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Hörig (German Edition)

Hörig (German Edition)

Titel: Hörig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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brachte wieder nur ein Flüstern zustande: «… ihn geschlagen?»
    Er kniff die Augen zusammen, seine Stimme bekam eine gewisse Schärfe: «Findste das gut, mich so was zu fragen?» Noch bevor sie irgendwie reagieren konnte, verdrehte er gequält die Augen, seufzte und setzte sich wieder.
    «Püppi», begann er in diesem sanften, bettelnden Ton. «Es tut mir furchtbar leid, was damals passiert ist, ob du mir das jetzt glaubst oder nicht. Das kommt dir nach, was? Das hat dich krank gemacht, hab ich recht?»
    Sie brauchte gar nicht zu antworten. Das tat er für sie, nickte schwermütig und presste kurz die Lippen aufeinander, ehe er fortfuhr: «Kann ich mir denken, dass dich das fix und fertig gemacht hat. Und jetzt glaubst du, ich wär ein Schwein, weil ich ausgerechnet zu Retlings geh, um nach dir zu fragen.»
    Er nickte noch einmal. Es schien ganz so, dass ihre Frage ihn aus der Fassung oder dem Konzept gebracht hatte. Wieder atmete er hörbar ein und aus, ehe er weitersprach: «Meinst du, das wär mir leicht gefallen? Meinst du, ich hätt’ mir nich’ denken können, dass die sich vor Angst in die Hosen scheißen, wenn sie mich sehen? Warum, glaubst du, bin ich alleine hin? Mein Kumpel hat im Auto gewartet, damit die keinen Herzinfarkt kriegen.»
    Weil sie ihn nur anschaute, zuckte er noch einmal mit den Achseln und versicherte: «Ich hab dem Alten nichts getan, wenn es das ist, was du hören willst. Ihr natürlich auch nicht. Und damals, das hab ich nich’ gewollt. Wahrscheinlich haben sie dir eingeredet, ich wär ein gewissenloses und brutales Vieh. Bin ich nich’, Püppi, das müsstest du eigentlich am besten wissen. Du kennst mich doch besser als die ganze Mischpoke da draußen. Mir sind die Nerven durchgegangen, als Retling anfing, auf dir herumzuhacken. Dreimal hab ich ihn gebeten, die Schnauze zu halten. Aber nee! Du kannst dir nich’ vorstellen, mit was für Ausdrücken der um sich geworfen hat. Ich mag das gar nicht wiederholen, so gehässiges Zeug. Ich konnt’s einfach nicht mehr hören, wollte ihm das Maul stopfen und hab ihm deshalb eine übergezogen, nur ganz leicht. Und da fragt der mich doch tatsächlich, ob ich’s mit dir auch so treibe, auf die brutale Tour. Das hätt’ er nicht gedacht, dass dir das Spaß macht, du würd’s immer so ’n sanften Eindruck machen, sagte er. Da hab ich mich vergessen.»
    Er atmete noch einmal zitternd durch, schluckte trocken und schaute sie an, bittend, bettelnd, verzweifelt, wie es schien. «Wenn er das vor Gericht wenigstens zugegeben hätte. Oder seine Alte, die muss ja auch gehört haben, wie er mich gereizt hat. Warum, meinst du, hat er das große Zittern gekriegt, als ich mal zu ihm rübergesehen hab? Gut, du warst nicht dabei, hast es nicht mit eigenen Augen gesehen, aber ich wette, dein Vater hat dir erzählt, dass sie deswegen sogar die Verhandlung unterbrechen mussten. Ist eben nicht so einfach, einem ins Gesicht zu sehen und dabei unverschämt das Gericht zu belügen, obwohl man geschworen hat, nur die Wahrheit zu sagen.»
    Er griff über den Tisch nach ihrer Hand, drückte sie für den Bruchteil einer Sekunde und ließ sie wieder los, streichelte nur noch einmal mit zwei Fingern über ihren Handrücken, als wage er es nicht, sie festzuhalten, solange sie es ihm nicht ausdrücklich erlaubte. Dann lehnte er sich zu ihr hinüber. Seine Stimme bekam etwas Beschwörendes.
    «Aber heut Morgen, Püppi, ob du’s mir nun glaubst oder nicht, heut Morgen hat er sich bei mir entschuldigt, das hat er tatsächlich gemacht. Richtig nett war er, nachdem er den Schreck überwunden und seinem Herzen einen Stoß gegeben hat. Es täte ihm leid, dass er mich damals so provoziert hat, sagte er. Er hätt’ ja nicht ahnen können, wie viel du mir bedeutest. Und jetzt tät’ ihm das sehr leid, weil’s mir ’n paar Jahre mehr eingebracht hat.»
    Er winkte ab und grinste verloren. «Was soll’s. Schwamm drüber. Ist ja nicht mehr zu ändern.»

    Als er erneut aufstand und sich der Dielentür zuwandte, bat sie: «Warte. Geh nicht einfach so weg.» Ihre Stimme klang rau, ein wenig heiser und atemlos. «Was willst du denn jetzt tun?»
    «Was schon?» Er grinste wieder, beugte sich über sie, packte ihr Kinn mit zwei Fingern und drehte ihren Kopf so, dass sie ihm direkt in die Augen schauen musste. Er atmete gepresst, sein Kehlkopf ruckte, es sah aus, als hätte er Schmerzen.
    «Ich werd versuchen, dich mir aus dem Kopf zu schlagen», antwortete er. «Was soll ich denn

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