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Höllenflut

Höllenflut

Titel: Höllenflut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler
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verrückt?« schrie Boone zurück, als er
weggeschleift wurde. »Sie setzen sie hundertprozentig auf
Grund!«
»Hat er recht, Ming Lin?« fragte Hungtschang den
Rudergänger. »Werden Sie uns auf Grund setzen?«
Lin lächelte verkniffen. »Ich habe dieses Schiff in der
Computersimulation bereits über zweihundertmal flußaufwärts
gesteuert.«
»Sind Sie dabei jemals auf Grund gelaufen?« hakte
Hungtschang nach.
»Zweimal«, erwiderte Ming Ling, ohne den Blick von der
Fahrrinne zu wenden. »Bei den ersten beiden Versuchen, aber
danach nicht mehr.«
Hungtschangs braune Augen leuchteten auf. »Halten Sie sich
bitte an die Geschwindigkeitsbeschränkung. Neugier können wir
durchaus erregen, aber wir dürfen keinerlei Argwohn erwecken,
jedenfalls nicht in den nächsten Stunden.«
Hungtschang war auf Qin Shangs persönliche Anordnung hin
dazu auserkoren worden, die United States auf ihrer Fahrt
flußaufwärts zu befehligen. Von Qin Shangs Seite aus war das
nicht nur ein klarer Vertrauensbeweis, sondern es steckte auch
ein Gutteil Berechnung dahinter. Der Kapitän auf dieser Fahrt
brauchte zwar nicht unbedingt Erfahrung im Umgang mit
Ozeandampfern zu haben, aber wenn er eine Besatzung nahm,
die bereits in Amerika war, sparte er viel Zeit und Geld, weil er
die Leute nicht eigens aus Hongkong einfliegen lassen mußte.
Vor allem aber war er der Meinung, daß die weitaus
erfahreneren Offiziere an Bord seiner Kreuzfahrtschiffe weniger
entbehrlich waren als der Kapitän und die Besatzung der Sung
Lien Star.
Hungtschangs Aufgabe beschränkte sich mehr oder minder
darauf, daß er die Inspektoren von Zoll und
Einwanderungsbehörde an Bord begrüßte und sich in großer
Pose auf der Brücke zeigte, während das Schiff an den
Menschenmassen vorüberglitt, die beide Ufer säumten.
Genaugenommen war er nur Zierat. Die fünfzehn
Besatzungsmitglieder, die sich neben den zwanzig
schwerbewaffneten Wachmännern der Qin Shang Maritime an
Bord aufhielten, waren hauptsächlich Abwrackexperten, dazu
noch ein paar Ingenieure für Notreparaturen, falls das Schiff
angegriffen und beschädigt werden sollte.
An die Gefahren dieser Fahrt mochte Hungtschang nicht
denken. Ganze vierundzwanzig Stunden wollte Qin Shang seine
Dienste in Anspruch nehmen. Für seine Flucht zur rechten Zeit
war bereits gesorgt. Hubschrauber hielten sich bereit, die ihn,
die Kampfeinheiten und seine Besatzungsmitglieder ausfliegen
sollten, sobald die Ladungen gezündet und das Schiff an der
richtigen Stelle versenkt war. Qin Shang hatte ihm versichert,
daß er als reicher Mann nach Hause zurückkehren werde.
Vorausgesetzt natürlich, das Unternehmen verlief nach Plan.
Er seufzte. Jetzt ging es nur noch darum, die scharfen
Flußbiegungen zu umfahren, ohne anderen Schiffen ins Gehege
zu kommen, und die sechs Brücken zu meistern, die ihn hinter
New Orleans erwarteten. Vom Head of Passes aus waren es
knapp hundertfünfzig Kilometer bis zur Stadt. Die Fahrrinne im
Unterlauf des Flusses war zwar durchschnittlich zwölf Meter
tief und gut dreihundert Meter breit, aber noch nie zuvor war ein
Schiff von den Ausmaßen der United States den Mississippi
aufwärts gefahren, Denn weiter oben wurde das Fahrwasser
deutlich enger und flacher, so daß ein derart großer Dampfer
dort kaum noch Spielraum hatte.
Nachdem sie Venice passiert hatten, die letzte Stadt am
Westufer, zu der eine Straße führt, säumten Tausende von
Menschen die Ufer und genossen den großartigen Anblick. Die
Schüler hatten ausnahmsweise freibekommen, damit sie dieses
einmalige Ereignis miterleben konnten. Hunderte von kleinen
Booten fuhren tutend, trötend und pfeifend hinter dem Schiff
her. Zwei Kutter der Küstenwache, die sich kurz nach dem Head
of Passes an die United States gehängt hatten, hielten sie in
sicherem Abstand.
Die Menschen am Ufer schwiegen teils ehrfürchtig, andere
wiederum winkten und johlten, als die United States die
scharfen Flußbiegungen umschiffte, in denen ihr langer Rumpf
fast die ganze Fahrrinne einnahm und das Heck mit den langsam
mahlenden Schrauben fast das gegenüberliegende Ufer streifte.
Es war Ende April, und durch das Schmelzwasser, das von hoch
oben im Norden über zahlreiche Nebenflüsse in den Mississippi
strömte, stand der Pegel ungewöhnlich hoch. Hungtschang war
für jeden zusätzlichen Zentimeter dankbar.
Er zog den Riemen an seinem Fernglas zurecht, setzte seine
Mütze auf und trat hinaus auf die Brückennock. Auf den

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