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Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens

Titel: Höhlenwelt-Saga 6 - Die Mauer des Schweigens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Evers
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Funke in der Luft und verbreitete
fahles Licht. Während Griswold mit offenem Mund und kugelrunden Augen den Funken anstarrte, hielt Leandra die offene Hand in
die Höhe. Sie hatte eine ganze Menge Federn gefunden. »Kann
man diese Tür irgendwie aufkriegen?«, fragte sie.
Roscoe trat ein paar Schritte zur Seite und hieb mit der flachen
Hand auf eine quadratische grüne Platte in der Stahlwand neben
dem Tor. Mit einem Zischen fuhren beide Torflügel zur Seite – so
rasch, dass Leandra erschrak und einen Schritt zurücktrat.
Eine Weile blieb sie schweigend stehen, so als lauschte sie in die
Ferne. Dann huschte ein Lächeln über ihr Gesicht. »Hört ihr?«,
fragte sie. Roscoe spitzte die Ohren. Langsam schüttelte er den
Kopf. »Nein, was denn?«
Sie ließ die Federn fallen und rannte in die Halle hinein.
Der Lichtpunkt über ihrem Kopf folgte ihr. Roscoe folgte ihr sogleich; Griswold hingegen, der mit seiner Fassung kämpfte, benö
tigte ein paar Atemzüge.
»Sie… sie kann tatsächlich zaubern«, keuchte er, als er Roscoe
eingeholt hatte. »Zaubern!«
»Man nennt das Magie«, korrigierte ihn Roscoe.
Als sie Leandra erreichten, stand sie mitten im Gang und wies
breit lächelnd auf eine Batterie gelbgrau gestreifter, übereinander
gestapelter Containerkästen, deren Seitenwände Löcher aufwiesen. Vielstimmiges Gegacker war zu hören. »Hühner«, stellte
Roscoe fest, ohne wirklich zu wissen, was er mit dieser Entdeckung anfangen sollte.
Leandra kam auf ihn zu. »Verstehst du nicht?«
Er kniff die Augenlider zusammen und musterte sie, während er
scharf nachdachte. »Du meinst, wir sollen uns zwischen Hühnern
verstecken, damit uns die Scanner nicht finden?«
Leandra zog anklagend die Augenbrauen zusammen, stemmte
die Fäuste in die Seiten. »Sag jetzt nicht, dass das nicht funktionieren würde!«
Roscoe grinste. Er verschränkte die Arme vor der Brust und
musterte die Containerstapel. Es mussten um die fünfundzwanzig
Stück sein, und in jedem einzelnen mochten sich zweihundert
oder zweihundertfünfzig Hühner befinden. Leandras Idee war keinesfalls schlecht.
Die Sache mit den Scannern hatte sie aus dem Stand heraus
begriffen, aber er hatte ja früher schon festgestellt, dass sie eine
erstaunliche Auffassungsgabe besaß. Sogar zu Zeiten, da sie noch
nicht einmal seine Sprache beherrscht hatte.
»Könnte funktionieren«, erklärte er breit lächelnd. »Hat aber einen Fehler: Die Hühner gehören nicht uns«, ließ Griswold verlauten.
»Wie viel kostet ein Huhn?«
Roscoe lachte leise auf. Er fand Leandras Frage irgendwie putzig. »Weiß nicht. Ein paar Soli, schätze ich. In diesen Containern
dürften… na, so um die fünftausend Hühner sein.«
»Dann kaufen wir uns tausend. Denkst du, das reicht, um uns
zu verstecken?«
Inzwischen hatte Griswold seine Fassung wiedergewonnen. Immer noch auf den glühenden Funken über Leandras Kopf starrend, sagte er: »Moment. So einfach geht das nicht. Man wird die
Hühner nicht so leicht kaufen können. Die gehören jemandem,
und der wird sie brauchen oder etwas mit ihnen vorhaben. Meinst
du nicht, Roscoe?«
Leandras Gesicht verfinsterte sich. Sie fixierte Griswold, es
schien ihm sogar, als nähme der Lichtfunke eine leicht rötliche
Färbung an. »Was soll das?«, beschwerte sie sich. »Kann man bei
euch etwa keinen Handel treiben?« Während Griswold Hilfe suchend zu Roscoe blickte, versuchte dieser, Leandras Gedanken
nachzuvollziehen. Natürlich, sie stammte von einer Barbarenwelt
– das Schwert und das Kettenhemd, das sie bei sich gehabt hatte, deuteten auf mittelalterliche Zustände hin. Zu diesen Zeiten
hatte man vermutlich auf einer Straße mitten im Nirgendwo einem zufällig vorbeikommenden Händler seinen gesamten Warenbestand abkaufen können. Dass das hier nicht gehen sollte, verstand sie nicht. Roscoe beeilte sich, einem Streitgespräch zuvorzukommen. »Warum machst du dich nicht einfach auf die Socken,
Griswold, und stöberst den Besitzer der Hühner auf? Man wird ihn
ja wenigstens fragen dürfen, oder?«
»Natürlich darf man das. Und womit soll ich die Fracht bezahlen?«
»Wir haben doch Geld«, sagte Leandra. »Tausend Hühner – so
viele können wir uns bestimmt leisten.«
Griswold stieß ein spöttisches Lachen aus und schüttelte den
Kopf. »Du bist wirklich einmalig, Schätzchen!
Abgefeimt, durchtrieben, und obendrein noch richtig niedlich.«
»Stimmt«, sagte sie, trat auf Griswold zu und kniff ihn freundlich lächelnd in die Wange. »Und wenn du noch

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