Hoffnung am Horizont
meine überschüssigen Kilo so durch die Gegend
schleppe. Zum Glück ist der Wald nur ein paar Straßen von meiner Wohnung
entfernt.
Ich kehre völlig
verschwitzt und ausgepowert zurück, aber trotzdem habe ich das Gefühl, dass
mein Körper immer noch innerlich summt und ich bekomme den Traum und den Kuss
einfach nicht aus dem Kopf. Ich glaube, mein letzter Sex ist einfach schon zu
lange her. Nicht, dass ich viel Erfahrung hätte. Genau genommen hatte ich
bisher nur einen Mann, während meines Studiums und eigentlich war das auch
nicht unbedingt eine schöne Erfahrung. Also warum reagiere ich jetzt so auf
Gabe und einen simplen Kuss?
Bis zum
Junggesellenabschied am nächsten Wochenende sehe ich Gabe leider nicht wieder.
Ich gehe mit Annie einkaufen und finde tatsächlich ein Kleid, das für meine
Figur vorteilhaft geschnitten ist. Es ist in einem dunklen Türkis, das meine sommerliche
Bräune betont, hat einen tiefen Rückenausschnitt und ein schönes Dekolleté, das
meine recht großen Brüste nur am Ansatz zeigt. Unterhalb des Busens läuft ein
Band um den Oberkörper und dann fallen die Stoffbahnen locker bis fast zum
Boden und kaschieren meine üppigen Hüften. Ich muss zugeben, in diesem Kleid
sehe ich für meine Verhältnisse umwerfend aus. Jetzt muss ich mir nur noch
überlegen, wie ich meine dicken, roten Haare gebändigt bekomme. Meistens machen
sie, was sie wollen, weshalb ich sie immer zu einem festen Knoten schlinge und ich
glaube, nicht einmal Annie weiß, dass sie mir mittlerweile fast bis zur Taille
fallen. Vielleicht lasse ich die Haare auf der Hochzeit ausnahmsweise einmal
offen.
Während wir durch die
Stadt bummeln, fragt Annie mich wieder, was mit mir und Gabe los ist. Sie hat
natürlich gemerkt, dass wir neulich am Strand kaum ein Wort miteinander
gewechselt haben, es war ja auch sehr offensichtlich.
Ich habe keine Antwort für
sie, ich kann ihr nichts von dem Abend nach dem Picknick und dem Kuss erzählen.
Das Ganze wirkt auf mich selbst schon viel zu merkwürdig und absolut
unverständlich. Mr. Schweigsam küsst mich im Sonnenuntergang wie ein
Weltmeister? Nein, das bleibt mein Geheimnis. Es war wahrscheinlich sowieso nur
ein einmaliger Ausrutscher von ihm. Ansonsten wäre er ja nicht einfach gegangen
oder er würde mich einmal anrufen, schließlich hat er meine Handynummer wegen
der Hochzeitsvorbereitungen. Aber er ruft nicht an. Leider…
Am Samstag ist der große
Tag der Junggesellenabschiede. Nach längerem Überlegen, habe ich geplant, mit
Annie und ein paar weiteren Freundinnen von ihr, einen Nachmittag im Wellnesscenter
zu verbringen und nach Maniküre und Massagen werden wir in eine Karaokebar
gehen. Ich weiß, dass Annie für ihr Leben gerne singt, wenn auch meist falsch,
und während unseres Studiums sind wir häufig in Bars gegangen und haben uns
dort die Seele aus dem Leib gegrölt. Ich hoffe, es gefällt ihr.
Gegen Mittag treffen wir
und die Männer uns in Colins und Annies Penthouse, um die zwei zu überraschen.
Lilly ist schon über das Wochenende zu ihren Großeltern gefahren.
Als ich die Wohnung
betrete und alle begrüße, sehe ich Annies Bruder Chris. Wir haben uns ewig
nicht gesehen, obwohl er auch für mich fast wie ein Bruder ist. Ich freue mich
so, ihn endlich einmal wieder zu sehen, dass ich ihm sofort begeistert in die
Arme falle.
„Chris!“
„Jules! Lass dich küssen,
meine Süße!“
Er drückt mich fest an
sich und sieht strahlend auf mich hinab, bevor er mir einen dicken Kuss auf den
Mund gibt.
Wir lachen und erzählen
beide gleichzeitig, bis mein Blick, auf einen grimmig dreinblickenden Gabe,
fällt. Seine Augenbrauen sind so weit zusammengezogen, dass sie sich fast
berühren, als er mich ansieht. Was hat er denn jetzt schon wieder?
Ich begrüße der Reihe nach
alle, bis ich auf einmal eine leise Stimme an meinem Ohr höre.
„Na, wieder auf
Männerfang, Mädchen?“
Mir bleibt kurz die Luft
weg, bevor ich mich wütend umdrehe, eine schlagfertige Erwiderung schon auf den
Lippen, aber ich sehe nur noch Gabes Rücken, der in der Küche verschwindet. Feigling!
Kurz darauf brechen die
Männer nach Boston auf und ich erwische ihn leider nicht mehr allein, um ihm
für diesen Spruch den Kopf zu waschen. Männerfang? Was will der denn von mir?
Ich bin so sauer, dass ich
mich auch bei der schönsten Massage nicht richtig entspannen kann, aber nach
ein paar Gin Tonic in der Bar und den schief geschmetterten Karaokeversionen
von „I will
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