Höllental: Psychothriller
gesehen. Er war hasserfüllt.
»Das geht dich einen Scheiß an«, fuhr Ricky ihn an. »Das geht euch alle einen Scheiß an. Ich lass mich doch von euch nicht an den Pranger stellen. Ihr seid damals doch alle dabei gewesen und hättet es verhindern können. Ja, okay, Mara nicht, aber du, Armin, und Bernd auch. Wir haben die Entscheidung, sie loszuschicken, gemeinsam getroffen. Schlimm genug, dass ich euch daran erinnern und mich hier verteidigen muss.«
Mara hob die Hand. Sie konnte nicht mehr. Sie wollte sich nicht länger streiten. Das alles führte doch zu nichts.
»Ich wünsche mir, dass wir morgen geschlossen zu Lauras Beerdigung gehen«, sagte sie. »Ein letztes Mal wie eine eingeschworene Clique. Danach will ich euch nie wiedersehen.«
Das saß.
Alle schwiegen betreten und starrten zu Boden.
Es war Bernd, der als Erster wieder sprach. »Vielleicht folgen ja noch ein paar Beerdigungen«, sagte er.
Mara suchte seinen Blick, doch er sah nur die Bierflasche in seinen Händen an.
»Was meinst du damit?«, fragte sie.
»Der spinnt doch«, fuhr Ricky dazwischen.
Bernd schüttelte bedächtig den Kopf. »Habt ihr mal darüber nachgedacht, dass es noch jemand anders gibt, der Laura vermisst? Jemand, der ihren Tod rächen wird?«
Auf dem Notizblock standen mittlerweile fünf Adressen. Friedhelm Waider hatte sie in der letzten halben Stunde online recherchiert, das war das Einfachste gewesen an der Sache.
Er war sich nicht sicher, wie er vorgehen sollte.
Er war ein bekannter Mann und innerhalb der Stadtgrenzen sogar so bekannt, dass er es nicht wagen konnte, einfach eine dieser Telefonnummern anzurufen und sich mit seinem Namen vorzustellen. Allerdings würde keine Detektei der Welt das herausfinden, was er wissen wollte, wenn er seinen Namen verschwieg.
Es war ein Dilemma.
Bei der Polizei hatte er es zur Genüge probiert, dort wollte und konnte ihm niemand helfen. Für diese verstockten Beamten war es ein glasklarer Selbstmord. Dass sie damit aber nur zu einem ganz kleinen Teil Recht hatten, begriffen sie nicht, und er hatte es ihnen nicht verständlich machen können, weil Begriffsstutzigkeit ihn schon immer in Rage versetzt hatte. Leider ließen Polizeibeamte sich einen solchen Ton nicht gefallen.
Ein Privatermittler war die einzige Alternative.
Nur kannte er keinen.
Friedhelm zog das Telefon heran und begann, die oberste Nummer einzugeben. Er war ein Mann der Tat, schon immer gewesen, und hier sitzen und grübeln war ihm nicht nur zuwider, es brachte zudem auch nichts. Reine Zeitverschwendung.
Als es bereits durchklingelte, hatte er plötzlich eine Idee. Er unterbrach und wählte gleich darauf neu. Die Nummer hatte er im Kopf. Der Anschluss war hier im Haus.
»Böringer«, meldete sich der Personalchef seines Unternehmens.
»Waider. Herr Böringer, könnten Sie bitte zu mir herüberkommen?«
»Bin schon da.«
Böringer war ein dürrer, ausgezehrt wirkender Mann in den Vierzigern. Waider wusste, dass er Marathon lief. Die konditionelle Leistung dahinter war ihm als Chef egal, aber der Biss und die Disziplin, die so etwas erforderte, zeigten ihm einiges über den Mann. Und er hatte sich nicht getäuscht. Böringer war ein exzellenter Personalchef.
»Setzen Sie sich bitte.«
Als sie sich am Schreibtisch gegenübersaßen, sah Waider seinen Angestellten ein paar Sekunden an, bevor er zu sprechen begann.
»Herr Böringer, wir kennen uns lange genug, um uns vertrauen zu können, nicht wahr?«
»Ja, natürlich.« Böringer wirkte alarmiert.
»Ich vertraue Ihnen so weit, dass ich mich in einer privaten Sache an Sie wende, die unbedingt diskret behandelt werden muss, und ich weiß, bei Ihnen kann ich mir diesbezüglich sicher sein.«
»Aber selbstverständlich.«
»Ich will nicht lange um den heißen Brei herumreden. Die Umstände des Todes meiner Tochter sind äußerst ungewöhnlich, und meine Frau und ich wollen einfach wissen, was passiert ist. Wir müssen Lauras Beweggründe verstehen können. Vielleicht gibt es sogar jemanden, der maßgeblich Schuld trägt an ihrem Tod.«
Böringer riss die Augenbrauen hoch.
»Sie meinen …!«
»Keine Spekulationen!«, warnte Waider. »Aber ich will es wissen. Deshalb möchte ich einen privaten Ermittler beauftragen, und da ist mir soeben eingefallen, dass Sie in der Personalabteilung schon auf die Hilfe einer Detektei zurückgegriffen haben, nicht wahr?«
Böringer nickte. »Ja, vor drei Jahren. Als über Monate hinweg die hochwertigen Bauteile aus Karbon
Weitere Kostenlose Bücher