Höllische Versuchung
zustellen.«
»Wir sollten uns vorher noch mal mit ihm unterhalten.«
Sie schloss die Beifahrertür. »Und warum sollten wir das tun?«
»Sind Sie denn gar nicht neugierig, wer ihn so zugerichtet hat?« Er hatte geradezu lächerlich lange Wimpern, dachte sie. Dunkel und seidig und bei einem Mann ganz und gar ungerecht.
»Wahrscheinlich steckt eine Gruppe von Vampirhassern dahinter.« Sie runzelte die Stirn. »Diese Vollidioten. Es kommt ihnen nicht in den Sinn, dass sie jemandes Mann, Vater oder Bruder angreifen.«
Er durchbohrte sie weiter mit seinem Blick.
»Was?« Verlegen strich sich Sara übers Gesicht. Zum Glück verbarg ihr dunkler Teint die aufsteigende Röte. Warum reagierte sie nur so stark auf diesen Fremden? Aber gucken war ja schließlich nicht verboten!
»Die haben mir gesagt, Sie hätten olivfarbene Haut, braune Augen und schwarzes Haar.«
So weit richtig. »Wer sind ›die‹?«
»Das sage ich Ihnen, nachdem wir mit dem Vampir gesprochen haben.«
»Zuckerbrot und Peitsche?«, sie kniff die Augen zusammen. »Ich bin doch kein Esel.«
Ein leises Lächeln umspielte seine Lippen. »Der Kameradschaft halber«, sagte er und zog aus seiner ramponierten Lederjacke einen Gildeausweis.
Obgleich sie vor Neugier brannte, wollte sie sich nicht die Blöße geben und deutete bloß lässig auf den Wagen. »Ich steige vorne ein und löse die Halskette.« Unglücklicherweise oder auch vielleicht glücklicherweise vermochten Vampire nicht zu sprechen, wenn sie einen Chip trugen. »Sie setzen sich hinten neben ihn und sorgen dafür, dass er nicht … «
»Ich passe überhaupt nicht in den Wagen rein.«
Sie betrachtete ihn und konnte sich gerade noch zurückhalten, ihn zu bitten, sich nackt auszuziehen, damit sie ihn von oben bis unten ablecken konnte. »Gut«, sagte sie und drängte ihre Fantasien wieder in den hintersten Winkel ihres Gehirns. »Dann machen wir es eben anders. Ich bringe ihn dazu, das Fenster herunterzukurbeln, und Sie nehmen ihn in den Schwitzkasten, während wir uns unterhalten.«
Genau so machten sie es. Als Rodney erfuhr, wer Sara war, wollte sein Mund gar nicht mehr stillstehen.
»Sie schießen auf Leute.« Bei ihm hörte es sich an, als sei sie eine Wahnsinnige. »Mit Pfeil und Bogen!«
»Da sind Sie aber nicht auf dem neuesten Stand. Letztes Jahr bin ich zur Armbrust übergegangen.« Mit einer Armbrust war man schneller. Dennoch trauerte sie ihrem speziell angefertigten Bogen hinterher. Vielleicht würde sie doch wieder zum Bogen wechseln. »Und es tut noch nicht einmal weh.«
»Das sagen Sie.«
Verständnislos blinzelte sie ihn an. »Wie alt sind Sie?«
»Gerade drei geworden.« Bei Vampiren zählte man die Jahre von ihrer Erschaffung an.
Sara schüttelte den Kopf. »Und Sie haben versucht wegzulaufen? Warum zum Teufel tun Sie so etwas Dämliches?« Sein Meister Lacarre war außer sich vor Wut.
Er zuckte die Achseln. »Ich weiß nicht. Schien mir eine gute Idee.«
Offenbar hatte Rodney die Weisheit nicht gerade mit Löffeln gefressen. »Okaaay.« Ihr Blick wanderte zu Deacon. Todernst blickte er sie aus seinen nachtschattengrünen Augen an. Dabei war sie sich sicher, dass er nur mit Mühe das Lachen zurückhielt. Sie selbst verbiss sich ebenfalls ein Grinsen und wandte sich wieder dem Vampir zu. »Einfache Frage.«
»Ein Glück.« Rodney entblößte lächelnd seine Reißzähne. Ältere Vampire taten das nie. »Schwierige Fragen mag ich nämlich nicht.«
»Wer hat Sie so zugerichtet, Rodney?«
Er schluckte schwer und blinzelte dann hektisch. »Niemand.«
»Sie haben also versucht, sich selbst den Kopf abzuschlagen?«
»Ja.« Er nickte, also hielt Deacon ihn nicht sehr fest. Aber das spielte keine Rolle, schließlich hatte sie ja ihre Armbrust.
» Rodney «, sagte sie drohend. »Lügen Sie mich nicht an.«
Wieder blinzelte er und diesmal füllten sich seine Augen mit Tränen. Nun kam sich Sara richtig gemein vor. »Kommen Sie schon, Rodney. Warum haben Sie Angst?«
»Nur so.«
»Nur so … « Sara überlegte, wovor sich ein Vampir wohl fürchten könnte. »War es ein Engel ?« Falls es sein eigener Meister gewesen sein sollte, konnte sie gar nichts tun, außer den Dreckskerl bei der Vampirschutzbehörde anzuzeigen. Doch genauso gut war es möglich, dass die Sache auf das Konto von einem von Lacarres Feinden ging. In diesem Fall würde sich der Engel selbst um die Sache kümmern.
»Nein.« Rodney klang regelrecht entsetzt. Offenbar sagte er die Wahrheit. »Natürlich
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