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Höllen-Mädchen

Titel: Höllen-Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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nicht über ihre Fehler belehren zu wollen. So einigten wir uns auf einen Kompromiß: Sollte jemand fragen, antwortete ich wahrheitsgemäß, daß ich kein Magier sei. Sollte niemand fragen, gab ich auch keine Auskunft. Rückblickend war das vergleichbar mit unserem Auftreten als Nichtmitglieder der Verschwörung der Erwachsenen.
    Einen Teil meiner Freizeit beschäftigte ich mich mit den Grauzonen dieser Ethik und gelangte schließlich zu der Auffassung, daß es mich nichts anginge, was die Leute denken mochten. Wenn sich beispielsweise ein Dorfmädchen hübsch zurechtmachte und Holzkohle auf ihre Augenbrauen strich oder Rotbeerensaft auf ihre Lippen, dann bestand meine Aufgabe nicht darin, dem nachzugehen, es sei denn, ich wurde extra darum gebeten. Am besten beließ man die Leute in ihren wie auch immer gearteten Illusionen, insbesondere dann, wenn man gut mit ihnen auskommen wollte. Mit dieser Einstellung, die sich während meiner Arbeit verfeinerte, war ich stets gut gefahren, denn ich war auf die Kooperation der Leute angewiesen, denen ich begegnete.
    Der König hatte mir die Aufgabe übertragen, die menschliche Bevölkerung Xanths unter die Lupe zu nehmen und eine Auflistung aller magischen Talente zu erstellen. Vor allem war der König an machtvollen Fähigkeiten interessiert, denn er hegte die Hoffnung, aus dem jungen Volk einige besonders magisch Begabte ausfindig zu machen, die möglicherweise das Zeug zu einem König hatten. Denn nur ein fähiger Magier durfte den Thron besteigen. Zur Zeit gab es keinen Anwärter, und König Ebnez wurde immer älter. Er war sechsundsechzig Jahre alt und nicht mehr bei bester Gesundheit. Ich bot ihm etwas von meinem Heilelixier an, aber er lehnte ab, weil er Drogen kein Vertrauen schenkte. Zwar war ich anderer Meinung als er, weil ich die Auffassung vertrat, daß alles, was hilft, auch benutzt werden solle, doch stand es mir nicht zu, mit dem König zu streiten. So konzentrierte ich mich auf meine Aufgabe und behielt meine Meinung für mich. Das war eine ausgezeichnete Schule für meine Selbstdisziplin.
    Ich begann an der südlichen Spitze Xanths und arbeitete mich in Richtung Norden vor. Es wohnten nicht sonderlich viele Menschen auf der Halbinsel – und diese lebten auch noch weit verstreut und versteckt in Sümpfen und Felsspalten. Deshalb kam ich mit meinen Nachforschungen nur langsam voran. Sollte ich auch nur einen einzigen Menschen übersehen, der sich später als jener Magier herausstellen könnte, nach dem Ebnez so verzweifelt gesucht hatte, dann hatte ich den eigentlichen Sinn meiner Aufgabe verfehlt. Ich erwartete nicht, daß es leicht wäre, doch es war in vielerlei Hinsicht weitaus schwieriger, als ich anfänglich auch nur ahnen konnte. Ein typisches Beispiel war folgendes Abenteuer.
    Wir überflogen das schreckliche Gebiet des Wahnsinns, und mich schauderte es schon bei dem bloßen Gedanken, diese Gegend ebenfalls zu gegebener Zeit bereisen zu müssen.
    Wir überquerten den Ogerlagersee, der seinen Namen zu Recht trug, weil er ebenso träge und seicht wie der Verstand eines Ogers vor sich hindümpelte. Danach überquerten wir den Berg Sauseschnell, wo sich die geflügelten Monster trafen. Schließlich ließen wir den Berg Parnaß hinter uns, wo der legendäre Saatbaum wuchs. Hier überkam mich die nächste schreckliche Ahnung: Mußte ich etwa auch die Mänaden aufsuchen, jene wilden Frauen, die immer mit Sack und Pack umherzogen? Mir blieb wohl nichts anderes übrig, denn ich konnte nicht davon ausgehen, daß sich ihre magischen Fähigkeiten in ihrer Blutrünstigkeit erschöpften.
    Endlich waren wir über dem Immermoor, das sich bis in die Unendlichkeit erstreckte, als ob sein einziger Zweck darin bestände, jene, die es zu betreten wagten, nie wieder freizugeben. Es war ratsam, niemals die undurchschaubare Grausamkeit der unbelebten Natur zu unterschätzen. Schließlich erreichten wir die Küste, ließen sie hinter uns und flogen zur Halbinsel der Zentauren.
    Dort landeten wir unmittelbar auf dem großen Marktplatz. Ein älterer Zentaur trabte direkt auf uns zu. Er war eine mächtige Gestalt; eine Mischung aus Mann und Pferd. »Mischlinge sind hier nicht willkommen«, sagte er grimmig.
    »Aber ich habe hier eine Untersuchung vorzunehmen«, entgegnete ich.
    »Wir scheren uns nicht darum, was ihr vorhabt. Zwei von euch sind Menschen und die anderen beiden sind geflügelte Pferde. Ihr seid allesamt Mischlinge, und wir wollen unsere Heimat reinrassig halten.

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