Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hoellenpforte

Hoellenpforte

Titel: Hoellenpforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
Vom Netzwerk:
nehmen. Die Menschen werden angewiesen, zu Hause zu bleiben und nur hinauszugehen, wenn es sich absolut nicht vermeiden lässt. Später kommen dann Signal acht, ein Dreieck, Signal neun, ein Stundenglas, und schließlich das schlimmste von allen, Signal zehn. Dass dieses Signal ein Kreuz ist, passt, denn jetzt ist mit zahllosen Opfern zu rechnen.
    Und jetzt war ein Sturm dieser Stärke auf dem Weg nach Hongkong.
    Aber diesmal gab es keine Warnung. Niemand rechnete im November mit einem Taifun, denn die Wirbelsturmsaison war längst vorbei. Außerdem bildete sich ein Taifun nie so schnell. Normalerweise dauerte es mindestens eine Woche. Dieser jedoch hatte seine volle Kraft in nur einem Tag entwickelt. So etwas war nicht möglich.
    Dazu kam, dass niemand mehr da war, der die Signale hätte senden können. Die Wetterstation in Hongkong war verlassen. Die meisten Wissenschaftler waren abgereist und die restlichen hatten zu viel Angst, zur Arbeit zu kommen, solange die Stadt immer tiefer in Krankheit und Tod versank.
    Ungesehen stürmte der Drache auf sie zu. Die riesigen Wolkenkratzer waren schon in Sichtweite, doch als er sich mit Gebrüll auf sie stürzte, wirkten sie plötzlich winzig und zerbrechlich, und als die Leute merkten, was los war, war es längst zu spät.
     
    Signal zwei
     
    Der Vorsitzende der Nightrise Corporation fragte sich, wie viele Menschen in den letzten vierundzwanzig Stunden gestorben waren und wie viele es in den nächsten sein würden. Er stellte sich vor, wie sie sechzig Stockwerke unter ihm über die Gehsteige krochen, um Hilfe bettelten, die niemals kam, und schließlich elend und unter Schmerzen das Bewusstsein verloren. Er selbst würde Hongkong schon bald verlassen. Seine Arbeit war fast getan. Es war an der Zeit, dass er seine Belohnung einforderte.
    Die Alten würden ihn in Anerkennung seiner Dienste zum Herrscher über ganz Asien machen. So viel Macht hatte nicht einmal Dschingis Khan gehabt. Er würde in einem Palast leben, einem von diesen altmodischen mit tiefen Marmorbadewannen, Bankettsälen und kilometerlangen Gärten. Wer von den Führern der anderen Länder überlebt hatte, würde sich vor ihm verneigen, und jeder, der ihn jemals beleidigt hatte oder ihm in die Quere gekommen war – geschäftlich oder im Privatleben –, würde auf eine ausgeklügelte Weise sterben, die er sich bereits ausgemalt hatte. Er würde ein eigenes Theater des Blutes aufmachen und sie würden die Hauptrolle darin spielen. Und er würde alles haben, was er sich wünschte. An diese Vorstellung musste er sich erst gewöhnen.
    Er saß hinter seinem Schreibtisch in der Chefetage von ›The Nail‹ und er war nicht allein. Auf der Ledercouch, auf der nur eine Woche zuvor Scarlett Adams gesessen hatte, saß jetzt ein Mann. Er hatte eine weite Reise hinter sich und sah immer noch zerknittert aus von seinem langen Flug. Er war schon älter und trug einen schäbigen braunen Anzug, der ihm nicht richtig passte. Er hatte zwar die richtige Größe, doch er saß merkwürdig und wirkte einfach unpassend. Der Mann war kahlköpfig, hatte aber zwei weiße Haarbüschel an den Ohren und weiße Augenbrauen. Er schien sich in dem eleganten Büro nicht wohlzufühlen. Er war dort fehl am Platz, das war ihm klar. Trotzdem war er froh, gekommen zu sein. Er hatte diese Reise unbedingt machen wollen.
    Sein Name war Gregor Malenkow. Viele Jahre lang hatte man ihn nur als Pater Gregory gekannt, aber er hatte vor, das hinter sich zu lassen. Er hatte das Kloster Ruf nach Gnade für immer verlassen. Auch er war gekommen, um sich seine Belohnung abzuholen.
    »Gefällt Ihnen Hongkong?«, fragte der Vorsitzende.
    »Es ist eine außergewöhnliche Stadt«, antwortete Pater Gregory. »Wirklich außergewöhnlich. Ich war als junger Mann hier, aber da war sie viel kleiner. Die Hälfte der Gebäude gab es noch nicht und der Flughafen war auch woanders. All diese Lichter! Dieser Verkehr und dieser Lärm! Ich muss gestehen, dass ich die Stadt kaum wiedererkannt habe.«
    »In einer Woche wird sie überhaupt nicht mehr zu erkennen sein«, sagte der Vorsitzende. »Sie wird eine Nekropole sein. Ein gebildeter Mann wie Sie weiß bestimmt, was das ist.«
    »Eine Totenstadt.«
    »Genau. Die gesamte Bevölkerung hat angefangen zu sterben. Schon in wenigen Tagen wird niemand mehr übrig sein. Die Leichen stapeln sich jetzt schon auf den Straßen. Die Krankenhäuser sind überfüllt – was natürlich nichts bringt, weil die Ärzte und Schwestern auch

Weitere Kostenlose Bücher