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Höllen-Mädchen

Titel: Höllen-Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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das den Schloßgraben bewachte – es war immer erheiternd, ihm bei der Arbeit zuzusehen. Als nun die Gorgone versuchte, den Graben in dem dafür vorgesehenen Boot zu überqueren, stieß das Horn solche Nebelwolken aus, daß der Gorgone Hören und Sehen verging. Sofort nutzte das Boot ihre Verwirrung, wendete und kehrte ans Ufer zurück. Das war der Zauber des Bootes, das augenblicklich zu seinem Anleger zurückkehrte, sobald es nicht gesteuert wurde. Ein ehemaliger Bittsteller hatte es während seiner Dienstzeit für mich gebaut.
    Als der Nebel sich lichtete, bot die Gorgone ein bemerkenswertes Bild: Ihr Schlangenhaar zischte vor Ärger, und das Kleid klebte eng an ihrem Körper. Ich hatte sie mir zwar üppig vorgestellt, aber jetzt wußte ich, daß ich sie bei weitem unterschätzt hatte. Ich erinnerte mich an unser erstes Gespräch und auch daran, daß sie in der allzu kurzen Zeit unseres Zusammenseins offenbar in mich vernarrt gewesen war. Eine äußerst angenehme Erinnerung für mich, doch sie würde das inzwischen natürlich vergessen haben. Oder doch nicht? Aber warum sollte ich mich zum Narren machen?
    Dumm war die Gorgone nicht. Sie dachte einen Augenblick nach und versuchte es noch einmal. Diesmal steuerte sie das Boot direkt auf das Nebelhorn zu, denn nur daran konnte sie sich orientieren. Da es sich auf der Innenseite des Grabens befand, hatte sie bald übergesetzt. Ich wäre auch enttäuscht gewesen, wenn sie das nicht herausgefunden hätte.
    Auch die beiden anderen Prüfungshindernisse umschiffte sie mit Bravour und betrat das Schloß. Ich brasste die Segel und drehte vor ihr bei. Von nahem war sie noch beeindruckender als aus der Ferne. Ihr Gesicht war dicht verschleiert – einschließlich ihrer tödlichen Augen –, aber alles übrige war unglaublich aufregend. Ich war jetzt einhunderteinundzwanzig Jahre alt, doch in ihrer Gegenwart fühlte ich mich eher wie einundachtzig. Unsere erste Begegnung, an die ich mich gern erinnerte, war ein unerwarteter Genuß gewesen. Damals hatte ich ihr Gesicht unsichtbar gemacht, damit sie nicht länger die Männer, die ihrem Blick begegneten, in Stein verwandelte.
    Selbstverständlich war die Wirkung ihres Blicks während der Zeit der fehlenden Magie aufgehoben worden. Alle Männer, die sie bis dahin in Stein verwandelt hatte, waren auf einmal ins Leben zurückgekehrt, und ich versichere, sie hatte sie nicht aufgehalten.
    Klar, ich hätte ihre Frage gleich in Angriff nehmen und die Antwort rasch geben sollen, aber ich ließ mir Zeit, um unsere zweite Begegnung voll auszukosten. Daher trödelte ich etwas herum. »Was hast du in der Zwischenzeit so getrieben, Gorgone?« Ich bemühte mich um eine freundliche Annäherung, so weit es mir überhaupt nur möglich war. Das war sehr anstrengend – aber weniger für sie als für andere, denn mir war es im Grunde egal, was die anderen dachten.
    »Im Anschluß an die Zeit der fehlenden Magie kehrte mein Gesicht wieder in seinen ursprünglichen Zustand zurück, und da ich in Xanth nicht noch mehr Schaden anrichten wollte, folgte ich deinem Rat und ging nach Mundania, wo es bekanntlich keine Magie gibt. Es schmerzte mich, denn ich liebte Xanth, aber weil ich Xanth liebte, wollte ich mein Leid erdulden.« Hinter dem Schleier verzerrte sich ihr Gesicht. Ich konnte es an dem veränderten Umriß erkennen. »Mundania war furchtbar langweilig, doch was du mir gesagt hattest, entsprach der Wahrheit: Ich war dort vollkommen normal, und durch meinen Anblick versteinerte niemand. Schließlich fand ich mich damit ab und nahm eine Stellung als exotische Tänzerin an, denn ich hatte den Eindruck, daß die mundanischen Männer den Anblick meines Körpers liebten.«
    Ich versuchte, meine Augen von eben diesem Körper loszureißen, und tat entrüstet. »Die Mundanier sind wirklich merkwürdig«, murmelte ich und war mir bewußt, was für ein Heuchler ich war.
    »Aber nach einiger Zeit vermißte ich Xanth mehr, als ich ertragen konnte«, fuhr sie nachdenklich fort und atmete dabei so tief ein, daß ein Knopf an ihrem Ausschnitt abzuspringen drohte oder mir beinahe ein Glas aus der Brille sprang. »Die Magie, die magischen Wesen, sogar Oger und Gewirrbäume waren zu angenehmen Erinnerungen verblaßt. Ich spürte, daß ich für die Magie geboren war. Sie war ein Teil meines Wesens, und ich konnte ohne sie nicht leben. Dennoch wollte ich niemandem Schaden zufügen. Also bin ich zurückgekehrt, um den Mann aufzusuchen, den ich am meisten

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