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Höllenschlund

Höllenschlund

Titel: Höllenschlund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clive Cussler , Paul Kemprecos
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noch lächelnd betrachtete Baltazar die junge Frau, als wäre er ein Schmetterlingssammler, der ein seltenes Exemplar gefangen hatte. »Gebieterisch. Selbstbewusst. Genau das, was ich von der Mekada-Linie erwartet habe.«
    Diese Antwort ließ Carinas Zorn in Verwirrung umschlagen. »Wovon reden Sie?«
    »Ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen.« Er deutete auf einen runden Marmortisch, der für zwei Personen gedeckt war. »Leisten Sie mir bei Wein und Tapas Gesellschaft, dann werde ich Ihnen die ganze Geschichte erzählen.«
    Carina blickte sich im Garten um. Zwei Männer in schwarzen Uniformen standen neben einer Tür, die möglicherweise aus dem Hof hinausführte. Eine Flucht war also unmöglich. Selbst wenn sie von hier wegkam – was dann? Sie hatte ja keine Ahnung, wo sie war. Es wäre dennoch besser, auf Zeit zu spielen. Sie ging zu dem Tisch und nahm mit steifem Rücken Platz.
    Der Diener erschien wie herbeigezaubert und füllte ihre Gläser aus einer Wasserkaraffe. Mehrere Gerichte folgten.
    Carina hatte sich vorgenommen, nur ein wenig davon zu naschen und Baltazars Gastfreundschaft nicht anzunehmen.
    Aber dann stellte sie fest, dass sie völlig ausgehungert war. Sie aß, was ihr vorgesetzt wurde, und sagte sich, dass sie wieder zu Kräften kommen musste. Den Roséwein rührte sie nicht an. Sie musste einen klaren Kopf behalten, wenn sie sich mit dem Kommenden auseinandersetzen wollte.
    Baltazar schien ihre Gedanken zu lesen. Er war ein guter Menschenkenner und verzichtete während der Mahlzeit auf jede Konversation, außer sie zu fragen, ob das Essen nach ihrem Geschmack sei. Als sie genug hatte, trank sie ihr Glas Wasser aus und schob den Teller von sich.
    »Ich habe meinen Teil Ihrer Bitte erfüllt«, sagte sie.
    »Das haben Sie.« Baltazar nickte. »Jetzt werde ich auch den meinen erfüllen. Die Geschichte beginnt vor dreitausend Jahren mit Salomon.«
    »König Salomon?«
    »Der und kein anderer. Der Sohn von David, König der Länder, die dem Gebiet entsprechen, das wir heute als Israel kennen. Nach biblischen Berichten erhält Salomon Besuch von der Königin eines Landes, das als Saba bezeichnet wird.
    Sie hat von Salomons Weisheit gehört und ist neugierig auf ihn. Als sie eintrifft, ist sie nicht nur von seiner Weisheit, sondern ebenso von seinem Reichtum beeindruckt. Sie verlieben sich ineinander. Er schreibt sogar mehrere erotische Gedichte, von denen manche glauben, dass sie ihr gelten, zumindest zum Teil.«
    »Das Hohelied Salomons«, sagte Carina.
    »Richtig. Die Frau stellt sich in den Gedichten selbst vor: ›Ich bin braun, aber gar lieblich, ihr Töchter Jerusalems.‹«
    »Sie kam aus Afrika«, sagte Carina.
    »So scheint es. In der Bibel wird sie nur kurz erwähnt. Im Koran findet sich eine umfangreichere Geschichte, und die arabischen und später die mittelalterlichen Chronisten sponnen den Faden noch weiter. Saba und Salomon heiraten, sie gebiert ihm einen Sohn und kehrt dann in ihr Heimatland zurück. Er hat viele Ehefrauen, Konkubinen und Kinder. Sie wird noch mächtiger und reicher.«
    »Und der Sohn?«
    »In der Legende heißt es, dass er nach Afrika zurückkehrte und dort als König herrschte.«
    »Ein hübsches Märchen«, sagte Carina. »Erlauben Sie mir jetzt, Ihre Gastfreundschaft nicht weiter zu beanspruchen und diesen Ort zu verlassen?«
    »Aber das war doch nur der erste Teil der Geschichte«, sagte Baltazar. »Mit Sabas Zofe zeugte Salomon ebenfalls einen Sohn. Der starb zwar in jungen Jahren, aber seine Nachkommen lebten weiter. Sie gingen nach Zypern, wo sie eine Art Schiffsbauunternehmen gründeten und Kontakt zu den Rittern des Vierten Kreuzzugs hatten. Nach der Plünderung Konstantinopels landeten sie in Westeuropa und nahmen einen spanischen Namen an.«
    »Baltazar«, sagte Carina.
    »Richtig. Bedauerlicherweise bin ich der letzte männliche Abkömmling der Baltazars. Wenn ich sterbe, stirbt meine Familie mit mir.«
    Und keineswegs zu früh, dachte Carina. Sie stieß ein recht undamenhaftes Lachen aus. »Wollen Sie damit sagen, dass Sie von Salomon abstammen?«
    »Ja, Miss Mechadi. Und Sie ebenfalls.«
    »Sie sind noch viel verrückter, als ich bisher gedacht habe, Baltazar.«
    »Bevor Sie Urteile über meine geistige Verfassung fällen, hören Sie mich zu Ende an. Der Sohn von Salomon und Saba wurde König von Äthiopien. Seine Familie hat das Land jahrhundertelang beherrscht.«
    »Ich wurde zwar in Italien geboren, aber meine Mutter erzählte mir die Geschichte von

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