Höllenscript
hier verlassen und uns zu einem anderen Ziel begeben, das ich dir noch nicht nennen werde. Aber für mich und meinen Plan ist es ungemein wichtig, das kann ich dir verraten.«
Claudine schüttelte den Kopf. »Bitte – was wollen Sie denn von mir?«
»Ich will nur dich.«
Sie regte sich über seine lässige Art auf und fluchte innerlich. »Warum denn mich?« keuchte sie.
»Zufall.«
»Aha.«
»Ja, es hätte auch eine andere treffen können.« Er stand jetzt dicht vor ihr und schaute sie an.
Claudine schaffte es nicht, ihm in die Augen zu sehen. Sie waren da, aber in diesem Blick lag etwas Grausames und zugleich etwas Bestimmtes, mit dem sie nicht zurechtkam. Es war der Blick des Siegers und der eines Menschen, hinter dessen Fassade das grausame Tier lauerte. Sie wußte, daß sie von ihm keine Gnade zu erwarten hatte. Er war konsequent. Es hatte nicht mal Sinn zu schreien. Hilfe würde sie nicht bekommen, das stand fest.
»Wer sind Sie überhaupt?« flüsterte das Model schließlich. »Haben Sie keinen Namen?«
Der Mann winkte ab. »Schall und Rauch, meine Liebe. Nimm mich einfach hin.«
»Warum?«
»Weil ich der Stärkere bin und mich von meinem Plan nicht abbringen lasse.« Er lächelte sie kalt an und streckte ihr dabei die rechte Hand entgegen.
Claudines Körper zog sich zusammen. Sie fürchtete sich vor der Berührung, aber sie kam nicht weg. Er faßte sie an den Hals. Seine Finger waren so lang und kalt, als liefe durch seine Adern kein Blut, sondern eine andere Flüssigkeit.
»Wir werden jetzt gehen, Claudine.«
»Nein, ich will nicht…« Plötzlich würgte sie. Der Mann hatte zugegriffen.
Ihr Hals saß innen zu. Sie bekam keine Luft mehr, und sie schaute zugleich gegen das Gesicht des Mannes, in dem etwas Schreckliches geschah. Claudine konnte es nicht fassen. Sie wollte noch etwas sagen, aber der Schock war zu groß.
Ihre Beine gaben nach. Die Schatten kamen und huschten über die Frau hinweg.
Sie brach zusammen und wurde erst losgelassen, als sie auf dem Boden lag.
***
Claudine Otrano erwachte wieder und hatte keine Ahnung, wo sie sich befand. Es war einfach zu dunkel. Und nicht nur normal dunkel. Es war finster. Widerlich finster. Schwarz wie Tinte. Das alles glich einem Alptraum, der von einem Augenblick zum anderen über sie gekommen war. Sie dachte daran, daß es nicht wahr war, daß sie nur die Augen zu öffnen brauchte, um sich in ihrem Bett wiederzufinden. Nur mußte sie dann feststellen, daß sie die Augen bereits geöffnet hatte und diese verfluchte Finsternis real war.
Das Model stöhnte nur. Erst jetzt stellte sie fest, daß sie auf dem Boden hockte. Auf einer harten und auch kalten Unterlage. Allgemein war er kühl oder kalt, und das alles hatte auf ihrem Körper eine Gänsehaut hinterlassen.
Claudine hatte die Augen weit offen, trotzdem konnte sie nichts erkennen. Nicht mal die berühmte Hand vor Augen. Es war dunkel wie in einer Höhle.
Der Vergleich stimmte. Wie in einer Höhle. Ja, so mußte man es sehen, man hatte sie in eine Höhle geschafft, wo das verdammte Spiel weitergehen würde.
Das Spiel!
Sein Spiel. Das Spiel des großen Unbekannten. Das Spiel eines grausamen Menschen, dem es nichts ausmachte, wenn andere Menschen durch ihn starben.
Der Gedanke daran war schrecklich. Bei ihr zog sich der Magen zusammen. Sie schaffte es kaum, Luft zu holen, und urplötzlich schössen ihr die Tränen in die Augen. Sie hatte das Wasser nicht mehr zurückhalten können, sie mußte einfach weinen, und es hörte sich wirklich an wie ein verzweifeltes Schluchzen.
Wahrscheinlich minutenlang hockte sie auf dem Boden, bis der Tränenstrom versiegt war und Krämpfe ihren Körper schüttelten.
Aus der Tasche holte sie ein sauberes Tuch, wischte sich über das Gesicht und schneuzte hinein. Wieder kam ihr zu Bewußtsein, daß sie auch weiterhin in der tiefen Dunkelheit hockte. Gefangen wie ein Tier, so menschenunwürdig und nutzlos.
Der andere konnte mit ihr machen, was er wollte. Spielen wollte er mit ihr. Das zumindest hatte er ihr angekündigt. Aber wie oft endeten Spiele tödlich!
Als Claudine daran dachte, floß die Furcht wieder über ihren Rücken und hinterließ dort den Schauer. Sie wollte nicht sterben. Sie war noch zu jung. Sie wollte leben und…
Mit einer heftigen Bewegung fuhr sie noch im Sitzen herum – und schrie plötzlich auf, weil sie mit der rechten Schulter gegen einen harten Gegenstand geprallt war.
Claudine war für einen Moment verunsichert. Sie dachte an
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