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Höllenqual: Lenz’ zehnter Fall (German Edition)

Höllenqual: Lenz’ zehnter Fall (German Edition)

Titel: Höllenqual: Lenz’ zehnter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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begründete seine zeitweise Absenz mit einer Grippeinfektion,
die ihn ans Bett gefesselt hatte.
    Dann kam
der Tag der Gerichtsverhandlung gegen Maik Wesseling, der für Bernd Ahrens mit großen
Hoffnungen verbunden war. Und die riesige Enttäuschung, als der Unfallverursacher
freigesprochen wurde. Wieder nagten Zweifel an ihm, und wieder wusste er nicht,
wie er mit ihnen umgehen sollte. Und leise schlich sich abermals der Gedanke bei
ihm ein, dass er es sicher besser hätte, wenn er nicht mehr am Leben wäre. Beim
nächsten Mal, davon war er überzeugt, würde er nicht mehr zögern, sondern sich auf
die Kante setzen, nach unten sehen und sich abstoßen.
    Was soll
ich nur machen, Gerlinde? Ich kann nicht leben und ich kann nicht sterben. Ich kann
nicht an Gott glauben und ich kann ohne den Glauben an ihn doch nicht sein.
    Etwa zwei
Wochen zuvor hatte er seine Medikamente abgesetzt, eigenmächtig. Zwei Termine bei
seinem Therapeuten hatte er seitdem verstreichen lassen, ohne sich zu melden, wofür
er sich schämte. Aber anrufen wollte er ihn auch nicht.
    Pah , dachte
er. Dieses Medikament braucht garantiert kein Mensch. Ein Antidepressivum mit
einem Beipackzettel, bei dessen bloßem Lesen man schon krank wird.
    Bei ihm
selbst waren die Nebenwirkungen gut auszuhalten gewesen. Ein bisschen viel Appetit,
ein bisschen wenig Lust auf alles. Das war es schon gewesen. Richtig schlecht ging
es ihm erst, als er das Präparat vom einen auf den anderen Tag abgesetzt hatte.
Das Singen in seinem Kopf, das sich einstellte, war kaum auszuhalten gewesen. Mindestens
zehn Tage war das so gegangen, bis es endlich nach und nach aufgehört hatte. So
etwas Schreckliches wollte Bernd Ahrens nie mehr in seinem Leben aushalten müssen.
    Er schloss
die Tür zu seiner Wohnung auf, betrat den Flur und hängte seine leichte Jacke an
die Garderobe. Mit einem Glas Wasser in der Hand ging der schlanke, groß gewachsene
Mann in das Zimmer, das ursprünglich für die kleine Sarah gedacht war, schaltete
das Licht ein und stellte sich in die Mitte des Raumes. Nach einem kurzen Nippen
am Wasserglas trat er an das kleine Bett, sah hinein und begann zu schluchzen. Mit
nassen Augen blickte er zur Seite, wo an einem Holzausleger ein kleiner, freundlich
grinsender Mond mit einer Kordel am unteren Ende befestigt war. Er griff danach,
zog langsam an dem dünnen Seil und ließ es wieder los. Sofort erklang eine leise
Melodie.
    Ich vermisse
euch so sehr. Ich vermisse euch und ich wäre so gern bei euch, liebe Gerlinde und
liebe Sarah.
    Während
er das dachte, strömten dicke Tränen aus seinen Augen, rollten über seine Wangen
und fielen schließlich mit lautem Ploppen auf das blütenweiß bezogene Kinderbett.
    Es war nicht
alles richtig, was ich in den letzten Tagen gemacht habe, liebe Gerlinde , dachte
er weiter. Aber es ist so schwer, immer das Richtige zu tun. Es ist so verdammt schwer.
    Schon im
gleichen Moment, in dem es passiert war, durchzuckte ihn die Erkenntnis, in seinen
Gedanken geflucht zu haben.
    Aber ich
kann doch nichts dafür! Ich kann nichts dafür, dass ich so schwach und so labil
bin. Ich bin so, weil Du, Gott, mich so geschaffen hast, und ich bin so, weil Du
mich so haben willst. Ich bin genau in dem Maße fehlbar, wie Du es vorgesehen hast.
Genau so, wie Du es brauchst. Du wirst mir die Zweifel vergeben, die ich nicht abschütteln
kann, und Du wirst mir die Sünden vergeben, die ich begangen habe und begehen werde.

14
     
    Lenz betrachtete fasziniert den
burgunderrot gefärbten Himmel. Die Natur bot ihm an diesem Abend ein sensationelles
Schauspiel, und obwohl er gedanklich völlig abwesend war, konnte er sich den optischen
Reizen der Farben und Formen nur schwer entziehen. Sein Blick fiel erneut auf die
Uhr im Armaturenbrett. Thilo Hain war vor mehr als zehn Minuten in dem von außen
extrem schäbig wirkenden Etablissement mit dem merkwürdigen Namen ›Babaluga‹ verschwunden.
Schon zwei Mal hatte der Hauptkommissar ernsthaft erwogen, die Kurzwahltaste mit
der Nummer seines Kollegen zu drücken, hatte sich jedoch gerade noch beherrschen
können.
    Verdammter
Mist!, dachte er angespannt.
    Kurz nachdem
Hain die Tür hinter sich geschlossen hatte, waren vier mächtig aufgetakelte Damen
aus der Kneipe gekommen, in einen Kombi gestiegen und davongefahren. Ihr gesamter
optischer Eindruck legte auf unmissverständliche Weise nah, dass die Frauen ihr
Geld im vermutlich ältesten Gewerbe der Welt verdienten. Wieder sah der Polizist
nervös auf die

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