Höllenjagd
Geschwindigkeit müssten wir in einer Stunde Salinas erreichen. Danach kommt Soledad.«
»Wie spät ist es?«, fragte Bell und fingerte, ohne die Hände vom Lenkrad zu nehmen, die Uhr aus der Tasche.
»Zehn nach elf«, antwortete Bronson über das Knattern hinweg. »Ohne genau zu wissen, wie schnell wir fahren, kann ich nicht sagen, wann wir Cromwells Zug einholen werden - wenn überhaupt.«
Bell nickte. »Der Wagen hat keinen Geschwindigkeitsmesser oder Tachometer, aber ich schätze, dass wir bei einhundertvierzig liegen.«
Bronson hatte sich allmählich an den Wind, der ihm ins Gesicht blies, und die Telegrafenmasten, die in Lichtgeschwindigkeit vorbeirauschten, gewöhnt. Doch dann kam ein besonders holperiger und ausgefahrener Straßenabschnitt, und Bronson konnte sich plötzlich vorstellen, wie es sich in der Schwanzspitze einer verrückt gewordenen Klapperschlange anfühlen musste. Mit einer Hand umklammerte er mit aller Kraft die Armlehne seines Sitzes, während er mit der anderen fleißig die Benzinpumpe bediente.
Sie holperten über die schmale, gewellte Landstraße und fuhren nach Monterey County hinein, bevor sie die Farmergemeinde von Salinas erreichten. Die Felder entlang der Straße waren im Frühlingsgrün traumhaft schön. Zum Glück war die Hauptstraße, die durch die Stadt führte, kaum befahren. Es gab lediglich zwei Automobile und ein paar Pferdewagen, die an den Bürgersteigen standen. Die Leute hörten das laute Knattern des Locomobile-Auspuffs, als der Wagen die Stadt durchquerte. Sie drehten sich um und sahen den großen feuerroten Wagen durch das Geschäftsviertel ihrer Stadt brausen. Sie hatten keine Gelegenheit, ihre Neugier zu befriedigen, weil das rasende Gefährt bereits wieder aufs offene Land hinausfuhr.
»Wie heißt die nächste Stadt?«, fragte Bell.
Bronson sah auf die Karte. »Soledad.«
»Wie weit?«
»Ungefähr vierzig Kilometer. Wir sollten tanken, denn bis zur nächsten größeren Stadt sind es zweihundert Kilometer.« Er drehte sich um und betrachtete den riesigen zylinderförmigen Messingtank hinter den Sitzen.
»Wie viel fasst er?«
»Zweihundert Liter.«
»Es muss in Soledad eine Tankstelle geben, wo Automobile und Landwirtschaftsmaschinen betankt werden.«
Bronson hatte die Worte kaum ausgesprochen, als das linke Hinterrad über einen spitzen Stein rollte und platzte. Der Locomobile schlingerte ungefähr hundert Meter weit, bevor Bell ihn unter Kontrolle bringen und anhalten konnte.
»Das war nur eine Frage der Zeit«, sagte Bell resigniert. »Einer der Nachteile von Straßenrennen.«
Innerhalb von drei Minuten hatte er einen Wagenheber unter die linke Hinterachse geschoben, während Bronson einen der beiden Ersatzreifen hinten aus dem Fahrzeug nahm. Bell montierte das Rad ab und ersetzte es innerhalb von zehn Minuten. Seit er den Locomobile besaß, hatte er schon zahlreiche Reifen gewechselt, die bei halsbrecherischer Geschwindigkeit den Geist aufgegeben hatten. Er löste den Schlauch vom Rad und warf ihn Bronson zu. »Unter dem Sitz ist Flickzeug. Reparieren Sie den Schlauch, während ich fahre. Ich werde ihn wieder auf das Rad aufziehen, wenn wir in Salinas sind.«
Sie waren kaum wieder auf einer einigermaßen flachen Straße unterwegs, als vor ihnen ein Heuwagen auftauchte, der von zwei Pferden gezogen wurde. Der Farmer, der glaubte, im Umkreis von einer Meile allein zu sein, fuhr genau in der Mitte und ließ nur wenig Platz zwischen dem Unkraut und Gestrüpp entlang der staubigen Straße und den Zäunen, die Felder mit Artischocken, Chilischoten, Champignons und Kopfsalat umgaben.
Bell bremste den Wagen ab, hatte allerdings keine andere Wahl, als den Locomobile halb von der Straße herunterzulenken und den Heuwagen im Abstand von nur wenigen Zentimetern zu überholen. Doch es war nicht genug Platz für ein sauberes Manöver. Er riss einen guten Meter eines brüchigen Holzzauns heraus, zum Glück, ohne den Wagen dabei ernsthaft zu beschädigen. Lediglich der rechte vordere Kotflügel wurde verbogen und streifte den Reifen, als sie durch ein Schlagloch fuhren. Bell blickte sich nicht um und sah deshalb den Farmer nicht, der die Faust schüttelte und ihn verfluchte, während sich seine Pferde aufbäumten und beinahe den Heuwagen umrissen. Der Mann war auch nicht gerade glücklich darüber, in eine Staubwolke gehüllt zu werden, die von den Reifen des Locomobile aufgewirbelt wurde.
»Was für ein verrückter Mistbauer«, sagte Bronson, während er sich
Weitere Kostenlose Bücher