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Höllen-Mädchen

Titel: Höllen-Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Reist also möglichst schnell wieder ab.«
    Diese Einstellung verschlug mir die Sprache. Die Zentauren, die ich auf dem Festland kennengelernt hatte, waren einigermaßen gesellige Wesen – vorausgesetzt, man behandelte sie mit Respekt. »Ich bin im Auftrag des Königs von Xanth unterwegs«, begann ich. »Jede Person, die über ein magisches Talent verfügt, soll erfaßt und dem König gemeldet werden.«
    »Zentauren besitzen keine Magie«, erwiderte der Zentaur abweisend. Ich bemerkte, daß ich nicht nur meine Unwissenheit preisgegeben, sondern ihn auch noch versehentlich beleidigt hatte.
    Glücklicherweise sprang MähreAnne für mich ein. »Das ist uns bekannt, mein Herr. Wir hielten es für möglich, daß sich unter euch ein paar minderwertige Menschen aufhalten. Wenn wir sie erst einmal ausfindig gemacht haben, sind wir auch sofort wieder verschwunden. Der König wird zufrieden sein, und niemand wird euch jemals wieder belästigen.«
    Der alte Zentaur taxierte sie mit seinem Blick, MähreAnne lächelte ihn an. Dieser Teil des Täuschungsmanövers darf keinesfalls unerwähnt bleiben: MähreAnne war doppelt so schön wie sonst, wenn sie lächelte. Das war ein Effekt, den ich seitdem auch bei anderen beobachten konnte: zufällige Magie – unabhängig vom jeweiligen Talent. MähreAnne wirkte in diesem seltsam magischen Augenblick, als sie so auf ihrem geflügelten Roß saß, wie eine zauberhafte Zentaurendame. Hätte sie mir dieses Lächeln geschenkt, wäre ich auf der Stelle dahingeschmolzen. Zwar war der alte Zentaur zu stolz, seinen Gefühlen so viel Raum zu gewähren, doch konnte auch er es nicht verhindern, sich ein bißchen erweichen zu lassen. Schließlich war er seinem Wesen nach zu einem Teil auch Pferd, und MähreAnne besaß die Macht, Pferden ihren Willen aufzuerlegen. »Bei uns leben einige Diener«, räumte er ein. »Also gut, ich werde euch Chrissy zuweisen. Sie wird euch führen.«
    Auf einen Wink des Alten trabte die Zentaurin Chrissy heran. Sie war ein reizendes Geschöpf und ungefähr in unserem Alter. Das Haar wehte ihr wallend um den Kopf und ging übergangslos in die Mähne über. Aus menschlicher Sicht waren ihre üppigen, bloßen Brüste sehr beeindruckend, während aus zentaurischer Sicht ihr braunes Fell ausgesprochen liebreizend wirkte. Unsere geflügelten Pferde zeigten sich von ihrer Flanke genauso beeindruckt wie ich von ihrem Vorderteil. Zentauren trugen keine unbequeme Kleidung, und Schamhaftigkeit war ihnen fremd. »Hallo«, sagte sie schüchtern.
    »Hallo«, erwiderten MähreAnne und ich wie aus einem Munde.
    »Zeige ihnen unsere Menschen«, forderte der Alte sie auf und trabte davon.
    »Oh, wie schön, daß unsere Menschen mal Besuch bekommen!« sagte Chrissy. »Ich bin sicher, daß sie sich manchmal etwas einsam fühlen.«
    So begann also meine Untersuchung. Es handelte sich bei den wenigen Männern und Frauen auf der Halbinsel tatsächlich um Diener, doch ihre Talente waren kaum der Rede wert: sie beherrschten nur Taschenspielertricks. Es gibt Magie, die wahrlich mächtig ist, wie zum Beispiel die Fähigkeit, einen großen Felsen in tausend Stücke zu zerschmettern. Manches allerdings ist kaum der Rede wert, beispielsweise, wenn jemand eine fast unmerkliche Verfärbung auf einer Wand erscheinen läßt. Die meisten menschlichen Wesen verfügen über Magie, aber nur sehr wenige über starke Magie. Die Menschen der Zentaurinsel hatten anscheinend nichts Besseres zu tun, als den Zentauren ihre Dienste anzutragen. Sie misteten ihnen die Ställe aus, fegten die Dächer ihrer Behausungen und verrichteten all jene Arbeiten, die unter der Würde eines Zentauren lagen. Und waren dabei so zufrieden, wie man es von ihnen erwartete.
    Doch wie man es bei Dienern vermuten konnte, kannten sie Geheimnisse ihrer Herrschaften. Eines, das sie mir verrieten, erweckte einen ganz bestimmten Verdacht in mir. »Du weißt, die Zentauren behaupten, keine magischen Talente zu haben«, flüsterte mir eine Scheuermagd in einem günstigen Augenblick zu, als die Zentaurin Chrissy sich gerade zu einem anderen Menschen umdrehte. »Ich bin aber sicher, das stimmt nicht! Sie wollen es bloß nicht zugeben, weil es als anrüchig gilt, über Zauberkräfte zu verfügen.«
    Das war eine jener Widersprüchlichkeiten des zentaurischen Wesens. Einerseits verrichteten sie ihre alltäglichen Bedürfnisse vor aller Augen ohne jegliches Schamgefühl. Andererseits bestraften sie Magie mit gesellschaftlicher Ächtung. Sie

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