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Hörig (German Edition)

Hörig (German Edition)

Titel: Hörig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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überlegst du dir das Ganze doch noch mal und gehst lieber zu deinem Mann zurück.»
    Sie schüttelte den Kopf, er beachtete es nicht, strich mit den Fingerspitzen über ihre Schultern und schaute an ihr vorbei auf die gegenüberliegende Wand, als fiele es ihm unendlich schwer, das Folgende auszusprechen: «Du hattest bei dem ’n gutes Leben, das wirst du nicht leugnen wollen. Alles nett und ordentlich und bestimmt keine Probleme. Das kann ich dir nicht bieten. Jetzt noch nicht. Ich will dir nicht wieder irgendwas versprechen, was dann doch ganz anders kommt. Jetzt haben wir erst mal ’ne Menge Arbeit, Püppi. Wenn wir damit fertig sind, können wir ’ne Menge Geld dafür bekommen. Genug, dass es für uns beide reicht. Wir können hier weggehen und uns irgendwo ’n neues Leben aufbauen. Aber ich will nicht, dass du dich mir verpflichtet fühlst. Ich will nicht, dass du mitgehst, nur weil du denkst, du bist mir etwas schuldig. Mir oder anderen.»
    Er lächelte immer noch. Aber jetzt schien ihr sein Lächeln irgendwie kalt. «Meinst du, mir wär’ nicht klar, warum du dich so schnell entschlossen hast mitzukommen? Du hattest Schiss um die beiden Alten. Du traust mir nicht, gib’s zu. Ist ja kein Wunder. Ich kann mir denken, wie dein Mann dich die Jahre über bearbeitet hat. Man darf diese Psychofuzzis nicht unterschätzen. Gerissene Hunde sind das, die drehen einen um hundertachtzig Grad, ohne dass man was davon merkt.»
    Plötzlich überzog sich das kalte Lächeln mit Schmerz, der aber die Augen nicht erreichte. Er schüttelte den Kopf, als wolle er seine Empfindungen abschütteln. Seine Stimme klang nach Tränen und war dabei so kalt wie sein Blick. Aber vielleicht kam es ihr auch nur so vor, weil sie unvermittelt das Gefühl hatte zu frieren.
    «Ach, Püppi», seufzte er. «Ich hätt’ dich nicht mitnehmen dürfen. Ich hab geahnt, dass es nicht gutgeht. Was mach ich denn jetzt mit dir?»
    Sein letzter Satz drang ihr wie ein Eispickel in Rücken und Kniekehlen. Diese Sprunghaftigkeit, wie sollte sie sich darauf einstellen? Sie hatte doch kein Wort gesagt. Wie sollte sie reagieren, wenn sie nicht einmal ahnen konnte, was im nächsten Moment kam? Wie er sie anschaute, so voller Zweifel. Und hinter ihrer Stirn sprach Ed unablässig von Heikos Gefährlichkeit. Ein Löffel voll Nitroglyzerin in zittrigen Händen. Ein Psychopath. Unberechenbar. Jede falsche Bemerkung kann die letzte sein.
    Sekundenlang löschte die Panik jeden vernünftigen Gedanken aus. Ihr Kopf war wie ausgeblasen und mit Watte vollgestopft. Sie wusste sich nicht anders zu helfen, legte beide Hände um sein Gesicht, zog seinen Kopf zu sich herunter und drückte ihn sich fest gegen die Schulter, um sich daran aufrecht zu halten und nicht länger sein wechselndes Mienenspiel ansehen zu müssen. Und um ihm einen Blick in ihre Miene zu verwehren, die garantiert ihre Angst widerspiegelte.
    «Heiko, bitte», stammelte sie und strich mit zittrigen Fingern durch sein Haar, den Nacken hinunter. «Sag doch nicht so etwas. So etwas darfst du nicht sagen. Das darfst du nicht einmal denken, hörst du. Ich liebe dich. Ich habe nie aufgehört, dich zu lieben. Ich habe es nur ein paar Jahre lang verdrängt. Sie haben mir damals eingehämmert, dass man einen wie dich nicht lieben kann und nicht lieben darf. Dass man ein schlechter Mensch ist, wenn man einen schlechten Menschen liebt. Manchmal habe ich mich gefühlt wie der allerletzte Dreck. Aber aufgehört, dich zu lieben, habe ich trotzdem nie. Deshalb bin ich mit dir gegangen, nur deshalb. Natürlich habe ich auch an die Retlings gedacht. Aber ich habe nur gedacht, dass sie es verstehen müssen. Alle müssen es verstehen, mein Mann auch. Ich kann doch nichts für meine Gefühle. Du musst nichts mit mir machen. Es ist alles gut, jetzt bin ich bei dir. Und ich bleibe bei dir, egal, was passiert. Ich will nie wieder zurück. Ich will nie mehr hören, dass ich ein schlechter Mensch bin.»
    Er schüttelte an ihrer Schulter den Kopf, befreite sich jedoch nicht aus ihrem Griff. Sie spürte Tränen aufsteigen und stammelte weiter: «Halt mich fest, bitte. Halt mich einfach nur fest. Lass mich fühlen, dass du wirklich wieder bei mir bist, dass ich nicht träume.»
    Er legte tatsächlich die Arme um sie. «Und das soll ich dir jetzt glauben?», murmelte er. Als sie ihm nicht sofort antwortete, flüsterte er: «Tut mir leid, Püppi. Ich hab dir einen Schrecken eingejagt, was? Wollte ich nicht, wirklich nicht. Aber ich

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