Hoffnung am Horizont
survive“ und „YMCA“ verraucht meine Wut langsam. Letztendlich haben
wir einen Heidenspaß und Annie ist vollkommen begeistert von ihrem Tag, auch
wenn sie sich ja auf alkoholfreie Cocktails beschränken musste.
Wenn ich doch nur mit ihr über
Gabe reden könnte…, denke ich wieder einmal, als sie mich nach Hause bringt.
Allerdings hat sie eine Woche vor der Hochzeit auch ganz andere Sorgen, als
meine Wut auf den Trauzeugen ihres zukünftigen Mannes. Naja, eine Woche noch,
dann sehe ich ihn hoffentlich erst einmal nicht wieder. Obwohl… Als wir neulich
allein waren, war es so entspannt und schön mit ihm. Da herrschte eine
Vertrautheit zwischen uns, als würden wir uns schon ewig kennen. Aber heute
Mittag wieder… Der Spruch ging ja mal so gar nicht. Nein, es ist doch gut, wenn
wir uns möglichst wenig sehen!
Das habe ich mir so
gedacht. Leider meint es das Schicksal nicht ganz so gut mit mir.
Am Montag nach dem
Junggesellenabschied sehe ich ihn am Strand, als ich mit Walton tobe. Eine
wunderschöne, dunkelhaarige Frau, bestimmt 1,75 Meter groß und mit den Maßen
eines Supermodels himmelt ihn an, hängt an seinen Lippen und lacht über das,
was er ihr gerade erzählt.
Er bleibt in ein paar
Metern Entfernung stehen, als er mich erkennt und lächelt mich an. Dann legt er
demonstrativ den Arm um die brünette Schönheit, die sich sichtlich erfreut sofort
an ihn kuschelt.
Ich drehe mich auf dem
Absatz um, pfeife nach meinem Hund und gehe wieder. Als ich mich entferne höre
ich ihn noch meinen Namen rufen, aber ich reagiere nicht darauf. Am liebsten
würde ich ihm den Mittelfinger zeigen, aber dazu bin ich wohl zu gut erzogen. Die
Dame ist schon eher sein Kaliber, denke ich, der Kuss hatte also wirklich
nichts zu bedeuten.
Am Mittwoch überholt er
mich auf meiner Joggingstrecke im Wald. Ist das jetzt Zufall? Oder woher weiß
er, wo ich immer laufe? Ich hatte ihm einmal erzählt, dass ich jogge, aber
nicht wo.
„Na Mädchen, fleißig?“,
ruft er mir über die Schulter spöttisch zu und erhöht sein Tempo, als wolle er
möglichst schnell Abstand zwischen uns bringen.
Ich will ihm wütend
hinterher brüllen, was ich von seinem Spruch halte, aber dafür reicht leider
mein Atem nicht. Ich bin völlig aus der Puste, mein Puls rast und der Schweiß
tropft mir in die Augen, während er noch nicht einmal schwitzt. Großartig!
Naja, er war auch Profisportler.
Das nächste Mal sehe ich
ihn dann tatsächlich erst auf der Hochzeit vor der Kirche wieder. Ich habe beschlossen,
ihn heute soweit wie möglich zu ignorieren und wende mich zuerst Lilly zu, die
in ihrem rosa Rüschenkleid einfach zum Anbeißen aussieht.
„Hey, großes
Blumenmädchen. Alles klar?“, frage ich sie und sie nickt eifrig.
„Guck mal, ich hab ganz
viele Rosenblätter hier im Korb, die darf ich alle verstreuen und dann ist mein
Daddy wirklich mein Daddy.“, erzählt sie aufgeregt. Ich freue mich so sehr für
sie. Naja, dazwischen hat sie ein bisschen was vergessen, aber im Grunde hat
sie Recht. Durch diese Hochzeit wird Colin auch dem Namen nach als ihr Vater zu
erkennen sein. Langsam wird es Zeit, meinen Platz neben dem Altar einzunehmen
und ich gehe hinein, bevor Annie von ihrem Vater in die Kirche geführt wird.
Während ich den Mittelgang
hinuntergehe, kann ich es nicht lassen und sehe mich aus den Augenwinkeln nach
Gabe um. Auch wenn dieser Kuss nichts bedeutet hat, möchte ich doch zu gern
seine Reaktion sehen, wenn er mich bemerkt, denn ich weiß, ich sehe heute umwerfend
aus.
Die Haare habe ich
tatsächlich offen gelassen, sie fallen mir in weichen Locken über den Rücken
und sogar ein vernünftiges Make up mit schönen Smokey Eyes und allem Drum und Dran
habe ich heute Morgen hinbekommen. Ich bin auf jeden Fall sehr zufrieden mit
meiner Erscheinung.
Ich kann ihn noch
nirgendwo entdecken und begrüße erst einmal Colin, der nervös immer wieder zur
Tür blickt, als hätte er Angst, dass Annie doch nicht auftaucht. Ich umarme
Colin und versichere ihm, wie sehr ich mich für ihn und Annie freue. Als ich
mich umdrehe, sehe ich Gabe direkt hinter mir stehen und mich ungläubig
anstarren. Seine Augenbrauen berühren fast den Haaransatz, so hoch hat er sie gezogen,
während sein Adamsapfel hektisch auf und ab hüpft, als müsste er immer wieder
hart schlucken. Das Ganze dauert nur eine Sekunde, dann hat er sich wieder
gefangen und schießt mir mit seinen Augen Blitze zu. Ich unterdrücke ein Grinsen,
rolle lieber genervt
Weitere Kostenlose Bücher