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Hoellenpforte

Hoellenpforte

Titel: Hoellenpforte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Horowitz
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Was bedeutet das?« Nachdem sie erst einmal angefangen hatte, Fragen zu stellen, konnte sie nicht mehr damit aufhören.
    Der Mann hob eine Hand. Er hatte lange elegante Finger – wie ein Pianist. »Wir haben einander viel zu erzählen«, sagte er. »Möchtest du Tee?«
    »Nein, vielen Dank.«
    »Aber ich.« Er nickte und Papiergesicht eilte in die Küche. Offensichtlich war der Mann es gewohnt, dass man ihm gehorchte. Er sah Scarlett wieder an. »Bitte komm und setz dich.«
    Scarlett ging zur Couch. Sie war erstaunt, wie schnell die Wirkung des Betäubungsmittels nachgelassen hatte. Sie setzte sich hin und der Mann nahm ihr gegenüber Platz. Er bewegte sich langsam und gezielt. Alles an ihm wirkte irgendwie zielstrebig.
    »Mein Name ist Lohan«, sagte er. »Beantwortet das deine erste Frage? Ich bezweifle, dass meine Mitarbeiter viel mit dir reden werden, aber ich nenne dir trotzdem ihre Namen. Der Mann in der Küche heißt Draco. Und das hier…«, er deutete mit einer Kopfbewegung auf den Japaner, »… ist Red. Das sind natürlich nicht ihre richtigen Namen, aber die, die sie zurzeit benutzen.
    Zu deiner nächsten Frage – was wir von dir wollen. Ganz einfach, wir wollen dich aus Hongkong wegschaffen, so schnell es geht. Offen gesagt wäre es für alle besser gewesen, wenn du nie gekommen wärst – doch das ist ja nun nicht mehr zu ändern. Wir konnten dich nicht daran hindern, hierher zu fliegen, obwohl wir es versucht haben. Es ist wirklich erstaunlich, wie viele Leute deinetwegen schon gestorben sind.«
    Rücksicht auf ihre Gefühle nahm dieser Typ nicht gerade. Aber Scarlett wollte sich von ihm nicht einschüchtern lassen. »Ich will meinen Vater sehen«, sagte sie. »Wissen Sie, wo er ist?«
    »Leider nicht«, antwortete Lohan. »Ich bin ihm nie begegnet, doch ich vermute, dass er tot ist. In den letzten Wochen sind in Hongkong Unmengen von Leuten gestorben. Wahrscheinlich war er einer von ihnen.«
    »Sie sagen mir ins Gesicht, dass mein Vater tot ist! Ist Ihnen das so egal?«
    Lohan zuckte mit den Achseln. »Ich sagte doch, ich bin ihm nie begegnet. Warum sollte es mich also interessieren, ob er lebt oder tot ist?«
    Draco kam mit einem Tablett aus der Küche zurück, auf dem eine kleine Porzellanschale und eine Karaffe mit irgendeinem Alkohol standen – Wodka oder vielleicht Sake. Er stellte das Tablett vor Lohan ab, verbeugte sich und nahm dann seinen Platz neben der Tür ein. Lohan schenkte sich einen Drink ein. Er hielt die Schale kurz zwischen Zeigefinger und Daumen, dann kippte er sich den Alkohol in den Rachen und schluckte. Er setzte die Schale wieder ab.
    »Du willst wissen, wo du bist«, fuhr er fort. »Diese Wohnung liegt in Mog Kok, ein paar Blocks nördlich des Tin-HauTempels, in dem du dir deine Zukunft hast voraussagen lassen. Uns gehört das gesamte Gebäude und mit etwas Glück wird niemand hier heraufkommen. Solange du dich in diesem Raum aufhältst, bist du sicher. Jede Minute, die du draußen verbringst, bringt dich in größere Gefahr, als du dir vorstellen kannst.«
    »Sie meinen die Gestaltwechsler.«
    Lohan ignorierte sie. Einen Moment lang sah er an ihr vorbei, als fixierte er etwas jenseits des Raumes. Dann sprach er weiter.
    »Du musst die Natur einer Stadt verstehen«, sagte er. »Du lebst in London, also ist das, was ich dir erzählen werde, vielleicht selbstverständlich für dich. Alle Städte sind gleich. Sie haben eine Atmosphäre – nein, es ist mehr als das. Du könntest es einen Fluss nennen. Der Verkehr bewegt sich auf gewisse Weise. Züge fahren in Bahnhöfe ein und wieder hinaus. Die Menschen gehen zur Arbeit, zum Mittagessen, zum Einkaufen und wieder nach Hause. Polizisten gehen Streife. Abends erscheinen Straßenfeger und Müllabfuhr. Die Nachtbusse nehmen die Leute mit, die an der Haltestelle warten, und setzen sie am gewünschten Ort wieder ab. Alle Menschen folgen diesem Fluss, auch wenn es ihnen nicht bewusst ist. Täten sie es nicht, wäre das Leben ein einziges Chaos.
    Und jetzt sieh dir Hongkong an. Es ist eine der am dichtesten besiedelten Städte der Welt. Hier leben mehr als sieben Millionen Menschen. Das sind rund 6500 auf einem Quadratkilometer. Einige wenige von ihnen sind reich. Die meisten sind sehr arm. Und dann gibt es da noch die Millionen zwischen ihnen: Ärzte und Zahnärzte, Ladenbesitzer, Bauunternehmer, Klempner, Lehrer…«
    »Ich habe es kapiert«, unterbrach ihn Scarlett.
    »Nein, Scarlett, das hast du nicht.« Lohan hatte die Stimme

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