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Hoellenpforte

Hoellenpforte

Titel: Hoellenpforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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Scheiben klatschte. Machado saß schweigend am Steuer und rauchte. Richard, Matt und Jamie im hinteren Teil der Kabine waren angespannt. Sie hatten noch nicht darüber gesprochen, was sie in Hongkong vermutlich erwartete, aber jetzt, wo sie endlich auf dem Weg dorthin waren, machte sich jeder seine Gedanken darüber. Eine ganze Stadt, Millionen von Menschen – und die Alten, die alles in Besitz genommen hatten. Sie mussten verrückt sein, sich dorthin zu wagen. Aber wenn sie Scar retten wollten, gab es keine andere Möglichkeit.
    Jamie trank seine heiße Schokolade aus und döste ein. Richard öffnete den Rucksack und ging seine Sachen durch. Er hatte Karten, Geld und Kleidung zum Wechseln eingepackt. Das kostbare Tagebuch des Joseph von Cordoba war ebenfalls dabei, in Plastik eingeschweißt, damit ihm nichts passierte. Matt sah auch etwas Goldenes aufblitzen und erkannte den Tumi – das Inkamesser.
    Richard schaute auf und begegnete Matts Blick. »Man weiß nie, wann man es brauchen wird«, sagte er. »Außerdem wollte ich es nicht bei diesem Haufen zwielichtiger Gestalten zurücklassen.« Er zog den Reißverschluss des Rucksacks zu und senkte die Stimme. »Was denkst du?«, fragte er.
    Er meinte Hector Machado – allerdings hätte er nicht zu flüstern brauchen, denn der Kapitän hätte ihn über den Lärm der Motoren ohnehin nicht hören können.
    »Shan-tung vertraut ihm«, sagte Matt.
    »Sehr freundlich kommt er mir nicht vor.«
    »Er muss auch nicht freundlich sein. Er soll uns nur hinbringen.«
    »Hoffen wir, dass er es tut.«
    Die beiden verstummten und kurz darauf waren sie eingeschlafen. Aber dann – wie es ihm vorkam, nur Sekunden später – wurde Matt durch etwas geweckt. Es war das Motorengeräusch des Schiffs, das sein Tempo verringert hatte. Der Motor lief jetzt langsamer. Es war immer noch dunkel und regnete. Aber vor ihnen waren Lichter zu sehen.
    »Du kannst deine Freunde wecken«, sagte Kapitän Machado. »Wir sind da.«
    Matt stand auf und ging ans Fenster.
    Und da war es. Es war zwei Uhr nachts, aber eine Stadt wie Hongkong schlief nie. Matt sah die vielen beleuchteten Wolkenkratzer, die in schrillem Grün, Blau oder Pink angestrahlt waren. Es sah aus, als hätte jemand die Stadt mit Leuchtstiften in die Dunkelheit gemalt. Werbe-Schriftzüge – PHILIPS, SAMSUNG, HITACHI – glühten am Nachthimmel und spiegelten sich auf dem unruhigen Wasser. Es waren auch chinesische Schriftzeichen zu sehen, die ihn daran erinnerten, wie sehr sich diese Stadt von London oder Miami unterscheiden würde. Das hier war eine andere Welt.
    Es war sehr neblig. Vielleicht ließ das viele Neonlicht es nur so aussehen, aber der Nebel hatte eine merkwürdige Farbe, ein hässliches, beinahe giftiges Gelb. Er zog über den Hafen auf sie zu und drohte sie einzukesseln, als wäre er ein lebendiges Wesen, das genau wusste, wer sie waren. Als sie vorwärtstuckerten, legte er sich auf die Scheiben der Kabine und dämpfte sogar das Geräusch der Motoren.
    Richard hatte sich neben den Kapitän ans Steuer gestellt. »Warum fahren wir so langsam?«, fragte er. Das war eine gute Frage. Sie bewegten sich kaum noch.
    »Wir wollen keine Aufmerksamkeit auf uns lenken«, antwortete Machado.
    »Haben Sie nicht gesagt, dass sich ohnehin niemand für Sie interessiert?«
    »Trotzdem kann es nicht schaden, ein wenig leise zu sein.«
    Eine weitere Minute verging.
    »Ich dachte, wir wollten nach Kaulun«, sagte Richard.
    »Wollen wir auch.«
    »Ist Kaulun nicht auf der anderen Seite?«
    Machado grinste im Dämmerlicht. Er hatte seine Pfeife weggelegt. »Die Strömung wird uns hinübertreiben«, behauptete er, und da erkannte Matt, dass er nicht die Wahrheit sagte. Sofort spürte er das altbekannte Kribbeln, das sich immer einstellte, wenn er in Gefahr war. Eine ganze Weile – es kam ihm wie eine Ewigkeit vor – passierte nichts. Sie bewegten sich nicht. Machado stand da, als wartete er darauf, dass sie es wagten, ihn herauszufordern und zu verlangen, dass er etwas unternahm. Aber im Grunde konnten sie nichts tun. Sie saßen auf seinem Schiff fest und waren ihm schutzlos ausgeliefert.
    Plötzlich flammte in der Dunkelheit ein Suchscheinwerfer auf und erfasste die Moon Moth. Gleißendes Licht schien förmlich in der Kabine zu explodieren. Ein zweiter Lichtstrahl schwenkte in ihre Richtung. Zwei Boote. Sie waren noch ein ganzes Stück entfernt, kamen aber schnell näher. Sie mussten schon die ganze Zeit auf der Lauer gelegen haben.
    Machado

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