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Höllenfracht

Höllenfracht

Titel: Höllenfracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dale Brown
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wären die meisten Piloten allein bei der Erwähnung des Wortes »Verrat« schon in die Knie gegangen.
    Wascholtow musterte ihn einen Augenblick. Papendrejow hätte auch aus Berlin stammen können oder von noch weiter westlich.
    Kopenhagen. Oder England. Er war von durchschnittlicher Größe, aber sehr breitschultrig, mit kurzgeschorenem blondem Kraushaar und engstehenden blauen Augen, die offen und listig zugleich waren.
    Seine Stiefel waren auf Hochglanz poliert, jeder Reißverschluß war ordentlich zugezogen und jedes Abzeichen seiner Fliegermontur perfekt an seinem vorgeschriebenen Platz. In fünf Jahren war dieser junge Pilot vermutlich Kommandeur... Die neue Generation, dachte Wascholtow... Aber im Augenblick jedenfalls war diese neue Generation noch Empfänger eines ordentlichen Rüffels ...
    Wascholtow wußte selbst gut genug, wie schnell Tatendrang und Unruhe, Langeweile, Disziplinlosigkeit und Insubordination sich in einer Einheit ausbreiteten, in der die Männer, besonders die ganz jungen, glaubten, der Kommandeur sei zu lasch. Er mußte es also so oder so hinter sich bringen ...
    »Vermutlich werden Sie mir jetzt erzählen, daß Ihr Funkgerät nicht funktionierte.«
    »Meinem Funkgerät fehlte absolut nichts, Towarisch
    Geschwaderkommandeur. «
    »Schweigen Sie, Papendrejow! Schweigen Sie, oder Sie sind hier und jetzt Ihre Schwingen los!« Er umkreiste den Piloten einige Male wie ein Hai sein Beuteopfer. Papendrejow stand unbeweglich stramm.
    »Achtundvierzig Stunden Eis- und Schneeräumdienst für diese Disziplinlosigkeit, Flugkapitän Papendrejow! Vielleicht kühlen Ihnen ein paar sibirische Nächte Ihr Mütchen und Ihren Hitzkopf!
    Seien Sie froh, wenn ich Sie nicht auf Dauer dazu abkommandiere!«
    Papendrejow konnte sich nun doch nicht mehr beherrschen.
    »Towarisch Geschwaderkommandeur, ich hatte den Eindringling doch! Ich sah die amerikanische B-52 vor mir! Ich habe sogar eine Rakete auf sie abgeschossen!«
    »Sie haben was ... ?«
    Papendrejow stand nach wie vor unbeweglich stramm. »Ich entdeckte den Bomber auf dreihundert Meter über Grund. Ich verfolgte ihn bis auf siebzig Meter Höhe -«
    »Siebzig Meter? Sie haben einen Abfangjäger auf siebzig Meter hinuntergeflogen? Ohne Genehmigung? Ohne -«
    »Ich habe ihn dort entdeckt! Ich hatte ihn auf dem Radar, aber seine Frequenzüberlagerung war zu stark. Also hängte ich mich mit dem Infrarot-Suchsystem an ihn. Ich konnte mich bis auf drei Kilometer an ihn heranpirschen!«
    Wascholtow unterdrückte seine Ungehaltenheit über die Eigenmächtigkeit des jungen Piloten, ihn wieder zu unterbrechen.
    »Weiter.«
    »Dann kam der Befehl, zum Stützpunkt zurückzukehren. Ich wartete, solange ich konnte. Ich feuerte noch, ehe ich gleich darauf der Anordnung zur Rückkehr Folge leistete, aber inzwischen hatte ich schon die Spur verloren. Sie mußten meinen Funkverkehr geortet haben -«
    »Sie feuerten auf die B-52?« In vierzig Jahren Dienst war Wascholtow noch kein Fall vorgekommen, daß irgend jemand unter seinem Kommando auf irgend etwas oder irgend jemanden wirklich geschossen hatte - mit Ausnahme von Zielattrappen natürlich. »Und haben Sie ... getroffen?«
    »Ja, ich glaube, ich habe ihn getroffen«, antwortete Papendrejow und wünschte sich, seine Aussage klänge etwas sicherer und nicht so zögerlich. Jetzt hörte sie sich so an, als lüge er.
    »Sie hätten selbst getötet werden können!« fuhr Wascholtow ihn an. »Sie hätten zu jeder Zeit abstürzen können! Bei einer Flughöhe von siebzig Metern! Bei Nacht, in den Bergen, ohne Radarführung...!
    Sie sind ein zu großes Risiko eingegangen! Es ist Ihnen doch klar, daß darüber ein Rapport angefertigt werden -«
    »Lassen Sie ihn mich noch einmal jagen!« unterbrach ihn Papendrejow zum dritten Mal. »Ich weiß, ich kann ihn wiederfinden.
    Er hat ein Heck-Radar, das sich auf vierzig Kilometer anpeilen läßt.
    Er fliegt mit lediglich fünfhundert, höchstens sechshundert Stundenkilometern ... Ich kann ihn kriegen! Ich kann lange genug oben bleiben, bis ich ihn an das Infrarot-System bekomme. Wenn man sich als Jäger an ihn hängt, ohne Radar zu benutzen, kann er einen nicht entdecken.«
    »Ohne Radar ... ?« Wascholtow war so verblüfft, daß ihm fast die Sprache wegblieb. Dieser Papendrejow hatte sich mitten in den Kamtschatka-Bergen herumgetrieben, und das nachts - und er hatte die Nachtfluggenehmigung ohnehin erst seit kurzer Zeit - und in siebzig Meter Höhe, gut tausend Meter niedriger als er

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