Höllenqual: Lenz’ zehnter Fall (German Edition)
Uhr.
Jetzt wurde
die Tür des Babaluga langsam geöffnet und das zerfurchte Gesicht eines alten Mannes
tauchte in der schmalen Öffnung auf. Er schob die schwere Holztür weiter auf, trat
mit bedächtigen Schritten auf den Hof und sah sich blinzelnd um. Lenz konnte im
Dämmerlicht erkennen, dass an seinem Gürtel ein Geschirrtuch baumelte. Nach einem
weiteren Rundblick setzte er sich in Bewegung und kam auf Hains Kombi zu.
»’n Abend«,
murmelte er, nachdem der Hauptkommissar die Seitenscheibe heruntergelassen hatte.
»Sie sollen
bitte mal reinkommen.«
»Wer sagt
das?«
»Der Kommissar
Thilo. Er würde sich sehr darüber freuen.«
Lenz sah
dem alten Mann besorgt ins Gesicht, während er die Beifahrertür öffnete und seine
Krücken sortierte.
»Ist ihm
was passiert?«
»Sozusagen,
ja. Ist aber nicht so schlimm, wie es auf den ersten Blick aussieht.«
Der Polizist
beugte den Oberkörper nach vorn, streckte die Beine nach draußen und wollte sich
gerade abstoßen, als er den skeptischen Blick des Alten wahrnahm.
»Was ist?«
»Sie sollten
besser den Zündschlüssel mitnehmen, Chef. Ist ’ne wilde Gegend hier, und ein so
schöner Wagen mit steckendem Zündschlüssel hat hier garantiert keine allzu große
Standzeit zu erwarten.«
»Danke«,
erwiderte Lenz, beugte sich nach links, zog den Schlüssel ab, kämpfte sich aus dem
Auto und folgte dem sich für sein Alter erstaunlich geschmeidig bewegenden Alten.
»Ich bin
übrigens Kurt«, erklärte der etwa auf der Mitte des Weges.
»Das habe
ich mir gedacht.«
Thilo Hain
saß auf einem Barhocker vor der Theke. Oder präziser ausgedrückt, hing er auf dem
Kneipensitzmöbel. Sein Gesicht war voller Blut, sein Haar wirr und ebenso mit dem
roten Saft verklebt, und auf dem Kopf konnte man schon mit bloßem Auge eine Riesenbeule
erkennen. Um seinen Hals hing ein nasser Lappen, mit dessen einem Ende er sich die
Lippen abtupfte.
»Sag nichts,
Kumpel«, begrüßte der junge Polizist seinen Boss. »Ich hab’s verkackt und das weiß
ich auch.«
Lenz, dem
es ziemlich mulmig zumute wurde, als er seinen übel zugerichteten Kollegen sah,
schluckte.
»Wie viele
waren es denn?«
»Nur zwei«,
antwortete Kurt mitfühlend, der neben Hain stehengeblieben war und mit der rechten
Hand vorsichtig über die Beule auf dessen Kopf fuhr. »Aber die haben gereicht.«
»Und Sie
haben daneben gestanden und nichts getan?«, blaffte Lenz den alten Mann empört an.
Dessen Antwort
bestand aus einem einfachen Kopfnicken.
»Lass ihn
in Ruhe, Paul. Es war mein Fehler, Kurt konnte absolut nichts tun.«
»Aber er
hätte doch wenigstens eine Streife rufen können«, zeigte der Hauptkommissar sich
uneinsichtig.
»Nein, das
sollte er nicht. Er wusste, dass du draußen im Auto sitzt, und das hat gereicht.«
»Woher wusste
er das denn?«
»Ich hatte
es ihm gesagt. Und ich hatte ihn auch gebeten, sich auf keinen Fall einzumischen,
egal, was passieren würde.«
»Na, zumindest
das hat er ja hingekriegt. Wo sind denn die beiden, die das angezettelt haben?«
Hain mühte
sich ein verkniffenes Lächeln ab.
»Angezettelt
hab ich es, und die beiden sind vermutlich zum Hinterausgang raus.«
Kurt nickte
wieder.
»Hat uns
deine polierte Visage wenigstens ein Stück in unserem Fall weitergebracht, oder
hatte das eine am Ende gar nichts mit dem anderen zu tun?«
»Doch, doch,
das waren schon die richtigen Leute. Olli Heppner und dieser Wesseling saßen da
hinten am Tisch, zusammen mit ein paar Mädels. Die müsstest du eigentlich gesehen
haben, als sie kurz nach meinem Erscheinen hier abgehauen sind.«
Lenz stimmte
mit einer kurzen Geste zu.
»Ich hatte
mich nach einem kurzen Plausch mit Kurt hier an der Theke zu ihnen gesetzt, woraufhin
Olli die Frauen weggeschickt hat. Als wir zu dritt waren, hab ich es wohl etwas
übertrieben.«
»Womit hast
du es übertrieben?«
»Mit den
Provokationen.«
»Das könnte
wohl sein, wenn man sich dein verbeultes Gesicht anschaut.«
Hain warf
Lenz einen missbilligenden Blick zu.
»Wenn ich
im weiteren Verlauf des Abends Bock auf Ironie haben sollte, lass ich es dich wissen.
Bis dahin könntest du freundlicherweise darauf verzichten.«
»Versprochen.
Aber was ist eigentlich mit diesem Ehrenreich? Von dem hast du noch überhaupt nicht
gesprochen.«
»Der ist
nach Aussage von Wesseling in Thailand und macht Urlaub.«
»Was übrigens
stimmt«, bestätigte Kurt leise. »Er ist von hier aus zum Flughafen nach Frankfurt
gefahren. Vorige Woche Mittwoch war
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