Höllen-Mädchen
Gorgone.
Erwog sie tatsächlich, mich zu heiraten? Dann mußte sie die Erfahrung machen, was es hieß, mit einem Gnom von einem Mann verheiratet zu sein. Ich zeigte mich absichtlich von meiner schlechtesten Seite. Wenn das sie nicht davon abhielt, mich zu heiraten, dann konnte nichts sie davon abhalten.
Keine Frage, natürlich würde es sie abhalten! Aber fairerweise mußte ich sie so behandeln, denn die Gorgone war trotz ihres unsichtbaren Gesichts mehr Frau, als ich es verdient hatte.
Dennoch überstand sie sogar diese Prüfung. Als ihr Dienstjahr zu Ende ging, gab ich ihr meine Antwort: »Ja, ich würde dich heiraten, wenn du mich darum bätest.« Für sie ging ich auch durch die Hölle.
Sie sann eine Weile über meine Antwort nach. »Da wäre noch eine andere Angelegenheit. Ich wünsche mir eine Familie. Ich habe zuviel Liebe nur für einen Mann. Sie sollte auch auf ein Kind überfließen können.«
»Leider bin ich zu alt, um noch den Storch zu rufen«, gab ich zu bedenken.
»Nun, es gibt eine Phiole mit Elixier vom Jungborn in einem Regal«, wandte sie ein. »Du könntest etwas davon trinken und wärst wieder jung genug.«
»Gibt es das tatsächlich? Elixier vom Jungborn? Das habe ich nicht gewußt!«
»Ich habe ja immer gesagt, daß du in deinem Schloß eine Frau brauchst. Du kannst noch nicht mal deine Socken zusammenhalten.«
Damit hatte sie mich festgenagelt. Zaghaft wandte ich ein: »Dennoch, ich müßte eine ganze Ecke jünger werden, um…« So erfreulich die Gesellschaft gewisser Nymphen einst gewesen sein mochte, war ich ehrlich gesagt doch selten so weit mit ihnen gegangen, denn es war ohne Bedeutung für sie. Ob ich überhaupt dazu in der Lage war, falls ich mich wirklich dazu entscheiden sollte? Ich hatte ernsthafte Zweifel.
»Warum versuchen wir nicht, es herauszufinden? Ich werde die Nacht mir dir verbringen, und du kannst einige Tropfen Elixier einnehmen, bis du jung genug bist.« Sie war sehr praktisch veranlagt, und auch dieser Zug an ihr gefiel mir gut.
Ihr Vorschlag machte mich neugierig. Ich benötigte wahrscheinlich mehr Elixier, als ich vorrätig hatte, aber einen Versuch war es wert. Ich konnte mir ja schon morgen neues Elixier besorgen, da ich natürlich wußte, wo sich der Jungborn befand. Also kam die Gorgone noch in derselben Nacht in einem durchsichtigen Nachthemd und mit dem besagten Fläschchen zu mir. Augenblicklich fühlte ich mich vierzig Jahre jünger und wünschte, es wären achtzig.
Sie küßte mich. Ihr Gesicht war zwar unsichtbar, aber ich konnte sie spüren. Ihre Lippen lagen auf meinen. Das Gefühl, alt zu sein, verminderte sich schlagartig um weitere zwanzig Jahre. Dabei hatte ich noch keinen einzigen Tropfen des Elixiers eingenommen!
Doch ich mußte erkennen, daß Gefühle nicht dasselbe bedeuteten wie Realität, denn mein Körper hinkte ziemlich hinterher. Ich mochte zwar das Verlangen eines jungen Mannes haben, aber meine Standfestigkeit reichte einfach nicht aus.
Um mich nicht in Einzelheiten zu verlieren, will ich nur sagen, daß jeder Tropfen Jugendelixier mein Alter um zehn Jahre verringerte, so daß sich zwei Tropfen als ausreichend erwiesen. Im körperlichen Alter von einhundertundzwei und in der aufregenden Nähe dieses prachtvollen Geschöpfes stellte ich fest, daß ich jung genug war. Gesundheit, Jugend und Liebe erfüllten die Nacht. Gewiß hätte ich bei jeder anderen Frau ein paar Tropfen mehr benötigt.
Und so verlobten wir uns erst einmal, denn wir hatten es mit der Hochzeit nicht so eilig. Ungefähr alle zehn Jahre nahm ich einen weiteren Tropfen des Jugendelixiers, um mein körperliches Alter konstant bei etwa hundert Jahren zu halten. Es war die glücklichste Zeit meines Lebens. Hoffentlich galt das auch für die Gorgone.
Währenddessen hatten sich auch die weniger interessanten Dinge weiterentwickelt. So war Dor, der Sohn von Bink, inzwischen dank der Großzügigkeit des Dämons zum Magier herangereift. Er konnte zu unbelebten Dingen sprechen und sie dazu bringen, ihm Antworten zu geben. Dennoch war er unzufrieden, denn ihm fehlte die körperliche Statur seines Vaters, weshalb er von anderen Jungen oft gehänselt wurde. So versetzte er sich ungefähr achthundert Jahre in die Vergangenheit zurück und begab sich auf die Suche nach dem Wiederherstellungselixier, das es Millie der Magd (früher einmal ein Gespenst) ermöglicht hatte, ihren Zombie-Freund Jonathan ins Leben zurückzurufen. Obgleich Dor erst zwölf Jahre jung gewesen
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