Hoelle auf Zeit
Jedenfalls ist er davongekommen. Zeugen verschwanden spurlos oder änderten ihre Aussage. Das Übliche.«
»Was haben Sie dann getan?«
»Getan?« wiederholte Bird. »Was konnten wir denn tun? Genau das hab ich auch dem dämlichen Kerl da gesagt. Diese Leute lassen nicht mit sich spaßen. Bei denen gehört Mord mit zum Geschäft.« Er zog ein Taschentuch heraus und wischte sich das Gesicht ab. »Ich vermute, bei Ihnen verhält es sich genauso, Mr. Brown.«
»Das hatten wir schon.«
Er drehte sich auf dem Absatz um, ging die Stufen hinauf, stieg über Albert hinweg und steckte den Browning wieder ein, während er im Regen den Hof überquerte. Er bog um die Ecke des Gebäudes, erreichte den Parkplatz und rutschte hinter das Steuer des Mini Cooper. Frasconi – Daniele Frasconi. Das war ein Fingerzeig, aber wohin führte er? Es gab nur einen Men schen, der ihm das schnell beantworten konnte: Alan Crowther.
Als er in die Hauptstraße einbog und Gas gab, kam ihm der Spyder entgegen. Jago erkannte den Mini Cooper sofort und fuhr weiter, die sich entfernenden Schlußlichter im Rückspie gel beobachtend. Mit einem raschen Blick hatte er festgestellt, daß nur eine Person im Wagen saß, bei der es sich um Egan handeln mußte. Seltsamerweise kam bei Jago ein Gefühl der Bewunderung auf.
»Eins muß ich dir lassen, alter Junge«, flüsterte er vor sich hin. »Wenn du aktiv wirst, tust du’s wirklich zügig.« Er schal tete herunter und passierte den Haupteingang.
Bird rappelte sich hoch und schaute, auf das Geländer gestützt, nach oben zu Albert. »Alles in Ordnung, Schatz?«
Albert ächzte, seine Lider flatterten. Bird humpelte zu einem Ausguß in der Ecke, drehte den Hahn auf und befeuchtete einen Lappen. Als er sich umdrehte, stand Jago in der Tür, die Hände tief in den Taschen des marineblauen Burberry vergra ben – eine höchst bedrohliche Erscheinung. Bird ließ sich stöhnend an dem kleinen Tisch vor den Öfen auf einen Stuhl nieder.
»Bei Ihnen ist’s ja hoch hergegangen«, bemerkte Jago und beugte sich zu Albert hinunter, um ihn zu untersuchen. »Armer Kerl, sein gutes Aussehen ist flöten, und das war ja nun mal neben seinem Hintern alles, was er zu bieten hatte.« Er zündete sich eine Zigarette an und lehnte sich ans Geländer. »Mein Freund Egan ist also hiergewesen?«
»Brown, Mr. Jago«, korrigierte Bird beflissen. »Der Name war Brown.«
»Nein, Egan«, beharrte Jago. »Vier- bis fünfundzwanzig, schlank, hartes Gesicht, schwarze Lederjacke, Jeans?«
»Das ist er«, nickte Bird.
»Was haben Sie ihm erzählt?«
Bird markierte Verblüffung. »Ihm erzählt, Mr. Jago?«
»Keine Mätzchen«, riet Jago geduldig. »Er ist doch nicht zum Zeitvertreib hergekommen. Sondern um Sie auszufragen nach Leichen aus Paris, nach Eric Talbot, Mr. Smith und höchstwahrscheinlich nach mir. Also was haben Sie ihm er zählt?«
»Aber was hätte ich ihm denn erzählen können, Mr. Jago?«
Jago zerrte Albert auf die Füße, hielt ihn einen Moment fest und stieß ihn dann rücklings die Stufen hinunter. Er fiel unge schickt, und es knirschte dumpf, als er mit dem Schädel auf die Fliesen schlug. Jago kam die Stufen hinunter und versetzte ihm einen Tritt in die Rippen.
Bird schrie auf. »Nein, tun Sie ihm nicht weh! Ich will reden. Ich sag Ihnen alles.«
Er begann loszuschwatzen, die Worte sprudelten nur so aus ihm heraus, als er wiederholte, was er Egan erzählt hatte. Schließlich schluchzte er leise vor sich hin.
Jago blickte auf Albert hinunter und stieß ihn mit dem Fuß an. »Ich frag mich, wie oft er das getrieben hat – herumlungern und den Schnüffler spielen?«
»Nur das eine Mal, Mr. Jago, ich schwör’s.«
»Aber einmal reichte, weil er dabei Daniele Frasconi gesehen hat, und der ist nun wirklich ein sehr bedeutender Mann. Und jetzt weiß unser Freund Egan Bescheid, und das wird Mr. Smith nicht gefallen. Es wird ihm ganz und gar nicht gefallen.« Er bückte sich, um Albert genauer zu untersuchen, richtete sich dann wieder auf. »Für ihn hat es freilich nicht mehr viel zu bedeuten. Er ist tot.«
»Albert!« wimmerte Bird. Er stand auf, verlor das Gleichge wicht und kippte um. Er blieb einen Moment liegen und kroch dann zu dem Chauffeur hin.
Jago ging zu den Öfen hinüber und drückte die Startknöpfe, worauf sie sofort aufflammten. Er wartete ein bis zwei Sekun den, bis die Gasflammen hoch
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