Hölle unter Null Grad
gesprochen. Stell dir vor, hundert Meter tiefer, als wir überhaupt tauchen können! Wir nähern uns dem fünfundsiebzigsten Breitengrad Süd. Der Polarkreis liegt weit hinter uns. Das Wasser wird schon flacher. Nach den letzten Vermessungen schwanken die Wassertiefen im Weddell-Meer zwischen zweihundert und vierhundertfünfzig Meter. Es gibt einige Gräben, die bis auf achthundert Meter reichen, aber das sind noch keine elfhundert.«
»Es muß einen großen Einschnitt im Meeresboden geben, der als indirekte Fortsetzung des Tunnels anzusehen ist«, behauptete ich gefaßt. »Diese Schlucht ist uns nur nicht bekannt.«
Er lachte gekünstelt. Auf seiner Stirn bemerkte ich wieder dicke Schweißperlen.
»Gut gebrüllt, Löwe«, spöttelte er. »Wenn wir das genau wüßten, brauchten, wir nicht mit einem alten Boot in der Gegend herumzufahren. Es wäre doch entschieden einfacher, in dem komischen Meeresgraben und direkt vor dem Tunneleingang eine starke H-Bombe zu zünden, die ein Stück der Antarktis in der Form von Wasserdampf und glutflüssiger Materie in den Himmel reißt. Dann könnten wir unsere Sucherei einstellen. Aus dem Inferno gäbe es für die Verbrecher kein Entrinnen. Alles wäre zerstört. Gib mir den Befehl. Ich bringe die Bombe persönlich unter das Filchner-Schelfeis, wo auf dem zweiundfünfzigsten Längengrad West der Eingang liegen soll. Auf einige Meilen mehr oder weniger kommt es nicht an. Wenn sich die Druckwelle einer Achtzig-Megatonnen-H-Bombe in dem Heißwasser-Tunnel entfaltet, dann erstreckt sich ihre Ausdehnung noch zwanzig Meilen weiter landeinwärts. Wie ist das, Langer? Du hast alle Vollmachten!«
Drängend, mit funkelnden Augen sah er mich an. Ich stand steif aufgerichtet vor ihm. Er hatte recht, unser Problem wäre damit schlagartig gelöst gewesen. Ich hätte es tun können, und vielleicht hätte ich auch die Anweisung gegeben, wenn ich nicht an die anderen Aussagen des Verstorbenen hätte denken müssen.
Danach hatte der vorzüglich getarnte U-Boot-Hafen mit dem »Werk« überhaupt nichts zu tun. Das lag weit im Innern des eisigen Kontinents. Außerdem konnte ich die Explosion einer starken H-Bombe im Weddell-Quadranten nicht riskieren, da wir nur wenige hundert Meilen östlich eine große Station unterhielten.
Wir wußten, daß die Antarktis durchaus nicht so leblos war, wie es auf Grund der gigantischen Eismassen den Anschein hatte. Unter dem kilometerdicken Eis gab es Vulkane. Im Roß-Quadranten waren nicht nur eine, sondern drei eisfreie Zonen gefunden worden. Dort bedeckte warmes Wasser gewaltige Bodenflächen, und gelegentlich waren typische Vulkanausbrüche beobachtet worden.
Infolgedessen lebte der Kontinent am Südpol. Mit der Unterwasser-Detonation einer starken H-Bombe konnte ich unter Umständen eine Hölle entfesseln, die den ganzen Erdteil schädigen würde. Es war ein Erdteil, das stand außer Frage.
Ich schüttelte langsam den Kopf. Das Flackern in Hannibals Augen erlosch. Müde abwinkend meinte er:
»Okay, Langer, schon gut. Es war nur so ein Gedanke. Du brauchst mir nichts zu erklären. Es ist unsere Aufgabe, möglichst harmlos in den Tunnel einzudringen und dort herauszufinden, wo eigentlich das ›Werk‹ liegt. Lassen wir es also.«
Ich klopfte ihm wortlos auf die Schulter.
Wir zwängten uns durch den Laufgang zwischen den beiden Laderäumen und gingen weiter auf das Heck zu. Dort gab es eine weitere kleine Kammer, die eigentlich als Geräteraum gedacht war. Dicht dahinter lag das Untersetzungsgetriebe, dessen Arbeitsgeräusch nur schwach vernehmbar war.
Hannibal zog einen Schlüssel aus der Tasche und schob ihn in das
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