Höllenbote Angela
mich, nein, es war nicht möglich. Ich kam auch nicht ganz hoch, denn plötzlich war der andere wieder da. Er stand schräg vor mir, auch nicht weit entfernt, und er stand auch im Licht.
Trotzdem konnte ich seinen Kopf und auch sein Gesicht nicht sehen, denn beides wurde von einer dunklen Strickmütze verborgen. Nur für die Augen waren Löcher gelassen worden.
Unter dem Mützenstoff klang eine flüsternde aber durchaus harte und verständliche Stimme auf.
»Wenn du dich bewegst, bist du tot!«
Ich hatte verstanden. Es waren nicht nur einfache, drohende Worte gewesen. Unterstrichen wurden sie durch die Maschinenpistole, deren Mündung dicht unter dem Kinn die Haut an meinem Hals berührte…
***
Wenn sie es schafft, dich zu drehen und dann zu beißen, bist du verloren. Dann hängt sie an dir wie eine Klette, und du hast nicht die Spur einer Chance.
Das alles zuckte durch den Kopf des FBI-Agenten, als er von der Wucht des Aufpralls zu Boden gestoßen wurde, allerdings recht weich fiel, so daß sich sein Gesicht gegen die feuchte Erde drückte wie gegen einen nassen Schwamm.
Er bekam keine Luft mehr. Abe hatte zudem den Mund nicht schnell genug geschlossen. So war er sich vorgekommen wie jemand, der vor Wut in die Erde hineinbeißen wollte. Seine Zähne klemmten im Dreck fest. Er spürte ihn auf der Zunge, er spürte auch noch das Gras und hatte den Eindruck, daß kleine Tiere in seinen Mund krabbeln wollten.
Die Blutsaugerin hockte auf ihm.
Er spürte ihr Gewicht auf seinem Kücken. Sie war nicht unbedingt schwer, aber sie hatte einen Arm ausgestreckt, die Finger der Hand zudem gespreizt und drückte sie nun – zusammen mit dem Daumen – gegen Abes Hals. So war es ihm nicht möglich, den Kopf anzuheben und nach Luft zu schnappen. Genau das war sein Problem. Er bekam keine Luft mehr. Er rang verzweifelt danach. Er hatte zuvor nicht einatmen können. Er mußte mit der wenigen Luft auskommen, die noch in seinen Lungenflügeln steckte, aber das würde nicht lange reichen.
Es war furchtbar. In seinem Kopf tat sich etwas. Es schienen Blitze zu sein, die seinen Schädel spalten wollten, und diese Blitze setzten sich um in Gedanken, die ihm zuvor noch nicht gekommen waren. Er wußte, daß auf seinem Rücken eine Blutsaugerin hockte, die sich auch durch große Kraftanstrengung nicht wegschaffen ließ. Das alles nahm er hin, mußte er hinnehmen, doch seine Gedanken drehten sich um ein anderes Thema. Es traf ihn wie schwache Momentaufnahmen. Er kam nicht mehr zurecht. Alles drehte sich in seinem Kopf.
Fragmente schälten sich dann hervor.
Vampire brauchen Blut. Sie beißen. Sie wollen das Blut sprudeln sehen. Sie wollen es trinken. Sie reißen ihren Mund auf. Sie schlucken es, um zu überleben.
Blut von lebendigen Menschen.
Von lebendigen!
Nicht von Toten!
Trotz seiner Panik, die eine Folge der Atemnot war, schöpfte er so etwas wie Hoffnung. Tote bluten nicht. Das hört dann auf. Und Vampire waren keine Ghouls, keine Leichenfresser. Sie brauchten den lebendigen Menschen.
I )er doppelte Druck blieb auch weiterhin bestehen. Aber der G-man schwamm weg. Er hatte das Gefühl, leicht zu sein. Er glitt einfach aus seinem Körper hervor, es trieb ihn irgendwohin. Er spürte keine Schmerzen im Kopf mehr, und die Brust, die Lungen, in denen die Luft fehlte, wollten auch nicht mehr platzen.
Der Tod? Kam er? War alles umsonst? Hatte er falsch gedacht?
Und dann der Schrei!
Sein Schrei, denn jemand hatte seine Haare gepackt und seinen Kopf hochgezerrt. Es war ein brutaler, mörderischer Griff. Sein Gesicht wurde nicht mehr gegen den Boden gepreßt, er riß den Mund auf, ohne daß es ihm bewußt gewesen wäre.
Dann atmete er.
Er saugte die Luft. Er hörte sich ächzen, keuchen, wie auch immer. Der Dreck klebte nicht nur in seinem Gesicht, er hatte auch den Weg in seine Augen gefunden, die jetzt tränten und die Augen dabei leerspülten, so daß Abe Douglas wieder besser sehen konnte. Besser, aber nicht gut, denn gewisse Dinge verschwammen vor seinen Augen. Da war die Rückfront des Hauses nur noch ein tanzender Schatten, und auch der Boden bewegte sich auf und nieder wie ein Meer, das ihn letztendlich verschlucken wollte. Aber er blieb liegen.
Festgehalten von der kalten Totenklaue einer Blutsaugerin, die als Mensch eine Mörderin gewesen war. Der nächste Ruck.
Ein brennender Schmerz schoß durch seinen Kopf. Douglas glaubte, die Hälfte seiner Haare verloren zu haben. Er brüllte auf, aber nur in seinem Innern,
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