Höllische Versuchung
Seite hatte Batanya, die daneben Clovache zugewiesen bekommen.
Die beiden gegenüberliegenden Zellen waren ebenfalls mit Menschen belegt. Gegenüber von Batanya saß ein junger Mann auf seiner Pritsche. Als die Wachen Batanya hineinbrachten, war er erwartungsvoll aufgesprungen. Er trug die gleiche Häftlingskleidung, doch bei ihm sah die Schlabberhose mit Kordel richtig gut aus.
Der junge Mann war schlank und fast überirdisch gut aussehend. Er war hocherfreut, Gesellschaft zu bekommen. »Menschen, die sich mit mir unterhalten können!«, sagte er mit melodischer Stimme. »Bin ich nicht schön? Verdiene ich nicht allseitige Bewunderung?«
Da Batanya zunächst noch damit zu tun hatte, ihre Tunika herunterzuziehen und die Kordel ihrer Hosen fester zu zurren, antwortete sie nicht gleich. Doch nachdem sie ihre Garderobe in Ordnung gebracht hatte und die Wächter mit Clovache beschäftigt waren, wandte sie sich ihm eingehend zu. »Oh, ja. Du bist in der Tat bildschön«, sagte sie höflich. »Warum bist du hier und nicht in Luzifers Bett?« Wenn Luzifer auf Männer stand, konnte sie sich kaum vorstellen, dass er sich solch einen Leckerbissen entgehen ließ. Das üppige kastanienbraune Haar, die großen grünen Augen, die gebräunte, samtweiche Haut … Bei diesem Anblick würde wohl jedem das Wasser im Mund zusammenlaufen, dem der Sinn nach Abenteuer stand. Batanya war allerdings nicht dazu aufgelegt.
»Oh, das war ich eine ganze Weile«, sagte er. Selbst seine Stimme war angenehm, gerade tief genug für einen Mann. »Er konnte sich ja so glücklich schätzen, mich zu haben! Ich habe in seinem Bett geglänzt wie ein Stern am nächtlichen Firmament! Zwar habe ich den Nachthimmel schon seit Jahrzehnten nicht mehr gesehen, aber ich kann mich noch lebhaft daran erinnern«, ergänzte er wehmütig. Er zog sich die Tunika über den Kopf und entledigte sich mit einer weiteren schwungvollen Geste seiner Hose. »Seht ihr, wie schön mein Hintern ist? Und mein Schwanz, ist er nicht perfekt? Und meine Beine, so gerade und wohlgeformt.«
Die Wachen würdigten ihn beim Herausgehen keines Blickes. Vermutlich kannten sie die Darbietung schon. Batanya freute sich, dass Clovache den jungen Mann mit offensichtlichem Interesse betrachtete. Er drehte sich langsam um die eigene Achse, damit sie sich ein umfassendes Bild von seinen Vorzügen machen konnten.
»Ja, sehr schön«, sagte Batanya, was ihm offensichtlich nicht genügte.
»So etwas wie mich habt ihr bestimmt noch nie gesehen«, sagte er Clovache mit schmeichelnder Stimme.
»Darauf kannst du wetten«, stimmte sie ihm zu und hob eine Augenbraue.
»Ja, ich bin einzigartig«, sagte er stolz. Offenbar war es ihm unmöglich, auf andere Weise von sich zu reden. »Es ist mir unerklärlich, wie Luzifer jemand anderen vorziehen konnte. Obgleich er mir auch wehgetan und mein zartes Fleisch verletzt hat«, fügte er mit traurigem Blick zu. »Allerdings«, sagte er, schon wieder strahlend, »sahen die blauen Flecke zu meinem Hautton ganz bezaubernd aus.«
Die beiden Britlinge vermieden es tunlichst, sich anzusehen.
»Du kannst dich wieder anziehen«, sagte Batanya. »Du bist wirklich sehr begehrenswert, aber wir haben im Moment andere Sorgen. Wie heißt du, mein Hübscher?«
»Narziss«, sagte er. »Ist das nicht ein schöner Name?«
»Ja«, sagte Clovache und wirkte, als ob sie das völlig ernst meinte. »Wir haben schon von dir gehört.« Zwinkernd drehte sie sich zu Batanya um. Batanya war erleichtert, dass ihr Leutnant schon wieder zu Scherzen aufgelegt war.
»Oh, mein Ruf eilt mir voraus, sogar bis nach … wo immer ihr auch herkommen mögt.« Dieser Gedanke stimmte ihn froh und er nahm einen kleinen Spiegel zur Hand und betrachtete sein Gesicht darin.
»Bestimmt haben die Wachen ihm den Spiegel gegeben, damit er sie in Ruhe lässt«, murmelte Batanya. Narziss war so in sein Spiegelbild versunken, dass er nichts mehr um sich herum wahrnahm.
»Entschuldigen Sie bitte«, rief die Gefangene gegenüber von Clovache.
Die beiden Britlinge traten an ihre Gitter heran. »Kann ich Ihnen helfen?«, fragte Clovache. Eigentlich war es ja eine dämliche Frage, aber zumindest war es ein Anfang.
»Können Sie mir sagen, welches Jahr wir haben?«, fragte die Frau.
»Das hängt davon ab, in welcher Dimension Sie sich befinden«, sagte Batanya. »Und auf welchem Planeten Sie leben.«
Die Frau seufzte. Sie schien in den Vierzigern zu sein, hatte kurzes, bräunliches Haar und gerade weiße
Weitere Kostenlose Bücher