Höllen-Mädchen
abzuschrecken!
Somit war Trents Plan, mit dem er die Unterstützung der Zentauren gewinnen wollte, wieder fehlgeschlagen. Aber Trent, der inzwischen Böser Magier genannt wurde, war ebenfalls dickköpfig und gab nicht auf. Er wanderte zum Norddorf und befolgte die einfachen Ratschläge, die ich ihm damals gegeben hatte. Jeden, der sich irgendwie einmischen wollte, verwandelte er in ein völlig harmloses und häufig hilfloses Wesen. Wollte ihn ein Mann umbringen, verzauberte er ihn in einen Fisch und überließ ihn seinem Schicksal. Fand der Fisch kein Wasser, mußte er eben sterben. Über wen Trent sich auch nur im mindesten ärgerte, den verwandelte er in ein harmloses Tier oder in eine Pflanze. Zum Beispiel lief ihm einmal ein Mann namens Justin vor die Füße – und wurde zu einem mitten im Dorf stehenden Baum. Manche Leute verzauberte er in ganz merkwürdige Gestalten: rosa Drachen, zweiköpfige Wölfe, an Land lebende Tintenfische oder Geldfüßler. Ein Mädchen, das ihm einmal eine falsche Auskunft gab, wurde zu einem geflügelten Zentaurenfohlen. In ihrer Art war sie eine attraktive Erscheinung – allerdings auch die einzige. Verzweifelt flüchtete sie zur Hirnkoralle und flehte um Asyl, was ihr natürlich gewährt wurde. Fortan lebte sie in deren Wasserbecken, von allen vergessen. Viele erfuhren, wie der Böse Magier mit seinen Widersachern umging und stellten sich deshalb lieber auf seine Seite. So entstand eine Umsturzbewegung, die immer mehr an Macht gewann.
Der Sturmkönig mußte sein ganzes Talent zu seiner Verteidigung einsetzen. Er beschwor einen gewaltigen Sturm. Doch im Alter von dreiundsiebzig Jahren begannen seine Kräfte zu schwinden. Statt des Sturms entfachte er bloß einen Wind mit Nieselregen und ein paar Hagelkörnern.
Anscheinend konnte nichts und niemand den Bösen Magier davon abhalten, den Sturmkönig in die Enge zu treiben und ihn in eine Küchenschabe zu verwandeln. Aber der alte König war schlau. Er bestach einen von Trents Vertrauten, damit dieser Trent mit einem Schlafzauber belegte. Mit vollem Erfolg – kurz vor der Vollendung seiner Pläne fiel Trent in einen Tiefschlaf.
Freunde bemühten sich, Trents schlafenden Körper noch rasch in Sicherheit zu bringen. Doch da sich nun niemand mehr vor Trent ängstigen mußte, wuchs der Mut der Gefolgsleute des Königs ins Unermeßliche, und sie nahmen die Verfolgung auf. Die einzige Möglichkeit, den schlafenden Magier zu retten, bestand darin, ihn aus Xanth herauszubringen. Der Grenzposten am Schild ließ sie passieren, weil er meinte, daß Trent auf diese Weise niemals wieder zurückkehren könnte.
Die Rechnung schien aufzugehen. In Mundania wußte aus dem einfachen Volk kaum jemand, was im Königreich geschah. Deshalb erfuhren wir erst nach zwanzig Jahren Trents weiteres Schicksal in Mundania. Er wurde dort heimisch, heiratete und hatte einen Sohn. Doch dann verlor er Frau und Kind durch die mundanische Pest. Das sollte noch entscheidende Auswirkungen für Xanth haben. Deshalb erwähne ich es überhaupt.
Damit war der Umsturz gescheitert – der Sturmkönig hatte gesiegt. Bestimmt war ich nicht der einzige, der das bedauerte. Es war nun mal Xanths Schicksal, in dieser Mittelmäßigkeit zu verharren.
In den folgenden zwölf Jahren blieb im Grunde genommen alles beim alten. Sofia war nun fünfundsechzig Jahre alt und wollte nach Mundania zurückkehren, um dort zu sterben. Ich versuchte alles mögliche, sie davon abzuhalten. Mit dem Argument, daß ich doch schon einhundertundzwei Jahre alt war, vermochte ich sie nicht umzustimmen. So mußte ich sie nach fünfunddreißig Ehejahren schweren Herzens ziehen lassen. Sie hatte mir immer sorgfältig die Socken gestopft, und es war wirklich nicht ihre Schuld, daß unser Sohn so mißraten war.
Danach kehrte im Schloß Ruhe ein. Schon lange war mein Sohn aus dem Hause und nun sogar auch meine Frau. In dieser Einsamkeit wurde ich noch mürrischer, als ich es ohnehin schon gewesen war. Eigentlich hatte ich gedacht, daß ich genießen würde, mich voll und ganz meinen magischen Studien widmen zu können, aber ich mußte feststellen, daß dies zuviel des Guten war. Außerdem türmten sich meine Socken zu gewaltigen Bergen.
Eines Tages kam eine junge Frau zu mir. Ihr Name war Sterrn weil ihre Augen wie zwei Sterne funkelten; das schien ihre Magie zu sein. Mittlerweile war ich so einsam, daß ich mich schon freute, wenn ich überhaupt jemanden zu Gesicht bekam; sogar dann, wenn er nur eine
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