Hoellenpforte
echt schwerfallen.«
Noch vor ein paar Stunden hätte Matt ihm wahrscheinlich zugestimmt. Aber jetzt musste er daran denken, wie Han Shantung die Statue von Scar oder Lin Mo, wie er sie nannte, angesehen hatte. »Ich denke, sie sind auf unserer Seite.«
»Kann sein.« Richard griff nach Matts verletzter Hand und drehte sie um. Ein dunkler Fleck zeichnete sich auf der Bandage ab. »Trotzdem hätte er dir das nicht antun dürfen.«
»Das habe ich mir selbst angetan«, entgegnete Matt. »Ich war unkonzentriert.«
Jamie stellte sich neben sie. »Ich glaube, er will, dass wir mit ihm gehen«, sagte er und deutete mit einem Kopfrucken auf ihren Fahrer. Er gähnte. »Hoffentlich haben die auf diesem Schiff anständige Betten.«
Der Hafen machte nicht viel her: weißer Beton, ein paar Poller und Bogenlampen, deren hartes, kaltes Licht alles noch abweisender wirken ließ. Der Regen hatte nachgelassen und war einem feinen Nieseln gewichen. Der Fahrer führte sie zu einem Schiff, das am Kai lag.
Es war ein alter, verwitterter Frachtkahn mit nur zwei Decks. Das untere diente als Frachtraum, war offen und damit Wind und Wetter ausgesetzt. Matt konnte sehen, dass er voller Holzkisten stand, die alle dieselbe Aufschrift trugen: KUNG HING TAO. Die Kabine lag auf dem Oberdeck. Da sie rundherum Fenster hatte, erinnerte sie ihn an ein Treibhaus. Zwei Funkmasten, eine Radarschüssel und ein Schornstein, aus dem bereits schwarzer Rauch quoll, ragten in die Luft. Außen hingen rundherum Autoreifen, die einen Zusammenprall mit der Kaimauer verhindern sollten. Mit der abblätternden Farbe und den Rostflecken sah der Kahn aus, als wäre er von einem Schiffsfriedhof gerettet worden. Matt hoffte inständig auf eine ruhige See.
»Wir haben Gesellschaft«, bemerkte Richard.
Ein Mann war aufgetaucht und stieg von der Kabine herunter. Er trug Gummistiefel, die die Metallstufen zum Klappern brachten. Als er ins Licht trat, sahen sie, dass er kein Chinese war. Er war Europäer, ein großer Mann mit einem Bart, dunklen Augen und lockigem schwarzem Haar. Sein ganzes Gesicht sah irgendwie ramponiert aus: aufgesprungene Lippen, gebrochene Nase und Adern, die durch die Haut schimmerten. Entweder hatte ihm das Wetter das angetan, zu viele Jahre auf See, oder er war einmal Boxer gewesen – aber sicher kein besonders erfolgreicher. Er trug Jeans, einen grob gestrickten Pullover und eine dunkelblaue Regenjacke, auf deren Schultern die Tropfen funkelten. Seine Hände waren riesig und ölverschmiert.
»Guten Abend, meine Freunde«, sagte der Mann. »Willkommen auf der Moon Moth. « Damit hatte er zwar sein Schiff vorgestellt, aber nicht sich selbst. Er hatte eine tiefe Stimme und einen spanischen Akzent. Die Worte schienen irgendwo aus seiner Brust zu kommen. »Mr Shan-tung hat mich gebeten, mich um euch zu kümmern. Seid ihr bereit, an Bord zu kommen?«
»Wie lange wird die Überfahrt dauern?«, fragte Richard zweifelnd.
»Drei Stunden, vielleicht länger. Wir sind nicht so schnell wie das Tragflächenboot und das Wetter ist auch keine Hilfe. Dieser Regen! Er könnte uns aufhalten, also je schneller wir aufbrechen, desto besser.« Der Mann nahm eine Pfeife aus seiner Tasche und steckte sie sich in den Mundwinkel. »Ich mache die Überfahrt oft bei Nacht, falls es das ist, was euch beunruhigt«, fuhr er fort. »Niemand wird Notiz von uns nehmen. Und jetzt lasst uns nicht länger im Regen herumstehen, sondern aufbrechen.«
Er machte kehrt und ging wieder an Bord. Richard tauschte einen Blick mit Matt. Matt zuckte mit den Achseln. Der Kapitän war nicht gerade freundlich gewesen, aber das konnten sie wohl auch nicht erwarten. Diese Leute waren Verbrecher. Sie befolgten nur Befehle. Die Torhüter waren ihnen genauso gleichgültig wie jeder andere – sie brauchten also nicht auf Erste-KlasseLuxus und ein Lächeln zu hoffen.
Richard hatte seinen Rucksack dabei, in dem sich all ihr Gepäck befand. Er warf ihn sich über die Schulter und sie folgten dem Mann. Als sie an die Leiter kamen, war Matt erleichtert, dass sie normale Sprossen hatte und keine Schwerter. Beim Hochsteigen bemerkte er einen Chinesen in schmutzigen Jeans und einer Öljacke, der eine Plane über die Kisten zog. Einen Moment lang trafen sich ihre Blicke und der Mann starrte Matt mit unverhohlener Feindseligkeit an. Dann spuckte er aus und fuhr mit seiner Arbeit fort. Er schien das einzige Besatzungsmitglied an Bord zu sein.
Es war nicht viel Platz in der Kabine, die noch älter
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