Hölle unter Null Grad
Alte drauf und dran war, uns in den Einsatz zu schicken.
Ich gab das Bild zurück. Reling führte wieder ein kurzes Gespräch über sein Mikrogerät. Aus den Antworten des Angerufenen erkannte ich, daß es sich um Filmaufnahmen handelte. Das war aber auch alles.
»Wenn der Streifen entwickelt ist, sofort zu mir bringen. Vorführraum des Hospitals beschlagnahmen. Überflüssige Leute entfernen und für hermetische Absperrung sorgen. Das wäre alles. Ende.«
Großzügig ignorierte er meine zunehmende Nervosität. Hintergründig lächelnd fuhr er fort:
» Also, Major HC-9, Carder Sundlay kennen Sie nun. Während Sie Urlaub machten, ist das Räderwerk der GWA auf Hochtouren gelaufen. Wissen Sie schon, daß die große Strafkolonie in Südwest-China aufgelöst wurde? Mehr als vierzigtausend politische Häftlinge sind im Laufe der beiden letzten Jahre abtransportiert worden. Es handelt sich um das Lager von Atak Hapchiga am Fuße der Gan-Bajankara-Berge. Die Gegend kennen Sie doch, nicht wahr? Vor etwa zehn Jahren fand man dort gewaltige Uranvorkommen. Die Minen haben sich aber inzwischen erschöpft. Das Straflager hat mehr als eine halbe Million Asiaten aus allen dem Bund angeschlossenen Staaten verschlungen. Mörderisches Klima, schlechte Ernährung, härteste Arbeitsbedingungen. Sie verstehen.«
Allerdings! Ich konnte mir die Verhältnisse vorstellen. Vor zwei Jahren war ich dort gewesen. Damals war das Straflager noch ein von Menschen aller asiatischen Völker wimmelnder Ameisenhaufen gewesen. Ich hatte den Auftrag gehabt, einen russischen Wissenschaftler unter allen Umständen zu befreien. Sein Wissen über die geheimsten Atomwaffen der europäischen Menschheit wäre mehr als gefährlich geworden, wenn es den Machthabern des neuen Asien gelungen wäre, ihm gewaltsam die Informationen abzuringen.
Der Wissenschaftler war bei dem chinesisch-russischen Grenzzwischenfall im März 1998 in die Hände mongolischer Soldaten gefallen, die ihn dem GAS-Geheimdienst auslieferten. Wir hatten ihn in dem Straflager gefunden. Deshalb wußte ich ziemlich genau, was der Alte mit seinen Worten meinte.
Ich fragte mich allerdings, was die Ereignisse mit dem Mann zu tun hatten, der wenige Meter entfernt mit dem heimtückischen Strahlentod rang.
Auf Relings Stirn bildeten sich tiefe Falten. Halblaut fuhr er fort:
»Bedenken Sie, Major, mehr als vierzigtausend Menschen sind bei Nacht und Nebel aus dem Lager gebracht worden. Wir haben es aber trotzdem bemerkt. Was ist Ihrer Meinung nach mit den Leuten geschehen?«
Ich zögerte die Antwort hinaus. Die Angelegenheit wurde immer rätselhafter.
»Sie sind auf dem Luftweg zum indochinesischen U-Boot-Hafen Hue gebracht worden, wo sie in den stählernen Rümpfen großer Untersee-Transporter verschwanden. Das weiß ich bereits seit sechs Monaten. Bisher konnte ich mir aber nicht vorstellen, weshalb man die Leute verfrachtet hatte. Es sieht danach aus, Major, als hätten unsere Kontrahenten etwas riskiert, das uns Kopf und Kragen kosten kann. Wissen Sie auch nicht, daß im letzten Jahr drei Unterseekreuzer der Navy spurlos verschwanden? Sämtliche Boote gehörten zum Südatlantik-Geschwader. Das Untersee-Expeditionsschiff John Masyls ist vor drei Monaten verschollen. Der Kommandant war beauftragt, unter dem antarktischen Packeisgürtel durchzustoßen, ins Weddell-Meer vorzudringen und unsere antarktische Forschungsstation im Küstenstreifen des Prinzregent-Luitpold-5 Landes anzulaufen. An Bord befand sich eine komplette Atomkraftanlage, die an Stelle der veralteten Ausführung montiert werden sollte. Wir
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