Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hoellenengel

Hoellenengel

Titel: Hoellenengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thráinn Bertelsson
Vom Netzwerk:
dazu in der Lage gesehen, uns auch nur zu einer Tasse
Kaffee einzuladen.«  
     
    *****
    Obwohl es kaum hundert Meter Fußweg zum Sommerhaus des
Bankers waren, nahm Hervar seinen Spazierstock mit.
    Ásdís sagte nichts. Sie ging hinter ihrem Ehemann
her. Schaute direkt geradeaus und vermied es, unterwegs in das
Gebüsch zu sehen. Sie blieb stehen, als Hervar die Veranda,
die um das Sommerhaus führte, betrat und wartete, während
er an der Haustür rüttelte und durch das Fenster
lugte.
    »Hier ist kein Schwein«, sagte Hervar. »Und es
ist ausgeschlossen, dass der Kater hier reingelaufen
ist.«
    »Woher weißt du das?«, fragte
Ásdís, die sich über die Schnelligkeit, mit der
ihr Ehemann zu diesem Urteil gelangt war, wunderte.
    »Weil hier das ausgefeilteste Einbruchssicherungssystem
installiert ist, das ich jemals gesehen habe«, sagte Hervar.
»Wenn hier eine Scheibe zerbricht, geht alles los, und bei
der geringsten Bewegung im Innenraum beginnt das System zu piepsen.
Und dann sind hier überall Überwachungskameras. Schau mal
da. Und da.« Ásdís folgte dem Fingerzeig ihres
Mannes bis zur Dachtraufe, ohne etwas zu entdecken, was einer
Kamera ähnelte.
    »Das ist nicht lustig«, sagte Hervar.
    »Was denn?«
    »Verstehst du nicht, dass uns gerade jemand beobachten kann?
Das sind so vollkommene Geräte, dass der Besitzer uns jetzt
auf seinem Computer oder seinem Mobiltelefon sehen kann. Was meinst
du, wie das aussieht, wenn die Nachbarn in deine Fenster
hineingaffen wie irgendwelche Perversen?«
    »Das ist mir so was von egal«, sagte
Ásdís. »Bist du sicher, dass nirgendwo ein
Fenster offen steht?«
    »Da bin ich mir absolut sicher«, antwortete
Hervar.
    »Aber am besten gehen wir einmal rundherum, jetzt, wo wir uns
sowieso schon zu Deppen gemacht haben.«
    Er war schnell fertig. »Hier ist alles abgeschlossen«,
sagte er und blieb auf der Veranda stehen.
    »Dann komm«, sagte Ásdís. »Wir
sehen mal nach dem alten Sommerhaus.«
    »Da ist doch nie jemand«, sagte Hervar.
    »Komm.«
    »Augenblick«, sagte Hervar.
    Mit einem besorgten Blick beobachtete Ásdís ihren
Mann, der in die Luft schaute und mit den Händen
gestikulierte, die Handflächen vorzeigte und sich verbeugte,
als wäre er kurz davor, ein Gebet zu sprechen. Dann fuchtelte
er mit den Händen und zeigte auf sich selbst und danach auf
die Tür und die Fenster. Verneigte sich dann tief und winkte
noch einmal, bevor er von der Veranda sprang.
    »Was sollte denn das darstellen?«, fragte
Ásdís.
    »Ich habe nur versucht, diesen Kameras zu verstehen zu geben,
dass ich nachgeschaut habe, ob auch alle Fenster verschlossen sind
und alles in Ordnung ist, damit der Mann nicht den
Sicherheitsdienst oder die Polizei ruft.«
    Das alte Sommerhaus auf der Halbinsel war seinerzeit wahrscheinlich
von jemand Betuchtem erbaut worden, aber was damals groß war,
wirkte jetzt klein. Im Norden des Hauses war ein dichtes
Wäldchen, um das sich schon lange niemand mehr gekümmert
hatte, und einige hochgewachsene Fichten schienen sich gegen die
knorrigen kleinen Birken im Kampf ums Sonnenlicht durchgesetzt zu
haben.
             
    Auf der Rückseite, vom See abgewandt, waren drei Fenster mit
hölzernen Läden. Als die beiden näher kamen, sahen
sie, dass sich am Südgiebel zwei Fenster befanden, die nicht
durch Läden geschützt waren. Hervar versuchte,
hindurchzulinsen, aber hinter den schmutzigen Scheiben behinderten
ausgeblichene Vorhänge die Sicht. Ásdís stand
hinter ihm und prustete in die Luft.
    »Die Vorhänge sind zugezogen«, sagte Hervar.
»Das ist ja nichts Unnormales.«
    »Bemerkst du den Geruch nicht?«, fragte
Ásdís und verzog das Gesicht.
    Hervar tat seiner Frau den Gefallen und stellte sich neben sie, um
zu schnuppern. Er verstand jedoch nicht, was sie meinte, bevor er
um die Ecke des Hauses ging und vorsichtig auf die morsche Veranda
an der Vorderseite des Sommerhäuschens stieg.
    Er schnappte nach Luft und kämpfte gegen die Übelkeit an,
als ihm klar wurde, dass der Verwesungsgeruch, der seine Sinne
vernebelte, wahrscheinlich nicht von verdorbenen Lebensmitteln
stammte.
    Es bestand kein Zweifel daran, dass der Geruch aus dem Haus kam.
Vier kleine Scheiben, rot, grün, blau und gelb, waren in der
Haustür. Die gelbe Scheibe war zerbrochen. Sich hineinzubeugen
und das Schnappschloss durch das Loch von innen zu öffnen, war
einfach.
    Hervar zögerte ein wenig und klopfte dann vorsichtig mit der
Spitze seines Spazierstocks an die

Weitere Kostenlose Bücher