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Hölle unter Null Grad

Hölle unter Null Grad

Titel: Hölle unter Null Grad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K. H. Scheer
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de­nen jetzt Freu­de auf­leuch­te­te.
    Man­zo wuß­te, daß wir uns vor ihm nicht ent­setz­ten oder ihn gar ver­ab­scheu­ten, nur weil er von strah­lungs­ge­schä­dig­ten El­tern ge­zeugt wor­den war. Er war ein schuld­lo­ses Op­fer der Aus­wir­kun­gen. Es wä­re ver­werf­lich ge­we­sen, ihn we­gen sei­ner mons­trö­sen Ge­stalt zu ver­ach­ten und ihn her­ab­las­send zu be­han­deln.
    Aus sei­ner Keh­le drang ein grol­len­der Ton.
    Mei­ne ge­wiß nicht klei­ne Hand ver­schwand völ­lig in sei­ner Pran­ke. Ob­wohl ich auf sei­nen Hän­de­druck vor­be­rei­tet war, ging ich, wie schon so oft, in die Knie, was ihn zu ei­nem be­dau­ern­den »Oh!« ver­lei­te­te.
    Lei­se stöh­nend flüs­ter­te ich ihm zu:
    »Man­zo, wann siehst du end­lich ein, daß ich ziem­lich dün­ne Kno­chen ha­be! Hast du eben wirk­lich nur zart zu­ge­drückt?«
    Er sah mich ent­schul­di­gend an. Sein ko­los­sa­ler Kör­per wieg­te sich in ei­ner für ihn ty­pi­schen Be­we­gung.
    »Du mußt flüs­tern, Man­zo«, sag­te Han­ni­bal von der Tür her. »Wirk­lich flüs­tern, sonst hört man dich über­all im Boot.«
    Ich muß­te un­will­kür­lich la­chen, aber der Mu­tant nahm es mir nicht übel. Er war durch­aus nicht ge­kränkt, wenn man sei­ne kör­per­li­che Stär­ke und da­mit auch sein an­oma­les Or­gan er­wähn­te. Er schi­en die Lau­te tief in der Brust zu for­men, so daß sei­ne nor­ma­le Aus­spra­che ei­ne ge­wal­ti­ge Ton­stär­ke er­reich­te.
    An­schlie­ßend flüs­ter­te er wirk­lich. Es war im­mer noch laut ge­nug.
    Ich gab Han­ni­bal einen Wink. Die Tür glitt bis auf einen Spalt zu. Wäh­rend er wach­sam den Ver­bin­dungs­gang be­ob­ach­te­te, sag­te ich lei­se:
    »Wir müs­sen uns be­ei­len, Man­zo. Warum hast du das Si­gnal ge­ge­ben? Sind Nach­rich­ten durch­ge­kom­men?«
    »Ja, Sir. Mein Klei­nes hat ge­ru­fen.«
    Es be­rühr­te mich ei­gen­ar­tig, daß er die­sen Aus­druck für Ki­ny ge­wählt hat­te. Der so mons­trös wir­ken­de Mu­tant be­saß fei­ne­re Ge­fühls­emp­fin­dun­gen als man­cher nor­mal ge­stal­te­te Er­den­bür­ger.
    »Wort­laut?« frag­te ich ge­spannt. »Ist die te­le­pa­thi­sche Ver­bin­dung gut? Wir sind wie­der un­ter ei­ner di­cken Eis­de­cke.«
    Die Au­gen wa­ren der Spie­gel sei­ner See­le. Wenn man ihn ge­nau kann­te, war es nicht schwie­rig, sei­ne Emp­fin­dun­gen dar­aus ab­zu­le­sen. Au­gen­blick­lich er­schi­en es mir, als woll­te er sich über mich amü­sie­ren, da ich wie­der sei­ne un­glaub­li­chen Pa­ra-Fä­hig­kei­ten an­ge­zwei­felt hat­te.
    Nun, ich bin nur ein Mensch mit nor­ma­len Emp­fin­dun­gen. Wer kann es mir ver­übeln, wenn sich mein nüch­ter­ner Ver­stand ge­gen et­was sträub­te, was noch mein Groß­va­ter als über­sinn­lich oder Schar­la­ta­ne­rie an­ge­se­hen hät­te!
    Te­le­pa­thie ist ei­ne Ga­be, die kaum ein Pa­ra­psy­cho­lo­ge, ge­schwei­ge denn ein durch und durch lo­gisch den­ken­der Mensch er­klä­ren kann. Un­ser Geist ver­fügt nicht über die Vor­aus­set­zung, die­ses Phä­no­men ein­deu­tig zu ana­ly­sie­ren und be­greif­lich wer­den zu­las­sen.
    Die Iro­nie ver­schwand aus Man­zos Blick, als er mit grol­len­der Stim­me ein­warf:
    »Doch, Sir, die Ver­bin­dung ist so­gar sehr gut. Hat Ih­nen Ki­ny nicht ge­sagt, daß Ent­fer­nun­gen kei­ne Rol­le spie­len? Sie ist mir schon sehr na­he. Ich füh­le es, auch wenn ich nicht sa­gen kann, wie­so ich es füh­le. Ich glau­be, Sir, ich muß doch ein Un­ge­heu­er sein.«
    Die letz­ten Wor­te zeug­ten von der De­pres­si­on, die ihn ab und zu über­kam. Er wuß­te nur zu gut, daß die Män­ner der Be­sat­zung voll Ab­scheu auf ihn nie­der­blick­ten. Für ihn muß­te es furcht­bar sein, wenn er viel­leicht un­ge­wollt den Be­wußt­seins­in­halt ei­nes Men­schen er­faß­te und dar­aus Ent­set­zen oder of­fe­nen Hohn ab­las.
    Han­ni­bal und ich wa­ren ge­gen ei­ne Be­wußt­seins­er­fas­sung auf te­le­pa­thi­scher Ebe­ne im­mun. Wir be­sa­ßen kei­ne nor­ma­len Ge­hir­ne mehr.
    Wah­rend ich noch ver­le­gen nach Wor­ten such­te, konn­te Han­ni­bal, sei­nem Na­tu­rell ent­spre­chend, ei­ne vor­lau­te Be­mer­kung nicht

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