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Hörig (German Edition)

Hörig (German Edition)

Titel: Hörig (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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Boss! Ich bin der Boss! Das war ich damals und bin es heute. Den Bullen musste ich was anderes erzählen, damit sie dich in Ruhe lassen. Peter hab ich erst im Knast kennengelernt. Er ist in Ordnung. Also mach dir wegen ihm nicht ins Hemd.»
    Da sprach eindeutig nicht der von Sehnsucht erfüllte Liebhaber, der sieben lange Jahre gehofft und gebangt und dem Wiedersehen entgegengefiebert hatte. Aber dann lächelte er sie wieder an, sanft und liebevoll, und seine Stimme klang genauso. «Du brauchst dir wirklich keine Sorgen zu machen, Püppi. Du glaubst ja wohl nicht im Ernst, ich würde dich in die Nähe von einem Kerl bringen, von dem du was zu befürchten hast. Peter weiß genau, was passiert, wenn er dir dummkommt. Dann fehlen ihm anschließend ein paar Zähne oder ein paar Finger, unter Umständen sogar seine Eier, hängt davon ab, was er macht. Das riskiert er nicht mal, wenn er scharf auf dich wär wie eine Chilischote. Abgesehen davon bin ich immer in deiner Nähe.»
    «Versprochen?», fragte sie.
    «Versprochen», beteuerte er.
    Sie stieg die letzte Stufe hinunter. Die Tür zur Werkstatt stand offen, die Türen rechts und links daneben waren zu. In der Schmiede war es dunkel. Aber sie fand den Lichtschalter beim ersten Greifen. Reine Gewohnheit, solange war es noch nicht her, dass sie zuletzt nach dem Schalter getastet hatte.
    Letzten Donnerstag hatte Albert Retling angerufen und gefragt, ob sie ihm nachmittags für zwei oder drei Stunden zur Hand gehen könne. Er war fast siebzig, arbeitete nur noch selten und nur für Juweliere, die er seit ewigen Zeiten kannte. Er hatte einen kleinen Auftrag angenommen, wurde jedoch alleine nicht fertig damit. «Nimm dir ein Taxi», hatte er gesagt, weil er wusste, dass Eddi um die Zeit noch nicht daheim war und sie nicht mehr gerne mit Bus und Bahn fuhr.
    «Wo sind die Retlings?», fragte sie so beiläufig wie möglich, während unter der Decke zwei Neonröhren aufflammten.
    Wozu hätte Heiko die beiden alten Leute aus dem Ferienhaus mit hierherbringen sollen? Natürlich hätte er sie mit einer Pistole oder einem Messer in der Hand zwingen können, mit ihm und dem Fettwanst in den schmuddeligen Fiesta oder sogar ins eigene Auto, einen silbergrauen Viano, zu steigen, der nicht den Argwohn der Nachbarn geweckt hätte. Aber jeder Kilometer Fahrt mit ihnen wäre ein Risiko gewesen. Wenn er nur, aus welchem Grund auch immer, noch einmal in dieses Haus wollte, die Schlüssel brauchte und verhindern musste, dass Albert Retling zum Telefon griff, das hätte er einfacher haben können. Eine Vorstellung, bei der sich ihr Nacken verspannte.
    Er reagierte nicht auf ihre Frage, wies in den nun hell erleuchteten kleinen Raum hinein, als sei das sein Reich, zeigte mit einer großartigen Geste über das Inventar: die Esse mit den Gasflaschen daneben, der Panzerschrank, der Arbeitstisch an der gegenüberliegenden Wand, die darüber an einem Brett befestigten Werkzeuge, die Walze rechts neben der Tür.
    «Na, was sagst du, Püppi? Ist doch komplett, oder? Du kannst sofort anfangen, wenn du willst. Das Ding da funktioniert.» Er zeigte noch einmal zu den Gasflaschen und der Esse hinüber und vergewisserte sich: «Ist doch alles da, was du brauchst, oder?»
    Sie nickte flüchtig und benommen. Anfangen? Womit denn? Der kleine Auftrag von letzter Woche war längst ausgeliefert. Sie begriff nicht, was Heiko von ihr erwartete, warum er sie hergebracht hatte.
    Um Festigkeit in der Stimme bemüht, wiederholte sie ihre Frage nach den Retlings und fügte hinzu: «Sie sind doch hier. Oder willst du mir weismachen, sie hätten dir die Hausschlüssel geborgt und wären in Bad Münstereifel geblieben?»
    Mutig! Fand sie selbst. Hoffentlich nicht zu mutig. Sie schaute ihm auffordernd ins Gesicht, um klarzumachen, dass sie eine Antwort haben wollte. Ihr Ton schien ihn ein wenig zu erstaunen, aber nur für einen Moment. Dann grinste er bereits wieder, legte beide Hände auf ihre Schultern und schaute auf sie herab.
    «Püppi», sagte er so gedehnt, als müsse er an ihren Verstand appellieren. Mit den nächsten Worten bewies er, dass sie nichts denken konnte, was er nicht bereits bedacht hatte. «Hätte ich die zwei in ihrer Eifelklitsche sitzen lassen sollen, damit sie dir einen Überraschungsbesuch ankündigen oder mir die Bullen auf den Hals hetzen?! Eins von beidem hätten sie mit Sicherheit getan, wahrscheinlich beides, erst die Bullen, dann dich angerufen, das weißt du genauso gut wie ich. Außerdem

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