Hoellennacht
jemand da?«
» Zu der Zeit, als er sich getötet hat? Nein. Er hatte alles Personal, das er noch hatte, am Vorabend nach Hause geschickt.«
» Es haben also noch immer Leute im Haus gearbeitet? Obwohl es vollkommen leergeräumt war?«
» Er hatte wohl noch einige wenige Leute. Eine alte Frau, die gekocht und ein bisschen geputzt hat, und ihr Mann hat nach dem Garten geschaut. Der Fahrer hat gleichzeitig den Butler gemacht.«
» Sie haben nicht vielleicht deren Telefonnummern, oder?«
» Warum denn? Gibt es ein Problem?«
» Nein, ich brauche einfach nur jemanden, der das Haus in Schuss hält, und da dachte ich, mit dem alten Personal fahre ich am besten«, log Nightingale. » Ich bin ehrlich gesagt mit Schrubber und Putzlappen nicht besonders geschickt.«
» Das gilt für uns beide.« Der Beamte lachte. » Ich schau mal in meinen alten Unterlagen nach. Kann ich Sie unter dieser Nummer zurückrufen?«
» Tag und Nacht«, antwortete Nightingale und beendete das Gespräch.
Er ging an den Bücherregalen vorbei und fuhr mit den Fingern über die Buchrücken. Bei einem Buch mit dem Titel Der Teufel und seine Werke blieb er stehen und zog es heraus. Es war ein großer, ledergebundener Band von Sir Nicholas Weatherby, erschienen 1924. Nightingale fragte sich, wieso ein Adliger ausgerechnet ein Buch über den Teufel schrieb. Er blätterte zum Index. Es gab vier Stellen zum Thema » den Teufel beschwören«. Die erste war nur eine kurze Erwähnung, die zweite und die dritte waren Bibelzitate über Satan, aber die vierte Stelle nahm ein halbes Dutzend Seiten im letzten Kapitel ein. Nightingale trug das Buch zu Goslings Schreibtisch und setzte sich zum Lesen hin.
Sir Nicholas begann mit einer strengen Warnung vor den Gefahren jeder Art von Kommunikation mit satanischen Kräften. Viele, die sich damit abgäben, kämen bei dem Versuch ums Leben oder würden wahnsinnig, und nur sehr erfahrene Satanisten sollten jemals versuchen, Kontakt zum Teufel oder seinen Dämonen aufzunehmen. Nightingale lachte über die blumige Sprache des Autors– dieser Stil schien eher zu einem Liebesroman von Barbara Cartland zu passen als zu einer ernsthaften Beschäftigung mit den dunklen Künsten.
Im nächsten Abschnitt beschrieb Sir Nicholas einen Bannspruch, der, wie er sagte, das Erscheinen von Satan persönlich garantierte. » Er darf«, so Sir Nicholas, » nur von einem Satanisten neunten Grades verwendet werden, der sich im Schutz eines magischen Kreises befindet, welcher mit vom Papst persönlich gesegnetem Weihwasser verstärkt wurde.«
Nightingale begriff nicht, wie man mit dem Wiederholen einiger weniger Worte, die völlig sinnlos wirkten, überhaupt irgendetwas bewirken konnte, vom Beschwören des Teufels ganz zu schweigen. Er stand auf und rezitierte mit lauter Stimme langsam den ersten Satz. » Bagabi laca bachabe Lamc cahi achababe Karrelyos«, sagte er. Er hielt inne und lauschte, aber alles war still. Er lächelte in sich hinein. Was hatte er denn erwartet? Schwefelgeruch? Einen Blitzstrahl? Das war einfach Unsinn. » Lamac lamec Bachalyas«, fuhr er fort. Wieder hielt er inne. Nichts hatte sich verändert. Es war nicht kälter oder wärmer geworden, nicht heller oder dunkler. Nichts wies darauf hin, dass die Worte überhaupt irgendeine Wirkung hatten. Sein Herz raste, und sein Mund war trocken, obwohl er wusste, dass das Ganze eine Farce war. Er hielt den Finger auf die Seite gelegt, um nicht in der Zeile zu verrutschen, und fuhr fort: » Cabahagy sabalyos Baryolas Lagoz atha cabyolas Samahac et famyolas Harrahya.«
Als er fertig war, legte er das Buch weg und stand auf. » Ist jemand da?«, fragte er. Seine Stimme hallte im Keller wider. » Irgendjemand?« Er lächelte. » Hatte ich es mir doch gedacht. Das Ganze ist Unsinn.« Er hielt das Buch über den Kopf hoch. » Wenn das hier kein Unsinn ist und wenn es wirklich einen Teufel gibt, dann schmettere mich jetzt nieder– tu das Schlimmste. Los, komm schon, du Schwein! Treib es, so schlimm du nur kannst!«
Er erblickte sich in einem Spiegel mit reich verziertem, vergoldetem Rahmen, und merkte, wie lächerlich es von ihm war, auch nur mit dem Gedanken zu spielen, mit ein paar gemurmelten Worten könnte man einen Teufel aus der Hölle beschwören. Er zwinkerte seinem Spiegelbild zu. » Ich mache nur Spaß«, sagte er.
Er wandte sich ab und ging zu der Wand mit den Überwachungsbildschirmen. Auf einem der geteilten Bildschirme bewegte sich etwas. Ein Wagen vor der
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