwanensee. Ich bin seit Tagen
ohne jede Nachricht von der Bildfläche verschwunden. Bruder
Giacomo wird mich begleiten, denn ich brauche ihn dort…«
Leandra hob erschrocken die
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