Hölle unter Null Grad
denen jetzt Freude aufleuchtete.
Manzo wußte, daß wir uns vor ihm nicht entsetzten oder ihn gar verabscheuten, nur weil er von strahlungsgeschädigten Eltern gezeugt worden war. Er war ein schuldloses Opfer der Auswirkungen. Es wäre verwerflich gewesen, ihn wegen seiner monströsen Gestalt zu verachten und ihn herablassend zu behandeln.
Aus seiner Kehle drang ein grollender Ton.
Meine gewiß nicht kleine Hand verschwand völlig in seiner Pranke. Obwohl ich auf seinen Händedruck vorbereitet war, ging ich, wie schon so oft, in die Knie, was ihn zu einem bedauernden »Oh!« verleitete.
Leise stöhnend flüsterte ich ihm zu:
»Manzo, wann siehst du endlich ein, daß ich ziemlich dünne Knochen habe! Hast du eben wirklich nur zart zugedrückt?«
Er sah mich entschuldigend an. Sein kolossaler Körper wiegte sich in einer für ihn typischen Bewegung.
»Du mußt flüstern, Manzo«, sagte Hannibal von der Tür her. »Wirklich flüstern, sonst hört man dich überall im Boot.«
Ich mußte unwillkürlich lachen, aber der Mutant nahm es mir nicht übel. Er war durchaus nicht gekränkt, wenn man seine körperliche Stärke und damit auch sein anomales Organ erwähnte. Er schien die Laute tief in der Brust zu formen, so daß seine normale Aussprache eine gewaltige Tonstärke erreichte.
Anschließend flüsterte er wirklich. Es war immer noch laut genug.
Ich gab Hannibal einen Wink. Die Tür glitt bis auf einen Spalt zu. Während er wachsam den Verbindungsgang beobachtete, sagte ich leise:
»Wir müssen uns beeilen, Manzo. Warum hast du das Signal gegeben? Sind Nachrichten durchgekommen?«
»Ja, Sir. Mein Kleines hat gerufen.«
Es berührte mich eigenartig, daß er diesen Ausdruck für Kiny gewählt hatte. Der so monströs wirkende Mutant besaß feinere Gefühlsempfindungen als mancher normal gestaltete Erdenbürger.
»Wortlaut?« fragte ich gespannt. »Ist die telepathische Verbindung gut? Wir sind wieder unter einer dicken Eisdecke.«
Die Augen waren der Spiegel seiner Seele. Wenn man ihn genau kannte, war es nicht schwierig, seine Empfindungen daraus abzulesen. Augenblicklich erschien es mir, als wollte er sich über mich amüsieren, da ich wieder seine unglaublichen Para-Fähigkeiten angezweifelt hatte.
Nun, ich bin nur ein Mensch mit normalen Empfindungen. Wer kann es mir verübeln, wenn sich mein nüchterner Verstand gegen etwas sträubte, was noch mein Großvater als übersinnlich oder Scharlatanerie angesehen hätte!
Telepathie ist eine Gabe, die kaum ein Parapsychologe, geschweige denn ein durch und durch logisch denkender Mensch erklären kann. Unser Geist verfügt nicht über die Voraussetzung, dieses Phänomen eindeutig zu analysieren und begreiflich werden zulassen.
Die Ironie verschwand aus Manzos Blick, als er mit grollender Stimme einwarf:
»Doch, Sir, die Verbindung ist sogar sehr gut. Hat Ihnen Kiny nicht gesagt, daß Entfernungen keine Rolle spielen? Sie ist mir schon sehr nahe. Ich fühle es, auch wenn ich nicht sagen kann, wieso ich es fühle. Ich glaube, Sir, ich muß doch ein Ungeheuer sein.«
Die letzten Worte zeugten von der Depression, die ihn ab und zu überkam. Er wußte nur zu gut, daß die Männer der Besatzung voll Abscheu auf ihn niederblickten. Für ihn mußte es furchtbar sein, wenn er vielleicht ungewollt den Bewußtseinsinhalt eines Menschen erfaßte und daraus Entsetzen oder offenen Hohn ablas.
Hannibal und ich waren gegen eine Bewußtseinserfassung auf telepathischer Ebene immun. Wir besaßen keine normalen Gehirne mehr.
Wahrend ich noch verlegen nach Worten suchte, konnte Hannibal, seinem Naturell entsprechend, eine vorlaute Bemerkung nicht
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