Hoellenprinz
also hier gesessen und sich Pornos und Actionfilme reingezogen. Das machten bestimmt 90 Prozent aller Jungs in dem Alter, es war nichts Besonderes. Sollte es das schon gewesen sein? War Daniel einfach nur wie alle anderen?
Sie wollte die Sachen zurücklegen und mit dem Abtasten der Wand beginnen. Doch da fiel ihr eine DVD aus der Hand. Das Geräusch, das sie verursachte, als sie auf dem Truhenboden landete, lieà Ela aufhorchen. Der Klang passte nicht zu dem Gesamteindruck der Truhe. Es war eine massive dunkelbraune Kiste mit kleinen Verzierungen auf dem Deckel und schmiedeeisernen Griffen an beiden Seiten. Ela legte den DVD-Stapel auf das kleine Tischchen und klopfte auf den Truhenboden. Er klang hohl. Ein geniales Versteck!, dachte sie und war sich plötzlich sicher, dass sich zwischen dieser Platte und dem eigentlichen Truhenboden ein Geheimnis befand. Sie drückte an der einen Seite fest nach unten und da hob sich tatsächlich die Platte auf der anderen Seite. Darunter kam ein groÃer weiÃer Umschlag zum Vorschein, der zwar gemessen an dem Platz, der sich hier aufgetan hatte, lächerlich klein war, aber durch sein leuchtendes Weià auf dem dunkelbraunen Holzboden verheiÃungsvoll aussah. Ela nahm ihn und überlegte kurz, ob sie ihn vielleicht besser mit jemandem zusammen öffnen sollte. Mit ihren Eltern oder mit Frau Volkmann. Doch ihre Ungeduld war zu groÃ. Sie setzte sich in den Sessel und nahm den Inhalt heraus. Es waren zwei Fotos. Ela rückte die Lampe näher heran. Auf einem war ein Fenster zu sehen, von auÃen. Und auf dem anderen ein Monitor. Dieses Foto war allerdings ziemlich unscharf. Ela legte sie beide auf die Sessellehne und drehte die Lampe so, dass sie möglichst hell erleuchtet waren. Die eine Aufnahme wurde von auÃen in eine Wohnung gemacht, durch einen Vorhangschlitz. Es war Abend und das Zimmer war hell. Jemand saà mit dem Rücken zum Fenster und schaute auf einen Monitor. Ela verglich die Fotos und erkannte, dass das unscharfe Foto eine VergröÃerung des Monitors war. Und da war ⦠Ela glaubte, nicht richtig zu sehen. Das kann doch nicht sein! Das war Luna auf dem Bildschirm. Ihre Arme hatte sie hochgehoben und sie stand nackt vor einem Spiegel. Es gab keinen Zweifel. So traumhafte Haare hatte nur Luna. Sie drehte das Foto um und sah in Daniels Schrift geschrieben: »Opfer Nr. 2«.
Ela erschrak. Was hatte das zu bedeuten? Wie viele Opfer gab es? Und was war ihnen angetan worden? Wer war das, der sich das anschaute? Wusste Luna davon? Was hatte Daniel damit zu tun? Spielte das Foto eine Rolle bei seinem Tod? Eine Frage jagte die andere. Leider war von dem Betrachter gar nichts zu erkennen. Ela konnte höchstens vermuten, dass es ein Mann war, aber sicher war sie da nicht. Es könnte auch eine Frau mit nassen oder sehr kurzen Haaren sein. Der Hintergrund sah aus wie ein privates Wohn- oder Arbeitszimmer. Ein Regal sah sie und einen Sessel. Ela nahm sich vor, mit diesem Fund morgen zur Polizei zu gehen, und steckte die Fotos zurück in den Umschlag. In dem Moment bemerkte sie, dass da noch etwas drin war. Sie drehte ihn um und ein Stick plumpste in ihren Schoà â ein USB-Stick mit acht Gigabyte.
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E la hatte in der Garage alles so hinterlassen, wie sie es vorgefunden hatte, bis auf den Umschlag, den hatte sie mitgenommen. Jetzt schaltete sie ihren Computer ein und steckte den Stick in den USB-Slot. Sie hatte keine Ahnung, was sie erwartete, und trommelte nervös mit ihren Fingernägeln auf der Tischplatte herum, während das Betriebssystem viel zu langsam hochfuhr. Am meisten erhoffte sie sich Aufschluss über die Fotos. Vielleicht gab es noch mehr davon, schlieÃlich schien es ja auch mehrere Opfer zu geben. Und vielleicht würde sie den Menschen vor dem Monitor erkennen können. Endlich öffnete sich der Stick. Sie fand eine einzige Datei darauf â einen Film. Sie startete ihn.
Sophie stand vor einem Spiegel, nackt. Sie betastete ihre Brüste, drehte sich, legte den Kopf schief, untersuchte ihre Oberarme, ihren Po. Das kam Ela bekannt vor. Das machte sie auch in Momenten der Selbstzweifel, einen kritischen Blick auf den eigenen Körper werfen. Aber der Anblick dieser eigentlich vertrauten Handlungen erfüllten sie mit extremer Scham. Sie an sich selber zu sehen im eigenen Spiegel, war etwas ganz anderes, als jemanden bei diesen intimen Bewegungen zu beobachten. Sie konnte regelrecht Sophies
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