Hoffnung am Horizont
ist er Arzt. Er
hat Medizin studiert und gleichzeitig Football gespielt. Nach dem Studium wurde
er direkt bei den Pats als Quaterback unter Vertrag genommen. Ich glaube, er war
ziemlich gut.“
„Wieso hat er aufgehört?“
Ich bin nicht neugierig,
ich habe nur Interesse.
„Er hatte wohl einen
Unfall und hat sich das Knie ruiniert. Zumindest soweit, dass er nicht mehr als
Profi spielen durfte. Naja, jedenfalls ist er jetzt Arzt und fängt demnächst
hier am Krankenhaus an.“
Hm, das ist ja mal
interessant. Das erklärt, woher er so kurzfristig noch Karten für den
Junggesellenabschied bekommen hat. Und wenn er gleichzeitig Medizin studieren
und Footballprofi werden kann, scheint er ordentlich was in seinem hübschen
Kopf zu haben. Verträumt beobachte ich ihn noch eine Weile, bis ich merke, dass
Annie langsam müde wird. Ich winke die beiden Männer heran und Colin
beschließt, seine beiden Frauen nach Hause zu bringen, damit Annie sich
ausruhen kann.
Ich packe auch meine
Sachen zusammen und will ihnen gerade folgen, als Gabe mir vorsichtig die Hand
auf den Arm legt.
„Jules? Wollen wir noch
ein bisschen am Strand lang laufen?“
Ich drehe mich zu ihm um
und sehe ihn erstaunt an. Er hat den ganzen Nachmittag über noch keine zwei
zusammenhängenden Sätze zu mir gesagt und jetzt spricht er mich an, als wäre
nichts gewesen und will noch mit mir spazieren gehen? Ich zögere wohl zu lange,
denn er hakt noch einmal nach.
„Bitte, Jules.“
Ich kann schon den braunen
Augen meines Hundes nicht widerstehen, wie könnte ich es da bei ihm? Ich nicke
und wende mich wieder strandaufwärts. Wir laufen an der Wasserlinie entlang, am
Horizont geht gerade die Sonne in einem feuerroten Ball unter und verwandelt
den Himmel in ein Farbenmeer von Zartrosa bis hin zu leuchtendem Purpurrot. Es
ist wunderschön. Eigentlich wäre es sehr romantisch hier, aber Gabe schweigt
mal wieder und geht nur neben mir her. Zwischendurch wirft er immer wieder den
Ball für Walton, der anscheinend noch lange nicht müde ist und über den Sand
und durch das Wasser tobt. Irgendwann wird es mir zu blöd und ich breche das
Schweigen. Wenn er jetzt nicht vernünftig mit mir redet, gehe ich nach Hause,
beschließe ich und sage: „Annie hat erzählt, du warst mal Footballprofi?“
Er schweigt.
Als ich mich gerade
umdrehen und zurückgehen will, spricht er auf einmal doch.
„Ja, ich war Quaterback
bei den Pats in Boston.“
Okay, soviel wusste ich
schon.
„Warum hast du aufgehört?“
Muss man dem Mann
eigentlich jedes Wort aus der Nase ziehen?
„Ich hatte einen Unfall.
Bei einem Spiel hat mir ein Gegenspieler das Knie weggetreten. Naja, das war es
dann mit der Profikarriere. Es ist jetzt wieder soweit funktionstüchtig und ich
kann auch wieder joggen und normal Sport machen, aber eben nicht mehr
beruflich.“
„Bist du deshalb Arzt
geworden?“
Er lacht. Oh mein Gott, er
lacht tatsächlich. Dieses laute, volltönende Lachen, wie neulich als Walton
sich fast überschlagen hätte.
Irgendwie werde ich
befangen. Lacht er mich aus? War meine Frage so komisch? Da spricht er aber
auch schon weiter.
„Nein, ich war quasi
vorher schon Arzt. Ich habe ja Medizin studiert und das geht nicht so schnell.
Aber irgendwie hast du recht. Als Sportler hat man immer wieder mit Ärzten zu
tun und irgendwie hat mich das wohl inspiriert. Aber ich bin gerne Arzt, es
macht mir wirklich Spaß, Leuten zu helfen – sofern sie sich helfen lassen…“,
fügt er hinzu, mit Blick auf meine Schulter.
„Hey, mein Arm ist wieder
fit. Naja, so gut wie.“
„Ich will dir keine
Predigt halten, aber du hättest ihn wirklich untersuchen lassen sollen.“
Okay, Themawechsel! Ich
frage ihn nach seinen Ideen für die Hochzeit und wir reden entspannt über alles
Mögliche bis die Sonne am Horizont verschwunden ist, dann machen wir uns über
den dämmerigen Strand auf den Weg zurück in Richtung Hafen.
Dort angekommen fragt
Gabe, ob wir noch ein Eis essen wollen. Ich winde mich innerlich.
„Ich glaube, Eis ist nicht
unbedingt eine gute Idee für mich.“, sage ich leise und sehe zu Boden, weil ich
merke, wie die Hitze mir den Hals hochkriecht.
„Wieso das? Verträgst du
kein Eis oder magst du es nicht?“, er scheint wirklich erstaunt zu sein und
sieht mich abwartend an. Na toll, er wartet auf eine Erklärung.
„Naja…, sieh mich an. Ich
sollte mich lieber von Salat ernähren.“, sage ich vorsichtig und schiele zu ihm
hoch, während ich versuche meinen
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