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Hoellenglanz

Hoellenglanz

Titel: Hoellenglanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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drehte sich zu ihr um, und als er wieder sprach, war seine Stimme fast unheimlich melodisch. Ähnlich wie ihre, nur tiefer, maskuliner, fast hypnotisch. Ich stand wie festgewurzelt da und lauschte.
    »Über zwei Jahrzehnte lang hast du auf meinen Ruf nicht geantwortet. Wo warst du?«
    »Ja, wisst Ihr, das ist eine merkwürdige Geschichte. Und ich werde sie Euch mit Vergnügen erzählen, sobald ich …«
    »Erwartest du von mir, dass ich auf den Moment warte, an dem es dir gerade passt?« Die Stimme war leise, aber trotz der Hitze im Raum brachte sie mich zum Schaudern.
    »Ganz sicher nicht, Sir, aber ich habe ein Abkommen mit dieser …«
    »Sterblichen?« Er fuhr herum, als sähe er mich zum ersten Mal. »Du hast ein Abkommen mit einem sterblichen
Kind
getroffen?«
    »Wie schon gesagt, es ist eine merkwürdige Geschichte, und sie wird Euch mit Sicherheit …«
    »Sie ist eine Nekromantin.« Er trat auf mich zu. »Dieser Schimmer …«
    »Ist er nicht hübsch? Die Bandbreite bei diesen sterblichen Paranormalen ist bezaubernd. Sogar die Schwächsten von ihnen haben noch etwas mitbekommen, diesen hinreißenden Schimmer zum Beispiel.«
    »Das Leuchten eines Nekromanten liefert einen Hinweis auf seine Kräfte.«
    »Aber ja, und das ist auch gut so – sie ist eine so schwache Nekromantin, sie braucht sicherlich ein sehr helles Leuchten, um überhaupt Geister anzuziehen.«
    Er gab ein wegwerfendes Schnauben von sich und kam auf mich zu. Ich wich nicht zurück – allerdings nur deshalb, weil ich vor Angst wie erstarrt war.
    Er war ein Dämon. Ein wirklicher Dämon. Ich wusste es mit einer Gewissheit, bei der mir die Knie weich wurden.
    Er blieb unmittelbar vor mir stehen, sah auf mich herunter und nahm mich in Augenschein. Dann lächelte er.
    »Also«, sagte die Quasi-Dämonin – Diriel. »Ich werde einfach noch schnell dieser armen, wehrlosen kleinen Nekromantin helfen …«
    »Aus reiner Nächstenliebe, nehme ich an.«
    »Hm, nein, es sieht so aus, als ob das alberne kleine Ding mich befreit hätte. Vollkommen unabsichtlich. Ihr wisst ja, wie Kinder sind, immer müssen sie mit den Mächten der Dunkelheit herumpfuschen. Also hat es jetzt den Anschein, als ob sie mir einen Gefallen getan hätte, und wenn Ihr mich meinen Teil der Abmachung erfüllen lasst, Sir, komme ich augenblicklich nach …«
    »Wie mächtig muss ein Nekromantenkind eigentlich sein, um einen Quasi-Dämon zu befreien?«, sinnierte er. »Ich spüre deine Macht, Kleine. Sie haben irgendwas mit dir gemacht, nicht wahr? Ich habe keine Ahnung was, aber es ist wundervoll.«
    Seine Augen leuchteten, und ich spürte, wie sie mich sezierten, als könne er ins innerste Herz meiner Kraft spähen, und als er es tat, lächelte er wieder, und ich schauderte.
    »Vielleicht, aber sie ist doch ein Kind, mein Herr. Ihr wisst, was das Abkommen von Berithia über das Anwerben Minderjähriger sagt. Ziemlich unfair natürlich, aber sie wird ja bald erwachsen sein, und wenn Ihr mir gestatten wollt, das Mädchen zu kultivieren, indem ich meine Seite des Abkommens einhalte …«
    Er warf einen Blick in ihre Richtung. »Was du da auch für einen Handel mit dem Kind abgeschlossen hast, du kannst deine Verpflichtungen ein andermal einlösen. Ich lasse dich nicht so ohne weiteres gleich wieder verschwinden. Du neigst dazu, dich davonzustehlen.«
    »Aber sie …«
    »Ist mächtig genug, um dich zu rufen, wenn sie will.« Er wandte sich wieder mir zu, und bevor ich zurückweichen konnte, hatte er mir die Hand unters Kinn gelegt und es mit Fingern umschlossen, die mir merkwürdig warm vorkamen. Er hob mein Gesicht an und murmelte: »Wachse heran und werde stark, Kleine. Stark und mächtig.«
    Ein Schwall heißer Luft. Diriels Stimme flüsterte: »Es tut mir leid, Kind.« Und dann waren sie verschwunden.
    Ich sprang über den zusammengesackten Körper des Wachmanns hinweg und rannte zur Tür. Der Knauf drehte sich, bevor ich ihn auch nur berührt hatte. Ich sah mich um, bereit zur Flucht, aber es gab keinen Ort, an den ich mich hätte flüchten können. Ich zog die Waffe heraus und stellte mich mit dem Rücken zur Wand. Die Tür öffnete sich. Eine Gestalt spähte zu mir herein.
    »Tante Lauren«, flüsterte ich.
    Die Knie schienen unter mir nachzugeben. Es hatte eine Zeit gegeben, da war mir ihre ständige Bemutterung auf die Nerven gegangen. Aber nach zwei Wochen, in denen ich mich nur auf mich selbst und auf andere Jugendliche hatte verlassen können, die ebenso ratlos

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